Begegnungen (Das Kleeblatt)
Polster lümmelte.
„Also gut. Ich höre.“
Ein missbilligender Blick von Matthias traf sie irgendwo in die Seite, prallte dort jedoch wirkungslos ab. Sie wandte ihm den Kopf zu, zeigte ihm ein freundliches Lächeln und eine unfreundliche Geste und reckte schnippisch die kleine Nase in die Höhe.
„Zunächst möchte ich mich entschuldigen für diesen unerwünschten Besuch“, begann Frithjof Peters mit leiser Stimme. „Ich hatte nicht die Absicht , Ihr Weihnachtsfest zu stören.“
Ein alles andere als damenhafter Brüller platzte aus Suse heraus. Vorbeugend wink te sie in Clausings Richtung ab, ohne ihn eines Blickes zu würdigen.
„Weihnachten?“, höhnte sie. „Sie meinen Weih-nach- ten, dieses urgemütliche, kuschelige Fest der Familie und der Freude, der Liebe und Besinnung? Das ist doch lächerlich“, fuhr sie Frithjof Peters empört an. Er hatte großes Glück, dass sie unbewaffnet war. „Aber Sie können wahrscheinlich nicht einmal etwas dafür. Fahren Sie ruhig fort. Diese Rede verspricht überaus amüsant zu werden.“
Aus den Augenwinkeln nahm Sus anne eine ruckartige Bewegung wahr. Sie kicherte in sich hinein, als sie Clausing entsetzt den Kopf schütteln sah.
„Ich kenne Adrian seit vielen Jahren und hatte auch während der vergangenen Monate regelmäßig Kontakt zu ihm. Ich trage eine gewisse Verantwortung … für ihn und deswegen möchte ich ihm helfen.“
Schweigend saßen sie sich gegenüber, Susanne Reichelt und Matthias Clausing an der einen Seite des niedrigen Couchtisches, Frithjof Peters wie auf der Anklagebank den beiden gegenüber. Er wich ihren forschenden , in der Hauptsache jedoch misstrauischen Blicken nicht aus. Einen Großteil der Schuld an Adrians Labilität schrieb er sich zu und er war ehrlich genug, dafür geradezustehen. Nichtsdestotrotz hoffte er, es würde ohne allzu viele Fragen abgehen.
„Eine gewisse Verantwortung? Wieso? Wer sind Sie? Ossi hat Sie mit keiner Silbe je erwähnt. Kennen Sie ihn möglicherweise seit ihrer gemeinsamen Armeezeit?“, hörte Suse die wohltönende Stimme des Kapitäns.
Offenbar hatte er genug von ihren ineffizienten Provokationen und wollte die Gesprächsführung lieber selbst in die Hand nehmen. Er würde sich dabei garantiert nicht von Gefühlen leiten lassen wie sie, da er ohnehin nicht allzu viel davon besaß. Sie nahm es ihm nicht einmal übel, denn seine Frage überraschte sie in der Tat. Wie kam er bloß darauf, Adrian und der Fremde würden sich aus Armeezeiten kennen? Und ob sie es nun wollte oder nicht, bewunderte sie den Kapitän für seine Ruhe und Überlegenheit, mit der er den Älteren auszufragen gedachte. Dass ihm dabei vor Angst regelrecht schlecht war, hätte sie im Traum nicht vermutet.
„Adrian wurde nach seiner Grundausbildung für ein Spezialkommando ausgewählt. Um genau zu sein, war ich es, der ihn für dieses Team, dessen Ausbilder und Kommandeur ich war, haben wollte.“
„Sie waren ?“
Frithjof Peters blickte kurz auf und überlegte einen Moment. Ganz augenscheinlich war ihm nicht klar, warum den Kapitän das interessierte, trotzdem antwortete er wahrheitsgemäß: „Ich habe mich pensionieren lassen.“
Ein undefinierbares Grinsen lag um Clausings Mund, als seine Brauen fragend in die Höhe zuckten. Suse hätte diese Miene treffenderweise honigsüß und von Grund auf unehrlich bezeichnet. Gehässig und provokant. Ganz einfach Zum-aus-dem-Gesicht-Schlagen. Sie hatte es bereits an ihm gesehen und konnte es auf den Tod nicht ausstehen, zumindest wenn er sie damit bedachte.
„Entschuldigen Sie meine Zweifel, Herr Peter s, für eine Pensionierung scheinen Sie mir nicht alt genug zu sein.“
„Richtig. Deswegen nennt man es auch Sich-einvernehmlich-Trennen.“
„Man hat Sie gefeuert“, stellte Clausing mit ungerührter Stimme fest.
„In Ehren entlassen“, korrigierte Frithjof Peters vorsichtig und neigte leicht den Kopf.
„ Bloß zum besseren Verständnis: Sie sind kein Ausbilder mehr und Ossi … Verdammt, ich hatte keine Ahnung, dass er einem Spezialkommando angehörte. Obwohl es mich andererseits auch wieder nicht überraschen sollte. Er … er ist doch nicht mehr dabei, oder? Wieso fühlen Sie sich dennoch für ihn verantwortlich? Woher rührt Ihr anhaltendes Interesse an seinem Wohl und Wehe?“
„ Ich trug nicht bloß die Verantwortung für die paar Handvoll Jungs, die meinem Kommando unterstanden. Sie wurden im Laufe der Jahre wie Söhne für mich. Ich kannte all ihre Stärken und
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