Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Begraben

Begraben

Titel: Begraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elena Sender
Vom Netzwerk:
der noch immer an der Tür stand, grunzte. Der erste zuckte mit den Schultern. Der Dicke knöpfte seinen Hosenschlitz auf. Dann packte er sie brutal bei den Haaren, riss sie nach hinten und zwang sie auf die Matratze. Etwas in Cyrilles Gehirn schien zu platzen, sie wollte schreien, doch eine Hand legte sich auf ihren Mund. Mit der anderen riss der Mann ihr Hemd hoch und schob sie in ihren Büstenhalter. Sie bäumte sich auf, doch der Kerl lastete tonnenschwer auf ihr. Sie nahm eine Stimme wahr. Der Dicke wurde von seinem Kollegen zur Ordnung gerufen. Er stützte sich auf die Ellenbogen und stand fluchend auf. Cyrille hatte kaum Zeit, mit der freien Hand ihre Bluse wieder herunterzuziehen, als schon der andere Mann auf ihr lag. Er packte sie bei den Haaren und strich ihr mit der Linken über die Wange. Voller Entsetzen bemerkte sie, dass diese Hand keine Finger hatte.
    »Siehst du, was passiert, wenn du nicht redest? Und versuch bloß nicht, mit dem Boot zu fliehen, das wäre dein sicherer Tod.«
    Cyrille starrte ihn an, die Augen vor Entsetzen geweitet. Der Mann betrachtete ihren Mund, presste dann seine Lippen auf die der jungen Frau und schob seine Zunge zwischen ihre Zähne. Cyrille wehrte sich nach Kräften, doch der Wächter ließ nicht von ihr ab. Schließlich sah er sie eindringlich an und erhob sich. Dann sagte er auf Englisch zu seinem Kumpel:
    »Essenszeit, los, wir verschwinden.«
    *
    Die Tür fiel ins Schloss. Cyrille keuchte und spie den Gegenstand, den der zweite Wächter ihr in den Mund geschoben hatte, in ihre Hand.
    Ein kleiner Schlüssel. Mein Gott  …
    Der Schlüssel zu ihren Handschellen?
    Cyrille umklammerte ihn, sprach ein Stoßgebet und warf einen raschen Blick auf die Tür. Sie hatte nicht geträumt, der Mann hatte ihr gesagt, dass es ein Boot gab und dass sie jetzt zum Essen gingen. Sie war unbewacht und hatte die Möglichkeit zur Flucht. Im Stillen dankte sie dem fingerlosen Mann. Jetzt wusste sie, wem das Handy gehörte, das man bei Dok Mai gefunden hatte.
    Schnell öffnete sie die Handschellen und schlich zur Tür. Diese war aus morschem Holz und nur mit einem Riegel geschlossen. Sie presste ihr Ohr dagegen. Draußen hörte sie nur das Heulen des Windes, das immer stärker wurde. Allem Anschein nach zog ein Sturm auf. Eine Weile harrte Cyrille reglos aus und lauschte auf verdächtige Geräusche. Keine Stimmen. Sie atmete tief durch und schob vorsichtig den Riegel zur Seite. Ein heftiger Windstoß ließ die Tür erzittern. Cyrille rüttelte an dem Knauf, drehte ihn nach allen Seiten, doch die Tür bewegte sich keinen Millimeter. In Panik zerrte sie mit aller Kraft daran. Nichts. Ihr Herz klopfte zum Zerspringen. Es war ihre letzte Chance, sie musste hier raus!
    »Geh zur Seite!«
    Cyrille sprang zurück. Und plötzlich flog die Tür mit einem Knall auf, und Juliens Silhouette zeichnete sich gegen den Abendhimmel ab. Eine Hand streckte sich ihr entgegen.
    »Schnell, beeil dich!«
    Wie eine Ertrinkende griff sie nach der Hand, und sie liefen hinaus. Dunkle Wolken hingen am glutroten Himmel. Regentropfen, so dick wie Murmeln, trafen auf dem Boden auf. Hand in Hand schlichen Cyrille und Julien an dem Haus entlang und dann im Schutz der Felsen und Sträucher weiter zum Meer. Unter dem Laubdach eines hundertjährigen Kapokbaums legten sie eine kurze Pause ein. Eine Wolke glitt zur Seite. Für einen kurzen Moment war Juliens Gesicht in einen rötlichen Schimmer getaucht. Er sah Cyrille an: die junge Frau war leichenblass, das Haar klebte an ihrer Stirn, Tränen standen ihr in den Augen. Er zog sie an sich, so als hätte er sie gerade aus einem reißenden Strom gerettet.
    »Gott sei Dank, du lebst. Was ist passiert, was haben sie dir angetan?«
    Cyrille lehnte sich leicht zurück und betrachtete die grauen Augen des jungen Mannes, seine besorgte Miene. Sie spürte die Wärme seines Körpers, der dem ihren so nah war. Ihr Grauen wich dem Verlangen, sich an ihn zu schmiegen und in seinen Armen zu verbergen.
    »Sie haben mich verhört, um herauszufinden, wo das Handy der Kleinen mit den GPS-Koordinaten ist. Einer der Wächter hat mir geholfen freizukommen. Aber die Tür war abgesperrt.«
    »Durch einen Windstoß ist der Riegel von außen zugeschnappt. Glücklicherweise habe ich beobachtet, wie sie dich in den Raum gebracht haben und dann weggegangen sind.«
    »Und du, Julien … wie hast du …?«
    Der junge Mann grinste.
    »Die Spritzen, ich habe die Spritzen behalten.«
    Sie lachten beide,

Weitere Kostenlose Bücher