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Begraben

Begraben

Titel: Begraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elena Sender
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Kinn.
    »Entschuldige, dass wir dich mit unseren Fragen belästigen.«
    »Nein, kein Problem.«
    »Warum hast du dir damals die Pulsadern aufgeschnitten? Deine Mutter hat mir erzählt, dass du Krankenschwester werden wolltest. Stimmt das?«
    Clara Marais zog die feingezupften schwarzen Augenbrauen hoch und blinzelte.
    »Ich – Krankenschwester? Ich hasse Spritzen.«
    »Aber deine Mutter hat gesagt, du hättest dich an der Schule für Kr…«
    »Nein … Ich habe mein Abitur gemacht und dann … dann habe ich Jura studiert, glaube ich.«
    »Aber warum wolltest du dich umbringen?«
    Die junge Frau hüstelte.
    »Das weiß ich nicht mehr. Vielleicht steht es einfach nur in meiner Krankenakte. Ich war damals jung. Ich habe es vergessen.«
    Cyrille wurde blass.
    »Du weißt nicht mehr, warum du Selbstmord begehen wolltest?«
    »Genau …«
    Clara sah sie an. Wie sollte sie erklären, dass sie vergessen hatte, warum sie sterben wollte, und dass ihr dieses Wissen manchmal so sehr fehlte, dass sie mit dem Kopf gegen die Wand schlagen könnte. Sie hätte sich gewünscht, dass die beiden noch bleiben würden, aber sie spürte, dass sie erfahren hatten, was sie wissen wollten, und bald gehen und nicht mehr wiederkommen würden. Sie nahm ein neues Krokodil in Angriff, dieses würde schwarz mit weißem Bauch.
    Cyrille Blake warf Nino einen Blick zu. Sie hatte eine Gemeinsamkeit zwischen Clara und Julien Daumas entdeckt.
    Als sie in Ninos Polo saßen, schwieg Cyrille eine Weile und beobachtete die Leute, die über den breiten Boulevard gingen. Nino wagte kaum zu atmen, um ihre Überlegungen nicht zu stören. Plötzlich sagte sie:
    »Julien Daumas erinnert sich nicht an die Ursache seines Traumas, Clara Marais weiß nicht mehr, warum sie Selbstmord begehen wollte … Verdammt noch mal, das gibt es doch nicht!«
    Nino zündete sich eine Zigarette an und öffnete das Fenster einen Spaltbreit. Cyrille fuhr fort:
    »Man hat ihnen also Medikamente verabreicht, die in ihrem Gedächtnis die Ursache ausgelöscht haben, warum sie sich umbringen wollten.«
    Cyrille trommelte nervös an die Scheibe.
    »Das ist unglaublich!«
    Nino ließ den Wagen an, nahm einen tiefen Zug aus seiner Zigarette und blies den Rauch aus dem Fenster.
    »Vielleicht das besagte Geheimprogramm 4GR14?«, meinte er nachdenklich.
    Cyrille, die weiterhin aus dem Fenster sah, sog diese Worte förmlich auf. Plötzlich drehte sie sich zu dem Krankenpfleger um.
    »Hast du noch eine Stunde Zeit für mich?«
    Sie hatte fast geschrien.
    »Ja, ja.«
    Cyrille wies ihm die Richtung nach Paris.
    »Wir fahren nach Sainte-Félicité.«
    Bis sie Paris über den Périphérique erreicht hatten und an der Porte Saint-Cloud herausfuhren, war es fast vierzehn Uhr dreißg. Cyrille hatte die ganze Fahrt über geschwiegen. Sie suchte nach möglichen Hinweisen, die ihren Verdacht erhärten könnten. Gefolgt von Nino, begab sie sich im Laufschritt zum Gebäude der medizinischen Fakultät. Sie liefen an der bröckelnden Fassade des Audimax Charcot entlang und betraten dann die Bibliothek.
    »Willst du deine medizinischen Kenntnisse auffrischen?«, fragte Nino halb im Scherz.
    Doch Cyrille hörte ihm nicht zu, sie war in ihre Gedanken versunken. Sie durchschritten die Sicherheitstür, die seit Urzeiten nicht mehr funktionierte. Ohne das geringste Zögern steuerte Cyrille die letzen Regalreihen an. Nachdenklich blieb sie stehen und las alle Titel.
    »Interessierst du dich jetzt für Podologie?«, erkundigte sich Nino, der ihr gefolgt war, ohne zu verstehen, was sie vorhatte.
    Cyrille seufzte.
    »Dabei war ich mir ganz sicher.«
    »Sicher über was?«
    »Jedes Mal, wenn ich an das Kürzel 4GR14 denke, versuche ich, mich in die Stimmung zu versetzen, die damals in der Station herrschte. Für den Arzt, der das geschrieben hat – sei es nun Manien oder einer seiner Oberärzte –, war das eine Anspielung, vermutlich ein geschmackloser Scherz wie so oft. Und was haben die Ärzte gemacht, wenn sie nicht in der Station waren? Sie sind hierhergekommen, um zu lesen oder Karten mit den Praktikanten zu spielen, die sich auf diese Art einzuschmeicheln versuchten. Vorhin ist mir eingefallen, dass bei der Ausleihe die Signatur des Werks auf eine Karte geschrieben wurde. Der Gang und die Reihe. G und R!«
    Sie überflog die Handbücher der Podologie und zuckte mit den Schultern.
    »Aber das ergibt nichts. Tut mir leid.«
    Sie spürte, dass sie scheitern würde. Ein höchst unangenehmes Gefühl. Zornig

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