Begraben
war anderer Natur: »Hatte Maistre am Fontele. Schickt heute Vorttimag Beamten vorbei.« Cyrille fühlte sich erleichtert. Die Polizei würde diesen Irren erwischen.
In der Klinik erwartete sie eine schlechte Neuigkeit. Die bedingte Zulassung des Meseratrols würde im kommenden Jahr unter Umständen nicht verlängert werden. Die zuständige Behörde hatte in einem Schreiben angedeutet, die Wirkung bei den Patienten sei im Vergleich zu fluoxetinhaltigen Antidepressiva nicht überzeugend genug, um das Medikament weiterhin auf dem Markt zu lassen.
Einen Becher Milchkaffee in der Hand, erwartete Mathias Mercier sie in ihrem Büro. Sie war nicht sonderlich erstaunt, ihn dort anzutreffen.
»Schöne Bescherung!«, erklärte er statt einer Begrüßung.
Cyrille seufzte.
»Ich verstehe nicht, wie das passieren konnte, das heißt, im Grunde verstehe ich es nur allzu gut. Wir haben es mit der Lobby der Antidepressiva-Hersteller zu tun.«
Sie legte ihre Tasche und ihren Trenchcoat auf den Schreibtisch. Schweigend schloss sie die Tür und ging zur Kaffeemaschine, um sich einen doppelten Espresso zu machen.
»Geht es Ihnen gut?«, fragte Mercier.
»So gut, wie es unter den gegebenen Umständen möglich ist …«
Die Frau, die Mercier vor sich sah, war bleich, ihr Gesicht angespannt, und unter ihren Augen lagen dunkle Schatten.
»Sie sehen müde aus.«
»Bin ich auch.«
»Was machen wir jetzt?«
»Wir lassen die Dinge auf uns zukommen.«
Mathias Mercier lehnte sich zurück.
»Wir müssen eine neue Studie über Meseratrol herausbringen, um die Argumente zu entkräften, sonst …«
»Ja, ich weiß«, fiel ihm Cyrille ins Wort. »Sonst sind wir unsere Investoren los. Aber eine neue Studie kann man nicht so einfach aus dem Hut zaubern. Es wird mindestens ein Jahr dauern, bis sie beweiskräftige Ergebnisse liefert.«
»Dann sollten wir eine Verteidigungsstrategie entwickeln.«
Cyrille trank ihren Kaffee in kleinen Schlucken. Die Spirale der dramatischen Ereignisse zog sie in einen Abgrund. Für den Fall einer Ablehnung musste sie sich dringend eine Vorgehensweise ausdenken. Dazu musste sie all ihren Einfluss geltend machen. Sie überlegte. Mercier wartete, dass seine Chefin mit ihm sprechen oder ihn verabschieden würde.
Schließlich setzte sich Cyrille Blake an ihren Schreibtisch und erklärte mit fester Stimme:
»Zunächst werde ich das ganze Ärzteteam zu einer Sitzung einberufen. Wir müssen uns die Statistiken vornehmen, um für alle Fragen gewappnet zu sein. Ansonsten geben wir keine Erklärungen ab, sondern bleiben zurückhaltend und solidarisch. Nur keinen Staub aufwirbeln. Im Moment beschränken wir uns auf die verstärkte Suche nach neuen Kandidaten für die Studie und warten ab, bis wir mehr wissen. Sagen Sie bitte allen, die es betrifft, Bescheid.«
Mercier lächelte zum ersten Mal an diesem Tag. Dr. Blake hielt noch immer die Zügel in der Hand.
Um acht Uhr fünfzehn dachte Cyrille kurz über ihre Probleme nach. Noch nie hatte sie sich in einer so prekären Situation befunden. Sie hatte Phasen ihres Lebens vergessen und die Dinge nicht mehr im Griff. Was hatte sie wann und mit wem getan? Und was, wenn sie in einigen Tagen aufwachen würde und sich nicht mehr an das erinnern könnte, was sie jetzt gerade tat? Wer würde ihr helfen? Sanouk Arom?
Zehn Minuten später klopfte es an der Tür. Marie-Jeanne steckte den Kopf ins Zimmer. Cyrille bedeutete ihr einzutreten. Benoîts Nichte war braver gekleidet als gewöhnlich: Sie trug einen orangefarbenen Pullover mit Stehkragen und eine schwarze Jeans, keinen Schmuck. Sie war nur wenig geschminkt und hatte ihre rote Mähne zu einem Knoten zusammengefasst.
»Geht es dir besser?«, fragte sie.
Es gefiel Cyrille, dass sie direkt zur Sache kam.
»Setz dich bitte.«
Marie-Jeanne gehorchte. In ihren Augen las Cyrille dieselbe Besorgnis wie in denen von Benoît.
»Es geht mir gut, Marie-Jeanne. Ich entschuldige mich dafür, dass ich heute Früh in dein Zimmer eingedrungen bin, aber die Verbindungstür war die einzige Möglichkeit für Daumas, in unsere Wohnung zu gelangen, und für einen Moment habe ich geglaubt – versteh mich bitte richtig, ich stand unter Schock –, du hättest ihn hereingelassen. Ich hoffe, die Polizei wird eine Erklärung finden.«
Marie-Jeanne kaute auf ihren Nägeln.
»Du scheinst davon überzeugt zu sein, dass er es war.«
»Aber natürlich, nur Daumas ist in der Lage, so etwas zu tun. Und im Gegensatz zu unserer Vermutung hat
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