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Begraben

Begraben

Titel: Begraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elena Sender
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vorn an. Die Maschine verarbeitete die Daten und forderte sie auf, ihre Kreditkarte in den Scanner zu schieben. Sie folgte der Anweisung und dankte der Technik, die das Leben vereinfachte. Sie kreuzte an, dass sie kein Gepäck aufgegeben hatte, und verzichtete, um Zeit zu sparen, auf die Sitzplatzauswahl. Der Automat ratterte einen Moment, der ihr endlos schien. Sie klopfte auf den Bildschirm. Als die Bordkarte endlich ausgedruckt war, hätte Cyrille sie beinahe geküsst. Ein nervöses Lächeln auf den Lippen, eilte sie zur Passkontrolle. Sie sah sich nicht ein einziges Mal um, weil sie fürchtete, Benoîts stattliche Gestalt unter den Reisenden auszumachen. Was sollte sie dann tun?
    Der Audi parkte in erheblicher Entfernung vom Fußgängerausgang, doch Benoît hatte keine andere Wahl, die beiden ersten Decks waren voll und auf dem dritten Deck gab es nur wenige freie Plätze. Er schimpfte immer wütender auf seine Frau, die wieder einmal … die Flucht ergriff! Er schlug die Tür zu, zögerte kurz, bevor er abschloss, und besann sich anders.
    Er öffnete den Kofferraum, wo neben seiner Golftasche zwei verschlossene Kartons standen. Mit seinem Schlüssel riss Benoit das Klebeband auf, schob die Lieferscheine beiseite, um an die mit einer morphinähnlichen Substanz gefüllten Spritzen zu gelangen, mit denen er die Mäuse einschläferte. Er ließ einen Dreierpack in seiner Tasche verschwinden. Dann machte er sich im Laufschritt auf den Weg zur Abflughalle.
    Benoît Blake war zwar ein Intellektueller von hohem Niveau, aber kein Verstandesmensch. Sich selbst infrage zu stellen war ein Sport, den er nur selten praktizierte. Er fand keinen Gefallen an Introspektion. Er hatte festgestellt, dass die meisten seiner Probleme einen äußeren Grund hatten, den es auszuschalten galt wie einen Gegner auf der Matte. Cyrille war eine hochbegabte junge Frau, aber viel zu emotional. Im besten Moment ihres gemeinsamen Lebens, auf dem Höhepunkt seines Ruhmes, war sie im Begriff, alles zu verderben, weil sie sich von ihren Phantomen heimsuchen ließ. Während dieser Überlegungen hatte er mit dem Aufzug das nächste Stockwerk erreicht. Ein Blick auf die Abflugtafel zeigte ihm, dass er am falschen Terminal war. Er fluchte. Dieses Luder! Er hatte keine Zeit mehr, mit dem Wagen rüberzufahren. Er verließ das Gebäude und hatte Glück, denn gerade kam ein Shuttlebus.
    Die Schlange an der Passkontrolle zog sich über vier Reihen hin. Cyrille blieb nichts anderes übrig, als sich, den Koffer zwischen den Beinen, anzustellen. Sie war einsachtundsechzig groß, doch in diesem Augenblick träumte sie davon, sechzig Zentimeter kleiner zu sein, um unter den Wartenden zu verschwinden wie ein Kind, unsichtbar zwischen den Beinen der Großen. Weitere Reisende stellten sich hinter ihr an. Das Boarding begann in fünfzehn Minuten. Konnte sie sich vordrängeln? Sie wagte es nicht. Nur zwei der vier Schalter waren geöffnet. Die Passagiere warteten hinter der gelben Linie, bis sie vortreten und ihren Pass zeigen konnten. Cyrille rückte drei Schritte auf, jetzt standen mindestens zehn Personen hinter ihr, und noch drei Schleifen trennten sie von der Kontrolle. Mit angehaltenem Atem, die Hände um den Griff ihres Koffers geklammert, trat sie wieder zwei Schritte vor. Ihr Körper strebte nur diesem einen Ziel entgegen: vorwärts, vorwärts, der Freiheit entgegen.
    Ständig war sie darauf gefasst, einen eisernen Griff um ihren Arm zu spüren.
    Was sollte sie dann tun? Schreien? Um Hilfe rufen? Nein, dann würde sie Paris nie mehr verlassen, sondern sich auf der Polizeistation erklären müssen. Sie würde als Geistesgestörte angesehen werden, die der Ehemann, ein berühmter Hirnspezialist, zur Vernunft zu bringen und zu behandeln versuchte. Alles wäre verloren. Die Leute gingen weiter, Cyrille rückte vier Plätze vor. Nur noch zwei Kurven, und sie hätte ihr Ziel erreicht. Obwohl sie gerade Wasser getrunken hatte, war ihr Mund ausgetrocknet. Je mehr Zeit verging, desto schneller schlug ihr Herz. Wieder ein Schritt. Ihr iPhone vibrierte. Sie hatte eine E-Mail bekommen. Mit zitternden Fingern zog sie es aus der Tasche und klickte sich durch das Menü. Auf dem Display las sie eine Nachricht von Professor Arom. You will be welcome the 14 th at 11 am at my office, Brain Hospital.
    Der Schraubstock um Cyrilles Brust lockerte sich ein wenig. Nachdem sie ihr Flugticket umgebucht hatte, hatte sie Arom eine dringende Mail mit der Bitte um einen anderen Termin

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