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Begrabene Hunde schlafen nicht

Begrabene Hunde schlafen nicht

Titel: Begrabene Hunde schlafen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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jedenfalls.« Sie blies den Rauch aus und wedelte ihn mit der
Hand weg.
»Na gut. Wann kam Grorud zurück?«
»Halb zwei ungefähr, und auch da gefiel mir die Art, wie er
mich ansah, gar nicht; als sei ich sein Eigentum, als könne er
einfach …«
»Hat er irgendwas darüber gesagt, wo er gewesen war?«
»Nein, er ging direkt zu Hauger hinein, und da blieben sie,
lange, ohne daß jemand anrief und ohne daß sie selbst telefonierten.«
»Und wann hast du das, was mich anging, mitgekriegt?«
»Das war – gegen drei kamen Hauger und Grorud raus.
Grorud sagte zu mir: Es ist in Ordnung, du kannst für heute
gehen. – Während ich einpackte, sah ich, daß er die Visitenkarte
las, die du dagelassen hattest. Dann hielt er sie Hauger vor die
Nase, zwinkerte und sagte: Darum kümmere ich mich. – Und
dann gingen wir gleichzeitig, alle drei.«
»Darum kümmere ich mich. – Mehr nicht? Und trotzdem hast
du daraus geschlossen …«
»Es war die Art, wie er es sagte! Dieselbe Art, mit der er –
meinen Hals ansah. Ich rief von einer Telefonzelle aus an, und
den Rest kennst du.« Die Hand, mit der sie die Zigarette hielt,
zitterte ganz leicht. »Ja, und was ist nun eigentlich passiert?«
»Deine Intuition hatte recht. Er kam, um mit mir zu reden.
Aber ich hatte keine Lust, also nahm ich die Hintertreppe nach
draußen – und hängte ihn ab.«
»Aber dann – du kannst nicht dahin zurück!«
»Nein, wahrscheinlich nicht. Sie werden das Hotel sicher
beschatten, und wenn ich nicht auftauche, telefonieren sie
vielleicht die anderen Hotels durch …«
»Kennst du jemanden in der Stadt?«
»Ich habe einen Sohn mit einem Zimmer, Küche, Bad, mit Freundin, also da wird’s eng.«
Sie drückte mit nachdenklicher Miene die Zigarette aus. »Es
könnte sein – wenn du mit dem Sofa vorliebnimmst, dann
kannst du bei mir übernachten. Irgendwie habe ich dich schließlich in diese Bredouille gebracht …«
»Na, das ja nun wirklich nicht. Aber ansonsten danke.« Ich
beugte mich vor. »Und woher weißt du, daß ich nicht mindestens so gefährlich bin wie Grorud?«
Sie lächelte munter. »Na, selber danke, das sieht man ganz
einfach. Du könntest keiner Fliege was tun.«
»Ach, nein?« Ich war mir ganz und gar nicht sicher, ob das als
Kompliment aufzufassen war, schon gar nicht für jemanden, der
gerade seinen Auftrag als Leibwächter hinter sich gebracht
hatte.
»Ja, nimm’s mir nicht übel!« Sie lachte ein langes, trillerndes
Lachen, das aus einer Holzhütte tief in der Nordmark zu
kommen schien, wo wir am Kaminteuer saßen, jeder ein
spindeldürres Schnapsglas in der Hand, und wo ich gerade einen
netten kleinen Samstagswitz losgelassen hatte.
»Wo wohnst du?«
»In Hovseter.«
»Wo ist das?«
»Bei Røa.«
»Tja … Wenn du das wirklich ernst meinst, dann …«
»Es ist natürlich kein Hotel, aber wenn du, wie gesagt, mit
einem Schlafsofa vorliebnehmen kannst, dann bist du herzlich
willkommen. – Worin besteht übrigens dein Job?«
»Ich bin – Privatermittler.«
Sie sah mich an.
»Hast du jetzt deine Meinung geändert?«
»Nein, ich habe nur nicht – was hast du denn dann mit dem
anderen bei uns im Büro gemacht?«
»Er war es, der Geld schuldete. Ich war ganz einfach sein
Leibwächter.«
»Leibwächter? Also dann bist du nicht …«
»Nicht ganz wehrlos, nein.« Ich zwinkerte. »Falls du es darauf
anlegen solltest, meine ich.«
Sie lächelte wieder ihr Lächeln, die etwas steife Version.
»Aber zuallererst muß ich Thomas erreichen, meinen Sohn.
Wenn du mir erklären könntest, wie ich zu dir finde?«
Sie holte einen Kugelschreiber heraus und zeichnete eine
grobe Skizze auf eine Papierserviette. »Paß auf. Du nimmst die
Røabahn, Linie 16, bis zur Haltestellte Hovseter, und dann gehst
du hier, Gamle Hovsvei entlang, über die Fußgängerbrücke, und
in dem linken Hochhaus, im fünften Stock, wohne ich.« Sie
zeichnete ein großes Kreuz dorthin und schrieb ihre vollständige
Adresse und die Telefonnummer daneben. »Bitte.«
Sie nickte zur Straße hin. Es hatte aufgehört zu regnen. Die
Sonne war wieder hervorgekommen, eine dünne Septembersonne mit Ebbelicht. »Ich bin bis zwölf Uhr auf. Wenn es später
wird, mußt du sehen, daß du woanders unterkriechst.«
»In dem Fall ruf ich an. Danke dir. So weit.«
Sie stand auf, band das Tuch um ihren Hals automatisch etwas
fester, zog ihre braune Wildlederjacke an, warf die Tasche über
die Schulter und ging, auffallend still. Ich konnte sie verstehen.

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