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Begrabene Hunde schlafen nicht

Begrabene Hunde schlafen nicht

Titel: Begrabene Hunde schlafen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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du einen Anwalt?«
»Hast du einen in der Tasche?«
Die gepreßte Stimme stieß hervor: »Na los! Laßt uns hier
verdammt noch mal nicht stehenbleiben!«
»Nein.«
»Du hast recht.«
Ich wurde auf die Straße und in ein Polizeiauto verfrachtet,
immer noch so vornübergebeugt, daß sie meine Oberarme
festhalten mußten, um zu verhindern, daß ich stolperte und fiel.
Drei der Polizisten setzten sich mit mir nach hinten, der vierte
setzte sich hinters Steuer und hob das Funkmikro vor den Mund.
»Zentrale? Hier ist 214. Kannst du Bescheid geben, daß wir eine
Person in Verbindung mit der Galerie Oslo mitbringen?«
Es knisterte eine Bestätigung, und er hängte das Mikro wieder
ein. Bevor er den Motor startete, drehte er sich um, schüttelte
langsam den Kopf und sagte: »Das ist das Widerlichste, was ich
je gesehen habe! Drei blutige Frikadellen!« Er faßte sich erst an
den Kopf, dann hielt er uns seine Hände hin.
Der Polizist zu meiner Rechten lehnte sich schwer über mich.
Er hatte einen dunklen Schnauzbart und roch nach Senf und
Zwiebeln, als sei er in einer Snackbar geboren und aufgewachsen. »Muß verdammt beschissen gewesen sein, so zu sterben!«
Als wir auf die Straße einbogen, zwängte sich ein Krankenwagen mit Blaulicht und heulenden Sirenen durch die Menschenmenge, die sich vor dem Eingang zur Galerie Oslo versammelt
hatte. Ich dachte an die lange Reihe verlassener Räume dort
drinnen und daran, wie sich der tote Mann wohl von unten
ausnahm: wie ein in Konkurs gegangener Interessent oder ein
abgewiesener Kunde.
Der Polizist an meiner anderen Seite, ein hellhaariger junger
Mann mit gepflegtem Bart und adretten, runden Brillengläsern,
sah mich mit dem Blick eines Jugendpriesters an, der sich hier
fehl am Platze fühlte, wobei er traurig den Kopf schüttelte.
Der Dritte im Bunde war anders, größer, stärker und dunkler,
mit einem Gesicht wie ein Pflasterstein und einer Stimme, die
klang wie ein Kofferradio. »Sieht nicht gut aus, Kamerad. Aus
welcher Ecke der Welt kommst du?«
»Aus Bergen. Macht das was?«
»Nein, das ist völlig in Ordnung. Ich hab’ da drüben ein paar
Jahre Dienst gemacht, seinerzeit, als Assistent. Macht das was?«
»Kommt darauf an, wen du getroffen hast, und wo.«
Wir überquerten Akerselva und folgten Grønlandsleiret in
Richtung Hauptpolizei.
Das vierzehn Jahre alte Polizeigebäude Oslos thront auf der
Spitze dessen, was einmal die weitläufige Parkanlage um das
Zuchthaus war. Das Gebäude verbirgt seine Geniertheit vor der
Sonne durch eine unregelmäßige Reihe weißer Baldachine,
wodurch die Fassade auffallend an das Wäschetrocknen in
einem italienischen Hinterhof erinnert.
Wir fuhren auf die Rückseite.
»Wem soll er vorgeführt werden?« fragte mein Freund mit
dem Schnauzbart. »Bergsjø«, antwortete der Pflasterstein.
»Aber vorher soll er zur Entlausung.«
Brüsk führten sie mich in den Keller, wo ein dicklicher
Diensthabender meinen Namen, Heimatadresse, Geburtsdatum
und Beruf ins Logbuch eintrug.
»Was?« Der Polizist mit der Kofferradiostimme lehnte sich
schwer nach vorn, als er letzteres aufschnappte. »Wie war das?«
Ich drehte mich halb zu ihm um. »Privatermittler. Ich hätte
natürlich Feuerwehrmann sagen können, aber ihr hättet mich
doch durchschaut. Oder …?«
Er betrachtete mich mit einem Blick, der signalisierte, daß er
mich gern in die Zelle begleitet und den Schlüssel draußen
vergessen hätte.
Der Gefängnisaufseher räusperte sich. »Wir sind dann soweit.
Kommt ihr runter und holt ihn?«
»Aber sicher doch«, sagte die Kofferradiostimme. »Er soll sich
nur ein bißchen abkühlen.« Während ich in eine Zelle geführt
wurde, hörte ich ihn zu einem seiner Kollegen sagen: »Bergenser, weißt du, die haben ein hitziges Gemüt. Ich kenn’ das, hab’
schließlich da Dienst gemacht. Die halten ihre Klappe nie, und
wenn du auf ihnen draufsitzt.«
Stumm schlug der Gefängnisaufseher die Tür hinter mir zu,
schob den Riegel vor und ließ mich allein zwischen vier glatten
Wänden, einem Bett mit grauer Matratze und einer Erhöhung in
einer Ecke, auf der man diverse körperliche Bedürfnisse befriedigen konnte.
Zwei Stunden später kamen Schnauzbart und Pflasterstein
herunter, um mich zu holen. Der Jugendpriester war augenscheinlich beurlaubt. Man hatte ihn für diese Aufgabe wohl als
zu weich befunden.
Wir durchquerten die innere, hochgewölbte Eingangshalle. In
den Etagen über uns wiesen lange Reihen von Türen zu

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