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Begrabene Hunde schlafen nicht

Begrabene Hunde schlafen nicht

Titel: Begrabene Hunde schlafen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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seien die
    Beine, die am meisten auszuhalten hätten.«
»Diesmal war es der Hinterkopf, Haugland. Da, wo das Ge
wissen sitzt.«
»Du hättest nichts tun können, als schneller zu laufen – und
das war dir eben ganz einfach nicht möglich.«
    »Ich hätte nicht laufen müssen. Ich hätte mit dem Rad neben
ihm herfahren können.«
»Wie wär’s mit einem Hubschrauber, direkt über seinem
Kopf? Außerdem, wenn ich dich richtig verstanden habe, ist
doch alles im Stadion passiert.«
»In einem sogenannten Sperrbezirk, ja, der während des ganzen Laufs überwacht werden sollte – so stand es in der
Einladung.«
Er hob sein Glas. »Sollten wir beide uns nicht beim Vornamen
nennen, nach allem, was wir zusammen durchgemacht haben?«
Er lächelte schief.
Ich hob das meine. »Doch, vielleicht. Prost, Ove.«
»Prost, Varg.«
Das Essen kam, eine Art Gruppensex-Komposition gedopter
Schalentiere, mit denen der Koch hatte machen können, was er
wollte. Und das hatte er getan, mit geiferndem Mund.
Im selben Augenblick wurde das Licht gedämpft. Eine Rockband erschien auf der Bühne, wie es schien, völlig ungeordnet,
aber laut miteinander sprechend.
Über die Lautsprecheranlage verkündete eine Grabesstimme:
»PLAY-TIME is coming!« Die Musiker griffen nach ihren
Instrumenten, die Bühnenbeleuchtung flammte auf wie eine
Granatenexplosion, und ein paar quietschende, disharmonische
Gitarrenakkorde zerschmetterten jede Form von Unterhaltung
und ließen die Luft im Raum vibrieren.
»PLAY-TIME is coming!« ertönte es noch einmal aus der
Anlage.
Ich sah Ove Haugland mit hochgezogenen Brauen an. Er gab
mir zu verstehen, daß ich warten und aufpassen sollte.
Ein glitzernd geschmückter Vorhang wurde zur Seite gerissen,
und drei jugendliche, leicht feiste Fünfunddreißigjährige, in
billig lila glänzenden Jacken und schwarzen Hosen kamen auf
die Bühne. »PLAY-TIME is here!«
Einer schrie: »Meine Damen und Darmpfeifen!«
Der andere heulte: »Huren und Herren!«
Der dritte lächelte entwaffnend: »Alle, die ihr bezahlt habt!«
»Und die, für die bezahlt wurde!«
»Wir heißen euch willkommen!«
»Zum neusten Schneesturm!« Er hob den Handrücken an die
Nase und tat, als würde er etwas schnüffeln.
»Der Alptraum aller Mütter!«
»Der Bankrott aller Väter!«
»PLAY-TIME!«
»Eierjongleusen!«
»Schmalztenöre ohne!«
»Läufige Bucklige!«
»Direkt vom Oslo-Marathon!«
»Wir haben alles hier!«
»Wir haben sie alle da!«
»PLAY-TIME is here!«
»PLAY-TIME is here!«
»PLAY-TIME!«
Ich beugte mich zu Ove Haugland hinüber. »Machen die die
ganze Zeit so weiter?« rief ich.
»Nein, nein. Das ist nur die Einführung.«
Sie gingen über zu einem Mittelteil, der im wesentlichen aus
Sketchen bestand, hauptsächlich über Personen, die blind oder
taub waren oder hinkten, dazwischen hier und da ein klassisches
Kinderlied, bis zur Unkenntlichkeit entstellt von der Rockband.
»Willst du mir damit irgend etwas sagen?« brüllte ich über den
Tisch zu Ove Haugland.
»Lehn dich zurück und genieß es, Varg! Das hier ist Kultur!
Wart’s ab …«
Einer der Moderatoren betrat mit einem Handmikro die Bühne. »Meine Damen und Drogenhändler!«
Der andere fiel ein: »Luder und Literaten!«
Der dritte trat vor den Vorhang.
»Wir haben die Ehre, euch allen …«
»… den ersten Gast des Abends …«
»… zu präsentieren …«
»… die Madonna der norwegischen Literatur!«
»Der Henry Miller der Frauenbewegung!«
Der Vorhang wurde zur Seite gezerrt, und alle drei gingen mit
ausgestreckten Armen auf die Knie wie der Chor in einem
viertrangigen Musical, während einer anstimmte: »Marianne
Moe!«
»Marianne Moe!«
Der dritte wandte sich zum Publikum: »MARIANNE MOE –
Leute!«
Die Frau, die auf dünnen Beinen die Treppe heruntergestolpert
kam, in einem grauen Kleid, das etwas zu eng saß, um sittsam
auszusehen, sah sich hilflos um und klimperte mit den Lidern.
Das Publikum stand auf und johlte seine Ovationen.
Sie wurde auf die Bühne gezogen, auf einen Barhocker gesetzt
und sofort von den drei Moderatoren umringt, in weitaus distanzloserem Abstand, als man es in der Journalistenschule
lernte. Der erste schob sein Mikro so dicht an ihren Mund wie
nur möglich, ohne daß sie es verschluckte.
»Marianne Moe, du bist dafür bekannt, ein paar der drastischsten erotischen Romane der modernen norwegischen Literatur
geschrieben zu haben?«
»Nein, ich …«
»Du bist berühmt dafür, deine Lust nie unter den Scheffel zu

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