Behandlungsfehler
bringe.« Ich tue das nur sehr selten, sondern sage: »Wenn ich jetzt mit Ihnen mitgehe, ist das Risiko groß, dass sich das Blatt gegen Sie wendet.« Ärzte und Pflegepersonal schätzen solche direkten Eingriffe nicht. Und das Wohl des Patienten steht für mich immer an allererster Stelle.
Der Kampf gegen die Keime
Sonderfall: Krankenhausinfektion – ein beherrschbares Risiko?
I m Sommer 2010 löste ein Drama an der Mainzer Universitätsklinik eine große Debatte aus. Drei Säuglinge starben auf der Intensivstation an Infektionen. Solche Schreckensmeldungen tauchen immer wieder auf. Krankenhauskeime sind zur Horrorvision für Patienten geworden. Was passiert, wenn Patienten sich mit Krankenhauskeimen infizieren? Und vor allem: Wer haftet dann? Ref 16
Krankenhauskeime sind ein altbekanntes Problem. Und eins, das immer häufiger und immer heftiger aufzutreten scheint. Genaue Zahlen gibt es nicht. Zwischen 400 000 und 600 000 Patienten erkranken jährlich an einer nosokomialen Infektion, bestätigt das Bundesgesundheitsministerium. Darunter versteht man alle Infektionen, die im Zusammenhang mit medizinischen Behandlungen auftreten. Schätzungsweise zwischen 7500 bis 15 000 Patienten sterben jährlich daran. 20 bis 30 Prozent dieser Infektionen und Todesfälle wären vermeidbar, wenn die bekannten Regeln der Infektionshygiene besser eingehalten würden und viele der nosokomialen Infektionen, so das Ministerium, werden durch Erreger verursacht, »die gegen Arzneimittel resistent und deshalb schwer zu behandeln sind (MRSA-Keime).« Werden Antibiotika sachgerecht verordnet, wird »die Selektion und Weiterverbreitung von resistenten Krankheitserregern […] reduziert.«
Vor einigen Jahren kam die Mutter einer 40-jährigen Frau zu mir, deren Tochter dann meine Mandantin wurde. Die Mutter erzählte, dass ihre Tochter einen Bandscheibenvorfall erlitten habe. Dieser sei so massiv, dass die Beine gelähmt seien. Sie habe große Mühe zu laufen, arbeiten könne sie vor Schmerzen gar nicht mehr. Die Versorgung ihrer beiden Kinder, seinerzeit vier und sechs Jahre alt, sei zu einem Problem geworden. Der Arzt habe ihr dringend zu einer Operation geraten, die laut seiner Aussage nicht aufwändig sein sollte. Das Absaugen der Bandscheibe würde ihr Schmerzfreiheit garantieren. Da der Leidensdruck ihrer Tochter sehr groß gewesen sei, habe sie sich operieren lassen.
Und damit begann ihr, ich nenne es wirklich so, Leidensweg. Denn es kam zu einer Krankenhausinfektion, zu einer Infektion mit dem gefürchteten MRSA-Keim, einem Methicillin-resistenten (ein Penicillin) Staphylococcusaureus.
Der Keim ist besonders bösartig, weil er gegen Antibiotika weitgehend resistent ist. Eine MRSA-Infektion ist sehr schwer zu behandeln. Manchmal müssen sogar Gliedmaßen amputiert werden, weil der Keim einen Knochen angegriffen hat. Die Amputation ist dann besser, als wenn der Keim den ganzen Körper erfasst und der Patient daran stirbt.
Sicher, das Leben ist ein Risiko und endet mit dem Tod, aber das Risiko eines Patienten, eine MRSA-Infektionen zu erleiden oder sogar daran zu sterben, kann reduziert werden. Es wird geschätzt, dass allein 5000 Menschen pro Jahr im Rahmen einer MRSA-Infektion sterben. Jeder Einzelne ist einer zu viel. Die MRSA-Infektionen haben sich seit 1995 mehr als verzehnfacht, sie machen über 20 Prozent der nosokomialen Infektionen aus. Auf deutschen Intensivstationen wurden sie im Jahre 2005 bei knapp 40 Prozent der Patienten festgestellt. Das Robert-Koch-Institut sieht diese Infektionen als »ein ernstes krankenhaushygienisches Problem« an.
Es ist schon lange bekannt, dass es im Krankenhaus Gefahren gibt. Der österreichische Arzt Dr. Ignaz Semmelweis
hatte sich daran gestört, dass so viele Frauen an Kindbettfieber starben. 1847 verordnete er den Ärzten, sich vor der Behandlung die Hände mit Chlorkalk zu waschen. Dadurch gelang es ihm, die Zahl der Infektionen im Krankenhaus ganz erheblich zu senken.
Heute wissen wir: Keime können sich auf vielen Wegen verbreiten, durch die medizinischen Instrumente, durch die Raumluft, die Wäsche, die Lebensmittel, aber auch durch das Personal. Wenn ein Katheter gelegt oder eine offene Wunde behandelt wird, bedeutet das jedes Mal ein Risiko. Wer kennt nicht jemanden, bei dem nach einer Behandlung eine Infektion aufgetreten ist? Zum Glück verlaufen die meisten nicht dramatisch, aber es gibt eben auch andere Fälle.
Doch bei meiner Mandantin lief das anders. Mittlerweile war
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