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Behemoth - Im Labyrinth der Macht

Behemoth - Im Labyrinth der Macht

Titel: Behemoth - Im Labyrinth der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Keith; Westerfeld Andreas; Thompson Helweg
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mit einem halben Dutzend schwerer Bücher beladen, die in altes, sprödes Leder gebunden waren.

    Deryn nahm einige heraus und blätterte die mit Goldschnitt versehenen Seiten durch. Manche waren in Mechanistisch verfasst, andere in der fließenden Schrift, die sie draußen schon gesehen hatte, doch die meisten enthielten nur Namen, Daten und Wappen. Auf einem Einband war das Habsburger Siegel abgebildet, und dabei stand ein Satz auf Latein, an den sie sich noch von der ersten Begegnung zwischen Alek und Dr. Barlow erinnerte.
    Bella gerant alii, tu Felix Austria, nube.
    »Sollen andere Krieg führen«, besagte der erste Teil.
    »Brüllende Spinnen«, flüsterte Deryn vor sich hin. Es gab jede Menge Habsburger. Das Buch war dick genug, um damit einen Flusspferdartigen zu erschlagen und die Einträge gingen achthundert Jahre in die Vergangenheit zurück. Alek war jedoch erst fünfzehn; er musste ganz am Schluss stehen.
    Sie blätterte zu den letzten Seiten und fand ihn: »Aleksandar, Prinz von Hohenberg«, zusammen mit Geburtsdatum und dem Namen seiner Eltern: Franz Ferdinand und Sophie Chotek.
    »Sophie«, murmelte Deryn. Sie lehnte sich zurück und lächelte versonnen.
    Sie ließ den Bücherstapel auf dem Tisch liegen und eilte zurück zu den Drehtüren. Unten an der Marmortreppe ging sie zum ersten sechsbeinigen Taxi in der Reihe. Die Gefährte sahen aus wie riesige Käfer. Deryn griff in die Tasche und holte ihre letzten Münzen heraus.
    »Sophie Hotel?«, fragte sie. »Hotel«, war das gleiche Wort in Englisch und Mechanistisch.
    Der Pilot runzelte die Stirn und fragte: »Hotel Hagia Sophia?«
    Deryn nickte glücklich. Das klang ziemlich ähnlich – es musste das richtige sein.
    Der Taxi-Pilot betrachtete ihre Münzen und winkte sie dann auf den Rücksitz. Deryn sprang hinein und dies eine Mal genoss sie sogar das Dröhnen der Mechanistenmotoren unter sich. Nachdem sie Alek in dieser Millionenstadt auf die Spur gekommen war, hatte sie sich das Taxi redlich verdient.

30. Kapitel
    Das Hotel Hagia Sophia gehörte zu den feinsten und vornehmsten am Platze.
    Deryn schüttelte den Kopf. Vielleicht hätte sie erwarten müssen, Alek an einem Ort wie diesem zu finden. Allein die Hotelhalle war drei Stockwerke hoch und wurde von zwei Gas-Kandelabern und einem riesigen bunten Oberlicht erhellt. Uniformierte Pagen führten die mechanischen Gepäckträger durch das Menschengewühl. Wendeltreppen aus Marmor brachten die Gäste zu Zwischengeschossen und Balkonen, während dampfbetriebene Fahrstühle wie abhebende Raketen in die Höhe schnauften.
    Auch wenn Alek das Hotel nach dem Namen seiner Mutter ausgesucht hatte – Deryn fragte sich, ob er nicht besser eine andere Spur hätte legen sollen, eine, die zu einer etwas weniger … nun, prinzenhaften Unterkunft geführt hätte. Schließlich wurde er von den Deutschen gesucht.
    Natürlich konnte das nur bedeuten, dass Alek sich nicht unter seinem richtigen Namen angemeldet hatte. Wie sollte sie ihm also eine Nachricht übermitteln?
    Deryn stand da und hoffte, Alek, Bauer oder Meister Klopp zufällig in der Lobby zu entdecken. Doch in der Menge sah sie nur unbekannte Gesichter, und bald spürte Deryn, dass ein Page mit weißen Handschuhen sie beobachtete. Ihre gestohlene Kleidung war zerknittert und schmutzig, nachdem sie in der Gasse geschlafen hatte, und sie fiel hier auf wie ein Haufen Schiet auf einem hübschen Porzellanteller. Ihr waren nur noch wenige Münzen geblieben, die sicherlich nicht genügten, um ein Zimmer zu bezahlen. Jedenfalls nicht hier.
    Vielleicht konnte sie sich einen Kaffee und etwas zum Mittagessen leisten. Nach dem, was sie zum Frühstück bekommen hatte, gab es schlechtere Orte als Istanbul, um halb verhungert an Land zu kriechen.
    Deryn setzte sich an einen kleinen Tisch im Speisesaal des Hotels und vergewisserte sich, dass sie die Lobby-Türen im Blick hatte. Der Kellner verstand kein Englisch, sprach jedoch auch Mechanistisch nicht besser als sie. Er kam mit einer Tasse starken Kaffees und einer Speisekarte zurück und kurz darauf durfte Deryn wieder kräftig zulangen. Diesmal gab es Lammgehacktes mit Nüssen und Sultaninen und das Pflaumengelee darüber war so blau wie ein alter Bluterguss.
    Sie aß langsam und ließ den Haupteingang nicht aus den Augen.
    Die Menschen kamen und gingen, zumeist gut betuchte alte Mechanisten. Der Mann am Nebentisch trug ein Monokel, hatte einen Schnauzbart und las eine deutsche Zeitung. Nachdem er gegangen war,

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