Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Behemoth - Im Labyrinth der Macht

Behemoth - Im Labyrinth der Macht

Titel: Behemoth - Im Labyrinth der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Keith; Westerfeld Andreas; Thompson Helweg
Vom Netzwerk:
Zylinder bewegten, fast zu schnell, als dass man sie überhaupt wahrnehmen konnte. Die klickenden Finger von Rechenmaschinen bedeckten die Wände und flatterten wie die Zilien des großen Flugtiers, wenn es nervös wurde. Mechanische Läufer in der Größe von Hutschachteln krabbelten über den Marmorboden und trugen schwere Bücherstapel.
    Eine kleine Armee von Bediensteten wartete hinter einer Reihe von Pulten, doch Deryn ging durch die riesige Vorhalle direkt auf die hoch aufgestapelten Bücher zu. Es mussten Millionen sein und bestimmt gab es darunter auch englische.
    Allerdings wurde sie von einem verzierten Eisenzaun aufgehalten, der sich quer durch den Raum erstreckte. Alle paar Fuß stand ein Schild, auf dem in zwei Dutzend Sprachen zu lesen war:
    Regale nicht öffentlich zugänglich – Auskunft am Informationsschalter.
    Deryn kehrte also zu den Schaltern zurück, nahm ihren ganzen Mut zusammen und ging zu dem Bediensteten, der am nettesten aussah. Er trug einen langen grauen Bart und einen Kneifer auf der Nase und er blickte sie ein wenig verwundert an. Deryn vermutete, dass Seeleute ihren Landurlaub nur selten in Bibliotheken verbrachten.
    Sie verneigte sich, riss zwei Seiten aus ihrem Skizzenbuch und legte sie auf das Pult. Auf die eine hatte sie das Wappen der Habsburger gezeichnet, das sie auf der Brust von Aleks Sturmläufer gesehen hatte. Auf der anderen hatte sie einen Baum mit vielen Verästelungen gemalt, wie bei den Stammbäumen der großen Flugtiere, die sie im Unterricht bei Mr Rigby auswendig lernen musste. Ohne Zweifel sahen die Mechanistenstammbäume anders aus, aber ein Bibliothekar würde gewiss verstehen, was sie meinte.
    Der Mann rückte seine Brille zurecht, betrachtete die Zeichnungen kurz und blickte Deryn fragend an. »Sind Sie Österreicher?«, fragte er vorsichtig auf Mechanistisch.
    »Nein, Sir, Amerika.« Sie sprach auch Deutsch, versuchte jedoch, Eddie Malones Akzent nachzuahmen. »Aber ich möchte …« – ihr Verstand arbeitete auf Hochtouren – »den Krieg verstehen.«
    Der Mann nickte langsam. »Sehr wohl, junger Mann. Einen Augenblick bitte.« Er wandte sich einer Art Klaviatur in seinem Pult zu und tippte auf die Tasten. Musik gab es nicht, doch am Ende kam eine Lochkarte aus einem Schlitz. Die reichte er ihr und zeigte in den Raum. »Viel Glück.«
    Deryn verbeugte und bedankte sich, dann folgte sie seiner Geste zu einem Häuschen in der Mitte. Sie schaute zunächst einer anderen Besucherin zu, wie die es bediente. Die Frau schob die Lochkarte in einen Apparat hinein, der aussah wie ein Miniaturwebstuhl. Die Karte glitt unter einem feinen Kamm durch, dessen winzige Metallzinken auf- und abstießen, als würden sie Löcher in der Karte untersuchen.
    Nach kurzem Drehen und Klappern wurde die Karte wieder ausgespuckt. Oben kletterte einer dieser mechanischen Läufer heraus und huschte zu den Bücherregalen davon.
    »Der Bibliothekskatalog.«
    Deryn war unwohl zumute, während sie versuchte, die mechanistische Logik zu verstehen, doch trotzdem trat sie vor und wiederholte das Gleiche mit ihrer Karte. Als sie herauskam, entdeckte sie eine Nummer, die darauf gestempelt war. Nachdem sie eine Minute in der Vorhalle herumspaziert war, fand Deryn eine Reihe kleiner Tische, die ebenfalls Nummern trugen. Sie setzte sich an den mit ihrer und zog ihr Skizzenbuch heraus.
    Während sie zeichnete, surrten und klapperten die Maschinen um sie herum. Die Geräusche vermengten sich miteinander zu einem Rauschen wie von ferner Brandung. Deryn fragte sich, wie es den Mechanisten gelang, Fragen in eine Ansammlung von Löchern in Karton zu verwandeln. Hatte jedes Fitzelchen Wissen seine eigene Nummer? Das System funktionierte vermutlich schneller, als wenn man selbst in den deckenhohen Regalen suchte, doch was für andere Bücher hätte sie dabei vielleicht wohl noch entdeckt?
    Sie blickte auf zu den Rechenmaschinen an den Wänden und fragte sich, wozu sie bestimmt waren. Wurden darin alle Fragen aufgezeichnet, die man den Bibliothekaren stellte? Und wenn, wer sah sich die Ergebnisse an? Deryn erinnerte sich an die Augen, die sie hinter den Gittern im Thronsaal gesehen hatte, und begann mit den Fingern auf den Tisch zu trommeln.
    Bestimmt würde in diesem Durcheinander von Informationen niemand ein paar Fragen zu der Tragödie beachten, mit der dieser ganze brüllende Krieg angefangen hatte.
    Schließlich kam die Maschine zu ihr, wie ein Hund, der einen Knochen geholt hat. Der Apparat war

Weitere Kostenlose Bücher