Bei Anbruch des Tages
der Hausherr wie immer herzlich begrüÃte. Der Conte saà hinter einem Schreibtisch im Regency-Stil und bat Renzo, ihm gegenüber Platz zu nehmen.
»Ich habe gerade mit Ihrer Tochter telefoniert und ihr mein Beileid ausgesprochen â¦Â«, setzte der junge Mann an.
»Ja, ich weiÃ, eine Tragödie. Aber solange wir allein sind, sollten wir über etwas anderes reden. Ich weiÃ, dass Celina dir den Palazzo gezeigt hat. Was sagt dein Vater?«
»Dass er ihn haben will, wenn Sie ihn nach wie vor verkaufen wollen.«
»Hör zu, Renzo, sag deinem Vater, dass er ihn schätzen lassen und die Verkaufsmodalitäten einleiten soll. Wir haben einen gemeinsamen Notar, so gesehen dürfte es da keine Probleme geben. Er hat bereits die nötigen Unterlagen vorliegen. Je eher die Besitzüberschreibung erfolgt, desto besser«, sagte der Conte gehetzt, erhob sich und fügte hinzu: »Nun entschuldige mich bitte, mein Bridge-Club erwartet mich bereits. Celina wird gleich hier sein. Mach es dir so lange bequem, denn was bei Frauen âºgleichâ¹ heiÃt, kann auch eine Ewigkeit dauern.«
Doch Celina trat bereits ins Zimmer, als ihr Vater gerade auf brach. Renzo dachte an die Petrarca-Verse, die er auf dem Gymna sium auswendig gelernt hatte: Pallido no, ma più che neve bianca, che senza venti, in un bel colle fiocchi â Nicht bleich, nein, weiÃer als der Schnee, der in der Stille auf einen schönen Hügel herabflockt.
Celina war grau im Gesicht, und in ihren wunderschönen blauen Augen standen groÃe Sorgen. Trotzdem lächelte sie.
Sie trug ein dünnes karamellfarbenes Wollkleid mit einem schmalen Ledergürtel, dazu flache Ballerinas und hielt ein zusammengeknülltes Taschentuch in der Hand.
»Ich habe eine Allergie und muss manchmal niesen«, entschuldigte sie sich und gab ihm die Hand.
»Du solltest ans Meer fahren«, sagte er und schlug spontan vor: »Wenn du willst, begleite ich dich am Wochenende nach Santa Margherita. Wir haben dort ein Haus, das fast immer leer steht.«
»Ist das eine Einladung?«, fragte sie.
Renzo nickte.
»Nein danke«, erwiderte sie, nicht ohne hinzuzufügen: »Das wäre unpassend. Filippo ist erst vor wenigen Tagen gestorben.«
Sie standen sich gegenüber und wussten beide nicht recht, was sie sagen oder tun sollten.
»Wenn ich dir irgendwie helfen kann â¦Â«, stammelte Renzo schlieÃlich.
»Hast du schon einmal unseren Garten gesehen?«, fragte Celina.
»Ich glaube nicht«, erwiderte er.
Sie ging vor ihm her ins Erdgeschoss, durch die marmor- und stuckverzierte Eingangshalle zu dem groÃen verschnörkelten Tor hinüber, das in den Garten führte. Sie öffnete es, und gemeinsam traten sie hinaus.
»Die alten Mailänder Palazzi hüten eifersüchtig die Schönheit ihrer Gärten und entziehen sie fremden Blicken«, erklärte Celina, während sie Renzo zu einem jasminumrankten Gartenpavillon führte. Darin standen ein Tisch und zwei schmiedeeiserne Bänke, auf denen sie gegenüber voneinander Platz nahmen. Blumenduft hüllte sie ein.
»Ich habe dich hierher eingeladen, weil es im Haus zu viele neu gierige Lauscher gibt. Ich möchte wissen, warum du, als ich dir den Palazzo von Villanova gezeigt habe, plötzlich so verstimmt aufgebrochen bist«, meinte sie.
»Darf ich rauchen?«, fragte Renzo und suchte in seinem Jackett nach den Zigaretten.
»Tu, was du willst, Hauptsache, du beantwortest meine Frage«, beharrte Celina.
Er betrachtete die schöne junge Frau mit den schlichten, grazilen Bewegungen und gestand ihr spontan: »Ich bin in dich verliebt.«
»Und das ist alles?«, fragte sie mit einer entwaffnenden Unschuld.
»Wieso? Reicht das denn nicht?«, erwiderte er.
Sie lächelte nur und sagte: »Jetzt erzähle ich dir eine Geschichte. Du warst ungefähr zwölf, dreizehn Jahre alt. Ich glaube, du hast gepackt, um mit deinem Vater und deinem Bruder in Urlaub zu fahren. Es war Anfang Juli, und ihr wart gerade erst aus dem Internat gekommen. Ich war mit meinem Bruder und meinen Eltern zum Mittagessen bei euch, und anschlieÃend sind wir vier Kinder in den Garten gegangen. Ich bin neben dir hergelaufen und habe dich angeschaut. Du hattest so einen braunen Flaum auf der Oberlippe, den Beginn eines Schnurrbarts, was mich irgendwie fasziniert hat. Ich hätte gern darübergestrichen. âºWas
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