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Bei Einbruch der Nacht

Bei Einbruch der Nacht

Titel: Bei Einbruch der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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Fersen geheftet. Das ist nicht verboten.«
    »Doch.«
    Adamsberg hielt dem Wacher sein Glas hin.
    »Montvailland weiß, daß ich mich hier verdeckt aufhalte«, fuhr er fort, »und daß niemand meinen Namen nennen darf. Er glaubt, daß ich die Informationen während meines Umherstreifens hier gesammelt habe.«
    »Versteckst du dich, mein Junge?« fragte der Wacher.
    Adamsberg nickte.
    »Ein Mädchen sucht mich, eine Frage von Leben und Tod. Wenn die Zeitungen meine Anwesenheit hier melden, kommt sie eine Minute später hier an, um mir eine hübsche kleine Kugel in den Wanst zu feuern. Das ist ihr einziger Gedanke.«
    »Was willst du tun?« fragte der Wacher. »Bringst du sie um?«
    »Nein.«
    Der Wacher runzelte die Stirn.
    »Was dann? Willst du dein ganzes Leben auf der Flucht sein?«
    »Ich will ihr eine andere Idee in den Kopf setzen. Ich bereite ihr eine neue Weichenstellung vor.«
    »Geschickt, so eine Weichenstellung«, sagte der Wacher und kniff die Augen zusammen.
    »Aber kompliziert. Mir fehlt noch ein Einzelteil.«
    Adamsberg räumte langsam das Brot und das Obst in die Lattenkiste, erhob sich und stellte alles im Laster ab.
    »Wir fahren nach Grenoble«, verkündete er. »Ich habe eine halboffizielle Verabredung mit dem Präfekten. Ich will ihn darüber informieren, daß ich Montvailland auf die Idee mit Massart gebracht habe. Ich will versuchen, ihn zu überzeugen, daß er die Untersuchung in unserem Sinne betreibt.«
    »In welche Richtung also?« fragte Camille und stand auf.
    »Weißt du auch nicht, wo Grenoble liegt?« fragte Soliman.
    »Scheiße, Sol. Zeig mir einfach die Karte.«
    »Sie ist die Fahrerin«, bemerkte der Wacher und berührte Soliman mit dem Ende seines Stocks an der Schulter.
    Zehn Kilometer vor Grenoble ließ Adamsberg sich nach der Abzweigung auf die Autobahn von dem Viehtransporter überholen. Camille sah im Rückspiegel, wie er ihr wiederholt Zeichen mit der Lichthupe gab.
    »Wir halten an«, sagte Camille. »Es gibt ein Problem.«
    »In zwei Kilometern kommt ein Rastplatz«, sagte Soliman.
    »Sie hat's gesehen«, erwiderte der Wacher.
    Camille parkte den Laster, schaltete die Warnblinkanlage ein und ging zu Adamsbergs Wagen.
    »Hast du eine Panne?« fragte sie und beugte sich zu seinem Fenster herunter.
    Plötzlich war sie diesem Gesicht zu nahe, viel zu nahe. Sie ließ das Fenster los und wich zurück.
    »Ich habe gerade die Nachrichten reinbekommen«, rief Adamsberg aus dem Fenster, um den Lärm der Autobahn zu übertönen. »Heute nacht ist nordwestlich von Grenoble vierzehn Schafen die Kehle zerfetzt worden.«
    »Wo?« rief Camille zurück.
    Adamsberg schüttelte den Kopf, dann stieg er aus seinem Wagen.
    »Vierzehn Tiere«, wiederholte er, »in Tiennes, nordwestlich von Grenoble. Wieder auf Massarts Strecke. Aber diesmal hat der Wolf die Berge verlassen. Wir haben ihn, verstehst du?«
    »Willst du sagen, daß wir die Wolfsgebiete verlassen haben?«
    Adamsberg nickte.
    »Kein einziger Bulle wird jetzt noch an das Herumirren eines einzelnen Wolfs glauben können. Das Tier zieht nach Norden, es folgt der roten Strecke, es entfernt sich von den unbesiedelten Gegenden. Es wird von einem Mann geführt. Es muß ein Mann sein. Ich rufe Montvailland an.«
    Adamsberg ging zum Auto zurück, während Camille Soliman und den Wacher informierte.
    »Tiennes«, sagte Camille. »Zeig mir die Karte. Vierzehn Tiere.«
    »Verdammt«, brummte der Wacher.
    Camille fand den Ort und gab dem Wacher die Karte.
    »Gibt es dort große Schäfereien?« fragte sie.
    »Es gibt überall Schäfereien, wo es rechtschaffene Menschen gibt.«
    Adamsberg kam zu ihnen zurück.
    »Montvailland bekommt erste Zweifel«, sagte er. »Sie haben kein einziges Tierhaar an Sernots Leiche gefunden.«
    Von hinten brummte der Wacher etwas Unhörbares.
    »Ich fahre wie geplant nach Grenoble«, sagte Adamsberg. »Es dürfte nicht mehr allzu schwer sein, den Präfekten zu überzeugen.«
    »Beantragst du, offiziell damit betraut zu werden?« fragte ihn Camille.
    »Ich habe keinerlei örtliche Zuständigkeit. Und außerdem ist da dieses Mädchen, ich möchte nicht, daß sie mich ausfindig macht. Camille, du fährst nach Tiennes. Ich treffe euch dort.«
    »Wo?«
    »Park den Laster am Dorfeingang, wo du kannst, am Rand der Landstraße.«
    »Und wenn ich nicht kann?«
    »Na, sagen wir, wenn ihr nicht da seid, dann seid ihr woanders.«
    »O. k. Machen wir's so.«
    »Ihr werdet rechtzeitig da sein, um noch in die Kirche gehen zu können.

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