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Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman

Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman

Titel: Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dora Heldt
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konnte. Dadurch fühlte sie sich auch noch bedroht. Sie hatte Umgang mit ganz eigenartigen Typen. Das hat mir Sascha selbst erzählt. Mit so jemandem will man doch nichts zu tun haben. Ich sah Sascha schon völlig abrutschen. Und dann kotzte sie mir eines Morgens das Badezimmer voll, genau zwei Wochen vor Ablauf des Praktikums, und sagte mir heulend, sie wäre schwanger.«
    »Lass mich raten.« Katja musterte ihre Zehen und spreizte sie. »Du hast ihr Geld gegeben und sie in die Wüste geschickt.«
    Doris umschlang ihre Knie und legte die Stirn darauf. »Nicht in die Wüste, aber zurück nach Warschau.«
    »Und dein Sohn?« Anke sah sie mit großen Augen an. »Was hat er dazu gesagt?«
    |262| »Er hatte keine Ahnung.« Doris’ Lächeln war bitter. »Carolina hatte sich vorher, wie mit mir abgesprochen, von ihm getrennt und gesagt, dass sie zu ihrem polnischen Freund zurückgehe, es sei für sie nur ein Spaß gewesen.«
    »Und was war mit dem Kind?«, fragte Katja.
    »Kind?«, stieß Doris verächtlich aus. »Die war gar nicht schwanger, aber anschließend schuldenfrei.«
    »Unglaublich«, Anke schüttelte den Kopf, »das klingt wie aus einem schlechten Roman.«
    »Aber ohne Happy End. Später hat Sascha aus einer blöden Laune heraus Carolina gesucht. Und leider auch gefunden, verheiratet mit einem reichen Mann, und sie hat ihm alles gesagt. Nämlich, dass ich sie dafür bezahlt habe, ihn zu verlassen. Trotzdem kann er mir nicht verzeihen, dass ich mich in sein Leben eingemischt habe.«
    Sie trank den Saft aus der Flasche und starrte wieder in den Sternenhimmel. »Und vermutlich hat er damit recht. Aber ich kann es nicht rückgängig machen. Ich wollte ihm nicht wehtun, ich dachte, es wäre für ihn das Beste.«
    »Wenn Menschen meinen zu wissen, was für andere das Beste ist   …« Anke lehnte ihren Kopf an die Wand und schloss kurz die Augen. »Geschichten wiederholen sich, Doris. Wir sind vorhin bei einem Thema hängen geblieben, als deine Mutter dazwischenkam.«
    Doris sah Anke fragend an, und die berichtete, emotionslos, fast wie ein Reporter:
    »Ich war schwanger. Es war der 2.   September, als ich den Schwangerschaftstest gemacht habe. Positiv. Ich hatte keine Ahnung, was ich empfinden sollte, aber das brauchte ich auch nicht. Weil meine Mutter den Test gefunden hat. Und genauso schnell und effektiv wie du es erledigt hast, Doris, |263| hatte auch meine Mutter einen Plan für mich. Ratzfatz war die Geschichte erledigt. Bevor ich mich besinnen konnte, war alles wieder auf null. Als ich danach wochenlang Blutungen und Depressionen hatte, erklärte meine Mutter das der Familie mit einem üblichen Frauenleiden. Niemand hat nachgefragt.« Für einen Moment stockte ihre Stimme, dann sagte sie leise: »Versteh mich bitte nicht falsch, Doris, aber ich kann heute meine Mutter noch nicht in den Arm nehmen. Sie hat es für sich gemacht. Um mich ging es dabei nie.«
    Eine Träne lief Doris über die Wange, sie wusste selbst nicht, ob vor Mitleid für Anke oder aus Scham über sich.
    Katja beugte sich vor, griff nach der einen Pikkoloflasche und sagte: »Bevor ihr euch weiter zerfleischt: Es bringt nichts. Für dich, Anke, ist das alles sicherlich furchtbar gewesen, aber es ist so lange her. Und du Doris: Vielleicht lernst du doch noch, dass man nicht alles im Leben kontrollieren muss. Und vielleicht gibt es doch noch ein Happy End und dein verlorener Sohn kommt morgen zu deinem Geburtstag. Und alles wird wieder gut.«
    Elektrisiert fuhr Doris hoch. »Wie kommst du darauf?«
    »Keine Ahnung.« Katja hob die Schultern. »Aber so ein runder Geburtstag ist doch immer irgendwie Pflicht.«
    Ratlos lehnte Doris sich wieder zurück. »Das glaube ich kaum. Na ja, ist auch egal.« Sie biss sich auf die Unterlippe und dachte nach. Dann sagte sie: »Das ist auch ein Grund, warum mir dieser Geburtstag so bevorstand.«
    »Weil du Angst hast, was die Leute sagen, wenn deine Familie nicht komplett ist?« Katja sah Anke vielsagend an. »Hören wir da Margret Goldsteins Stimme?«
    »Nein. Weil ich Angst davor habe, wie ich mich fühle, wenn er tatsächlich nicht kommt.«
    |264| Doris wandte sich zu Anke.
    »Von wem warst du damals eigentlich schwanger?«
    »Das ist doch egal. Ein One-Night-Stand. Der Mann hat es noch nicht einmal richtig mitbekommen.«
    Doris bekam große Augen. »So etwas hast du gemacht? Ausgerechnet du? Das glaube ich nicht.«
    »Warum nicht?« Anke bekam vor lauter gespielter Lässigkeit fast Nackenschmerzen. »Ihr

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