Bei Interview Mord
ich nicht warten.
»Bioenergetik«, wiederholte ich. »So viele Therapeuten wird es dafür in Forsbach nicht geben. Forsbach gehört zu Rösrath, oder? Ich habe leider kein Telefonbuch von Rösrath zur Hand.«
»Kein Problem, Herr Rott. Ich recherchiere für Sie. Bleiben Sie bitte kurz in der Leitung.«
Meine Güte, dachte ich, als ich wieder der Musik zuhörte. Das ist ein Service.
Es dauerte eine Weile, bis sich die Frau wieder meldete. »Ich habe hier eine Adresse. Bioenergetik in Forsbach. Die Dame heißt Asja Andrea Tesch.«
Ich schrieb die Adresse auf, bedankte mich und drückte auf den roten Knopf.
Ich arbeitete mich durch den morgendlichen Verkehr nach Bensberg, bog dort rechts ab nach Rösrath und folgte der sanft geschwungenen Straße, die durch den Wald führte. Schließlich waren die ersten Häuser von Forsbach zu sehen. Frau Tesch wohnte gleich am Ortseingang. Ich lenkte den Golf von der Hauptstraße weg in ein Wohngebiet und brauchte nicht lange zu suchen. Auf der Straße parkte Juttas Motorrad.
Eine niedrige Natursteinmauer säumte das Grundstück. Dahinter erhob sich eine knorrige Eiche. Ihr Laub verbarg den größten Teil eines schrägen dunklen Daches, das gleich über dem Erdgeschoss begann. Unten im Schatten, nur wenige Meter vom Stamm entfernt, ragte ein steinerner Kreis aus dem Rasen. Er erinnerte an eine Brunneneinfassung. Blühende Pflanzen wuchsen darin und wucherten über den Rand.
Das schräge Dach beherbergte ein Doppelhaus. Die beiden Hälften waren spiegelbildlich angelegt, sodass in der Mitte direkt nebeneinander die beiden Eingänge lagen. Die Haustüren waren sich so ähnlich wie eineiige Zwillinge. Jedes Detail lag doppelt vor mir: die Steine, die sich um den Eingang schmiegten, das schmale Vordach, das von hölzernen Balken getragen wurde, das gelbliche, gewölbte Glas. Zu jeder Tür führte ein Weg aus Natursteinplatten. Frau Tesch wohnte auf der linken Seite, wo die Eiche stand.
Ich klingelte und wartete. Niemand kam an die Glastür, und ein Summer ertönte auch nicht. Ich klingelte noch einmal, aber es geschah immer noch nichts.
Ich überlegte, ob dies hier vielleicht die Privatadresse der Bioenergetikerin war. Ihre Praxis konnte ja woanders sein. Doch dann hätte Juttas Motorrad hier nicht gestanden. Sollte ich eine Telefonzelle suchen und noch mal versuchen, Jutta auf dem Handy anzurufen? Nein, es war sicher besser, hier auf sie zu warten. Irgendwann musste sie ja zu ihrem Motorrad zurückkommen.
Ich kehrte zur Straße zurück und zündete mir eine Zigarette an. Alles war menschenleer. Hinter den Häusern, wo die Durchgangsstraße lag, rauschte der Verkehr. Ab und zu konnte ich das Ächzen eines Busses hören.
Ich rauchte, ging auf der Straße auf und ab und entschloss mich dann, mich ins Auto zu setzen. Das Gefühl, aus den vielen Fenstern der Wohnhäuser beobachtet zu werden, wurde mir zu intensiv.
Ich machte es mir auf dem Fahrersitz bequem und drehte die Lehne ein Stück nach hinten, bis ich das Gefühl hatte, mich in einem Liegestuhl zu fläzen. Es war entspannend, aber trotzdem wurde ich die innere Unruhe nicht los. Was würde Jutta zu der Idee sagen? Würde Radio Berg mitspielen? Wenn ja, hatte ich plötzlich das erreicht, was ich mir von Anfang an gewünscht hatte. Einen Auftritt im Radio. Werbung. Berühmtheit. Neue Aufträge. Aber ich musste die Chance auch nutzen. Kompetent auftreten. Wie jemand, der Bescheid wusste.
Ich zwang mich zur Ruhe, stierte auf die Straße und ließ auf diese Weise eine halbe Stunde vergehen. Dann hielt ich es nicht mehr aus, verließ den Golf, schloss ab und ging noch einmal zum Haus hinüber. Ich klingelte, und diesmal ertönte ein Summer.
Die Klingel von Frau Tesch war die obere gewesen, und so stieg ich die Treppe hinauf in den ersten Stock. Eine platinblonde Frau mit freundlichem, ovalem Gesicht stand vor der Wohnungstür.
»Ja bitte?«, sagte sie.
»Mein Name ist Rott«, sagte ich. »Ist Frau Ahrens bei Ihnen?«
Die Frau drehte sich um und wollte etwas sagen, aber da kam schon Jutta hinter ihr in den Türrahmen.
»Remi«, rief sie verwundert. »Was machst du denn hier?«
»Ich suche dich«, sagte ich. »Und jetzt habe ich dich gefunden. Ich muss mit dir reden. Dringend.«
Jutta ging gar nicht darauf ein. »Das ist mein Neffe Remigius Rott«, sagte sie zu der blonden Frau.
»Oh«, rief Frau Tesch aus. »Ich habe schon viel von Ihnen gehört. Das ist ja toll, dass ich Sie auch mal kennen lerne. Kommen Sie doch bitte
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