Bei schlechten Noten helfen gute Eltern
Fehler hat, dann fragen sich Eltern oder Lehrer: »Was ist mit dem Kind los?« Der Vorteil dieser Frage ist, dass sie Hinweise auf Verbesserungsmöglichkeiten geben kann, wie zum Beispiel, wenn ein Kind eine schlechte Note hat, weil es sich nicht gut vorbereitet hat. Daraus ergeben sich unmittelbar Konsequenzen, um für die Zukunft besser gewappnet zu sein, indem sich das Kind besser auf Prüfungen vorbereitet.
Der Nachteil dieser Frage ist, dass sie die Verantwortung für den Misserfolg einseitig in das Kind hineinverlegt. Ob es zu wenig gelernt hat oder ob es zu wenig begabt ist, all diese Fragen führen zu Spekulationen darüber, was mit dem Kind nicht stimmen könnte.
Stellen Sie sich bitte ganz kurz vor, Sie wären beim Hochsprung-Training. Sie sind Anfänger. Der Trainer lässt die Latte auf 1,75 m legen. Was geht Ihnen durch den Kopf? Vielleicht: »Was ist das für ein Trainer?« Warum würden Sie das denken? Weil offensichtlich ist, dass er Ihre Lernvoraussetzungen völlig falsch erkannt hat und ein Lernarrangement aufgestellt hat, an dem Sie unweigerlich scheitern müssen. Damit das nicht geschieht, arrangiert ein guter Hochsprungtrainer Trainingssituationen so, dass sein Schüler sie zumindest gerade noch bewältigen kann.
Ähnliches gilt für Eltern, die ihr Kind bei Lernen, Hausaufgaben und Schule fördern möchten.
Sehen Sie sich als Arrangeur von Lernsituationen. Und zwar solchen, die Ihrem Kind Erfolgserlebnisse ermöglichen.
Wie könnte das konkret aussehen?
• In Bezug auf Hausaufgaben könnte das bedeuten, sie in kleine, überschau- und bewältigbare Schritte zu unterteilen.
• In Bezug auf Vokabellernen würde das bedeuten, jeweils nur wenige neue Vokabeln abzuhören und dazwischen immer wieder solche einzustreuen, die das Kind bereits beherrscht.
• In Bezug auf Kopfrechnen üben, könnten Sie Ihr Kind für jede richtige Rechnung einen Strich machen lassen. Und es am Schluss die richtigen Lösungen zusammenzählen lassen. Sie könnten sogar den Lernverlauf über mehrere Tage dokumentieren, indem Sie für jeden einzelnen Tag an Ihrem PC ein entsprechendes Diagramm erstellen, das die Anzahl der richtig gelösten Aufgaben abbildet.
Wenn Eltern das Vertrauen in ihr Kind verloren haben
Aber, trotz aller Hilfe und trotz allen guten Willens kommen Eltern manchmal zur Ansicht: »Das schafft mein Kind nie.« Das ist nachvollziehbar, stellt aber ein massives Hindernis dar.
Stellen Sie sich bitte kurz vor, Ihr Chef würde Ihnen offen Ihre beruflichen Kompetenzen absprechen. Dann würden Sie sich vermutlich sagen: »Warum soll ich mich da noch anstrengen?« Und wären auf Ihren Chef ganz schlecht zu sprechen.
Genauso reagiert ein Kind, wenn es spürt, dass seine Eltern an seine Fähigkeiten, zu lernen und seine Hausaufgaben zu machen, nicht mehr glauben.
Nach lang anhaltenden Hausaufgaben- und Lernproblemen ist es kein Wunder, wenn Eltern den Glauben an die Lernkompetenz ihres Kindes verloren haben. Dann können sie aber das hier beschriebene Vorgehen nicht anwenden. Denn die Vertrauens- und Kooperationsbasis zwischen den Eltern und ihrem Kind ist beschädigt. In diesem Fall müssen die Eltern zuerst ihre Haltung ändern. Das gelingt am besten mit fachlicher Unterstützung, wie zum Beispiel ein Gespräch mit einem Beratungslehrer oder einem Schulpsychologen. In einem solchen Fall haben die Betroffenen schon alles Erdenkliche versucht. Aber leider ohne den gewünschten Erfolg.
Kinder und Jugendliche spüren genau, ob ihnen ihre Eltern etwas zutrauen oder nicht.
Die elterliche Überzeugung, dass ihr Kind seinen Weg schon gehen wird, ist ein Schlüsselfaktor für die Kompetenzentwicklung jedes Kindes.
Kapitel 6
Ihr Weg zum Lern-Coach
1 In Zukunft werde ich besser lernen
Für Kevins Eltern ist jetzt das Maß endgültig voll. Nach einer Serie von schlechten Noten melden sie Kevin beim Beratungslehrer der Schule an. Herr Graf lädt Kevin und dessen Eltern zu einem gemeinsamen Gespräch. Dort verspricht Kevin hoch und heilig: »Ich werde jetzt in Zukunft mehr lernen und die Hausaufgaben machen.« Ein Schritt in die richtige Richtung. Dachten die Erwachsenen.
Am nächsten Tag setzt sich Kevin tatsächlich, sogar ohne zu murren, an seine Hausaufgaben. Und am nächsten Tag auch. Und die nächsten Tage auch. Seine Eltern glauben schon an die Wende. Leider sollen sie sich täuschen. Denn einige Tage später lässt Kevins Einsatz bei den Hausaufgaben nach und wieder einige Tage später
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