Bei Tag und Nacht
Ihr staubiges Reisekleid war bis über ihre Knie hochgerutscht und verknautscht und fleckig vom Schweiß.
»Bis morgen früh geht’s mir wieder gut!« Natürlich war das eine dreiste Lüge. »Aber danke, daß du mich geweckt hast.«
»Komm her und dreh dich um«, brummte er. Sie wollte ihm erklären, daß sie seine Hilfe nicht brauchte, war aber zu müde für eine Auseinandersetzung. Adrian öffnete die Knöpfe an ihrem Kleid mit demselben Geschick wie in der Nacht im Thermalbad, wo sie sich geliebt hatten. Es beunruhigte sie, daran zu denken, wie geübt er mit Frauen umgehen konnte; gleichzeitig kreisten ihre Gedanken um jenen Abend, um die intimen Dinge, die sie getan hatten; und das köstliche Gefühl, als er in ihr gewesen war.
Sie wies die unerwünschten Erinnerungen von sich und hoffte, er möge die Röte in ihren Wangen nicht bemerken.
»Zieh dir morgen etwas Bequemeres an«, empfahl er und zog das Kleid mit schnellen, entschiedenen Bewegungen von ihren Schultern. Als sie nur noch im dünnen Unterrock vor ihm stand, wandte er den Blick ab, konzentrierte ihn auf irgendeinen Punkt an der Wand.
»In die Wanne mit dir«, sagte er im Befehlston. »Und schlaf nicht ein darin. Ich komme noch einmal nachsehen vor der Nachtruhe.«
Mit einem müden Seufzer sah Elissa ihn aufrechten Ganges enteilen, die breiten Schultern gereckt, die schmalen Hüften entschlossen in Bewegung - so typisch für ihn! Er war wirklich eine sehr männliche Erscheinung. Entschieden zu arrogant, zu fordernd, und doch fand sie gerade diese Eigenschaften bei ihm reizvoll. Es war Wahnsinn, einen solchen Mann zu lieben, doch das Gefühl wollte einfach nicht weichen.
Elissa seufzte noch einmal angesichts ihrer Lage, zog das lange Hemd aus, ließ sich in die Wanne sinken und lehnte den Kopf an den Rand. Sie nahm sich vor, nicht lange darinzubleiben; aber es war so angenehm, den Staub abzuwaschen, und die feuchte Wärme linderte das Ziehen in ihrem Rücken und ihren Schenkeln.
Als der Colonel später prüfend zur Tür hereinschaute, war sie schon unter der Decke und fast eingeschlafen. Was immer er für sie empfinden mochte, er sorgte sich um sie. Wohlig räkelte sie sich, als ihr das klarwurde.
17
Adrian postierte sich an ihrer Tür, sah, wie sich ihre Augen erschöpft schlossen, horchte, bis ihr Atem gleichmäßig ging in friedlichem Schlummer. Ihr goldblondes Haar, noch feucht vom Bad, ringelte sich in weichen Löckchen um ihr Gesicht, ihre Hände hielten die Decke fest hochgezogen. Ihr Körper war schützend zusammengerollt, als wollte sie so allen Gefahren trotzen.
Die einzige Gefahr, die jedoch in der behaglichen Herberge lauerte, war er selbst. Am liebsten wäre er zu ihr geeilt, hätte die leichte Wolldecke zurückgezogen und sich neben sie gelegt. Wie gerne hätte er sie langsam und sinnlich geliebt wie damals an dem Abend im Thermalbad!
Nur selten hatte er eine ganze Nacht bei einer Frau verbracht. Gewöhnlich wollte er sie lieber rasch wieder loswerden, wenn sein Verlangen gestillt war. Er erwachte nicht gern bei einer Frau, haßte es, wenn sie ihn dann mit diesem Blick ansah, als erwarte sie irgendwelche Liebesschwüre - wenn er doch nicht mehr empfand als Dankbarkeit dafür, daß er ihren Körper hatte benutzen dürfen.
Und doch schwebte ihm jetzt, als er Elissa ansah, die Phantasie vor, sich tief in sie zu versenken, um sein Verlangen zu stillen . .. dann später wieder zu erwachen, wenn ihr schlanker Körper sich an ihn drückte, und sie im weichen Licht der Morgendämmerung noch einmal zu lieben.
Aber das kam leider nicht in Frage. Er hatte sie schon zu oft bedrängt und von ihr gefordert, sich ihm hinzugeben, hatte sie besessen, ohne sich groß um ihre Gefühle zu kümmern. Das würde er nicht wiederholen. Sie sollte es selber auch wollen, auch ihr Verlangen nach ihm unbezwingbar sein.
Dazu würde es wahrscheinlich nicht kommen, und falls doch, war er sich nicht sicher, ob ihm die Folgen gefallen würden. Es lag ihm nicht, sich festzulegen. Er wußte, daß er niemals heiraten würde, und Elissa gegenüber war es nicht fair, sie zu benutzen und dann fallenzulassen.
Und doch wurde es ihm schon allein bei ihrem Anblick immer ganz merkwürdig zumute. Dann begann sein Blut zu pochen, sammelte sich tief unten in seine Lenden, und sein Schaft meldete sich hartnäckig. Verdammt, es gab Zeiten, da wünschte er, ihr nie begegnet zu sein. Aber wie Jamie schon bemerkt hatte, brauchte er sie. So ungern er es auch zugab, ihr Plan
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