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Bei Tag und Nacht

Titel: Bei Tag und Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Martin
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können, daß es ihm gutging.
    »Hast du Hunger?«
    »Wie ein Bär!«
    Vergnügt nahm er ihren Arm und führte sie hinunter in den Speiseraum, wo sie sich an einen schweren Holztisch in der Ecke setzten. Der Wirt, ein blonder Hüne mit Schnurrbart und einem Mozartzopf, brachte ihnen ihr Abendessen in Form von Schweinebraten mit Semmelknödeln, über den sie sich nach dem anstrengenden Tag mit großem Appetit hermachten.
    Unter den Wimpern hervor betrachtete Elissa Adrian beim Essen. Er hatte den Rock halb aufgeknöpft, und durch die Öffnung wurde seine sonnengebräunte Kehle sichtbar. Dort sah sie seinen Puls schlagen und wünschte sich, die Lippen darauf drücken zu können. Als er einen Krug Bier vor sie stellte, spannte sich die Jacke über seinen breiten Schultern, und ihr fiel wieder sein schöner Körper ein, wie er in der Nacht so ausgestreckt auf dem Boden gelegen hatte.
    »Mit etwas Glück«, ließ er sich nun vernehmen und lenkte ihre Aufmerksamkeit ab von der gefährlichen Richtung, in die sie gewandert war, »finden wir morgen deinen Bruder. Und Becker natürlich!«
    Elissa schluckte das Stück Knödel hinunter, an dem sie gekaut hatte. »Ich habe nachgedacht, Adrian. Was ist mit Steigler? Er muß doch mißtrauisch werden, wenn er uns zusammen sieht. Ganz sicher wird er sich fragen, warum die Gräfin von Langen dem Heer folgt - und zwar in deiner Begleitung.«
    Adrian nahm einen tiefen Zug aus seinem Krug. »Steigler ist Hiller und seinen Truppen zugeteilt worden. Sie sind von Landshut aus nach Südosten aufgebrochen und werden Wien auf einem anderen Weg erreichen. Steigler braucht uns also für eine Weile nicht zu beunruhigen.«
    Sie entspannte sich etwas, als sie das vernahm. Müde, wie sie waren, beendeten sie ihr Essen ohne weitere Konversation und verbrachten die Nacht, wie bisher, getrennt. Seltsamerweise fuhr es ihr durch den Kopf, daß ihr die Schenke mit den lüsternen Männern und der schäbige Schlafraum gestern irgendwie lieber gewesen war, wo Adrian neben ihr auf dem Boden geschlafen hatte.
    Die Sonne stand wie ein glühender Ball im Westen, als sie über eine Hügelkuppe außerhalb des Orts Weitra ritten. Elissas Augen weiteten sich angesichts des Menschenmeers, das wie ein bunter Teppich unter ihr die Landschaft bedeckte.
    »Himmel, wie viele sind das?«
    »Der Erzherzog hat seine Truppen geteilt, also vermutlich siebzig- bis achtzigtausend Mann. Von hier aus schwer zu sagen...«
    »Achtzigtausend«, flüsterte sie voller Ehrfurcht angesichts der vielen Soldaten, Pferde, Zelte und des ganzen dazugehörigen Heerlagers. Wagen mit Vorräten, Kanonen, Flaggen, die in der Brise flatterten, Tornister und Musketen der Soldaten und sogar Musikinstrumente waren auszumachen.
    Schlachtmüde Männer, viele von ihnen mit blutigen Verbänden, saßen in formlosen Gruppen um Kochfeuer, kümmerten sich um Pferde und Ausrüstung oder hockten mit ihren Bechern auf Holzkisten und würfelten, um sich die Zeit zu vertreiben.
    Als sie den Hang hinunterritten, wurde ihr klar, daß Adrians Scharlachrot hier wirklich kaum auffallen würde. Die Männer trugen die abenteuerlichsten Kombinationen: das einzige, was an Adrians Uniform vielleicht ins Auge stieg, war ihre Sauberkeit.
    Elissas kleine Stute folgte dem großen Hengst vorsichtig durch herumliegende Sättel und Zaumzeug, Säbel und Musketen, Zelte und hölzerne Feldküchen. Die Luft war erfüllt von Schweiß und Pferden, dem Geruch frischgeölter Waffen und den Rückständen von Schießpulver.
    Es schmerzte sie beinah zu sehen, wie erschöpft die Männer wirkten. Hagere Gesichter mit ungekämmten Bärten sahen ihnen aus hohlen, eingesunkenen Augen nach. Sie wünschte, sie könnte ihnen helfen; doch die ungeheure Menge der Soldaten schüchterte sie kolossal ein. Angesichts der gefurchten Gesichter wurde die Sorge um ihren Bruder wieder wach.
    Einmal hielten sie in einem Kreis von Zelten, wo Adrian nach einem für Frauen abgegrenzten Bereich fragte; er hoffte, einige von ihnen bei der Arbeit für ihre Männer anzutreffen. Ein paar Minuten später hielt er neben einem kleinen Grüppchen von Kochfeuern an, wo mehrere Frauen mit Feuerholz und Wassertragen beschäftigt waren, um das Abendessen vorzubereiten.
    »Ich muß kurz weg, um dem Erzherzog Bericht zu erstatten und unser Pläne wegen Becker zu besprechen.«
    »Wirst du ihm von unserem Verdacht erzählen?«
    Er nickte. »Inzwischen weiß er, daß es einen Verräter gibt. Hoffentlich ist er froh, unsere Hilfe zu

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