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Bei Tag und Nacht

Titel: Bei Tag und Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Martin
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Worte der Vicomtess hatten ihren Gefühlen einen Dämpfer aufgesetzt. Sie mußte ihr Herz vor noch mehr Leiden unbedingt schützen.
    In einem bezaubernden Salon auf der Rückseite des Hauses erwartete sie ihn voller Spannung - sosehr sie sich auch bemühte, distanziert zu wirken. Von den Fenstern aus hatte man einen Blick auf die Ziergärten, deren Pfade von Fackeln erleuchtet waren. Ein Marmorspringbrunnen, gekrönt von einer Putte, ließ sein Wasser in ein moosiges Becken plätschern.
    Sie wandte sich vom Fenster ab, als seine schweren Schritte ertönten, sah seine gefurchte Stirn und die starre Haltung seiner Schultern, mit der er auf sie zukam. Seine Züge wirkten wie aus Granit, und seine Augen hatten sich verdunkelt. Irgend etwas war nicht in Ordnung, und so töricht es auch sein mochte, ihn gern zu haben - so sehr sie sich dagegen wehrte -, zog sich doch ihr Magen zusammen vor Sorge um ihn. Eisern kämpfte sie gegen den Drang an, ihm entgegenzufliegen und ihre Arme um seinen Hals zu schlingen.
    »Was gibt es?« fragte sie. »Schlechte Nachrichten?«
    »Erzherzog Karl ist in Ratisbon aufgerieben worden. Er selbst war auf dem Weg nach Norden über die Donau und hatte Wachen in der Stadt zurückgelassen sowie die Kavallerie. Aber Napoleon befahl Lannes, die Mauern zu stürmen. Am Ende des Tages war die ganze Stadt samt ihrer neun Bataillone von Verteidigern in die Hände der Franzosen gefallen.«
    »Die Kavallerie?« flüsterte sie, und voller Entsetzen dachte sie an ihren Bruder. »Welche Regimenter waren dabei?« Erbarmen, hoffentlich war er nicht gefallen!
    »Ich weiß es noch nicht. Wir haben nur ganz kurzen Rapport erhalten.«
    »Und ... und gab es große Verluste?«
    »Vielleicht tausend Mann. Aber dem Erzherzog gelang die Flucht. Er hat die Donau überquert und wird einen Ort finden, um seine Truppen neu zu organisieren.«
    Angst breitete sich in ihrem Inneren aus. »Kann man nicht herausfinden, ob Kinskys Kavallerie an den Kämpfen beteiligt waren?«
    »Noch nicht, aber bald werden wir mehr wissen.«
    Elissa war plötzlich gebeugt, Tränen brannten in ihren Augen und begannen, über ihre Wangen zu rollen. »Zwar habe ich mir Sorgen gemacht, aber bisher schien alles so weit entfernt. Vielleicht ist mein Bruder tot, und ich habe beim Kaffee im Salon gesessen und mit irgendwelchen Frauen über Kleidermoden geplappert.« Sie rang die Hände. »Ich kann das nicht ertragen, Adrian. Einen Bruder habe ich schon verloren - ein zweiter wäre einfach zuviel!«
    Adrian zog sie in seine Arme, und sie ließ es zu, wußte, daß sie protestieren sollte. Sie schmiegte sich an seine Brust, die rauhe Wolle seines Rocks tröstete sie.
    »Du wirst ihn nicht verlieren«, beschwichtigte er. »Es gibt keinen Grund, das Schlimmste anzunehmen. Wenn ich geahnt hätte, daß diese Nachricht dich so treffen würde, hätte ich dir nichts davon gesagt.«
    Elissa schüttelte den Kopf. »Ich hätte es sowieso erfahren. Die Herzogin hat ein ganzes Netz von Berichterstattern, die für solche Dienste bezahlt werden.«
    »Es geht ihm bestimmt gut, Elissa. Darauf mußt du vertrauen.«
    Sie nickte, wußte, daß er recht hatte, daß es Peter nichts nützte, pessimistisch zu sein. Energisch löste sie sich von Adrian, und er wischte mit dem Handballen die Tränen von ihren Wangen.
    »Entschuldige«, sagte sie und nahm sein Taschentuch entgegen. »Ich mache mir nur solche Sorgen um ihn.« Sie hob den Blick zu seinem Gesicht, sah die Kraft darin, die Entschlossenheit, und so faßte sie ebenfalls wieder Mut. »Wir müssen Becker aufspüren. Der Himmel weiß, welche Rolle der Falke bei der ganzen Sache gespielt hat. Es gilt keine Zeit mehr zu verlieren.«
    Adrian griff nach ihren Schultern. »Hör mir zu, Elissa. Napoleon marschiert auf Wien zu. Wir wissen im Augenblick nicht, ob Erzherzog Karl ihn aufhalten kann. Wenn du jetzt aufbrichst, und zwar via Italien, kannst du immer noch sicher nach England gelangen.«
    »Ich sagte doch, daß ich bleibe.«
    »Verdammt, es ist einfach nicht sicher genug für dich hier.«
    »Auch nicht für meinen Bruder oder für dich ...«
    »Das ist etwas anderes.«
    »Warum, weil ich eine Frau bin? Ich kann helfen, einen Verräter dingfest zu machen. Deswegen bin ich hergekommen. Und ich werde Becker finden, ob du nun mitmachst oder nicht!«
    Er richtete sich ganz auf, sah wütend und gefährlich aus; und überwältigend attraktiv.
    »Und wie, wenn ich fragen darf, gedenkst du dich an Becker heranzupirschen? Die Truppen

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