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Bei Tag und Nacht

Titel: Bei Tag und Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Martin
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klang gut, und sie war in Sicherheit, solange er in ihrer Nähe weilte.
    Das schuldete er ihr, da er ihr ja die Jungfräulichkeit genommen hatte. Und er wußte, wieviel es einem jungen Mädchen bedeutete. Viel schwerer fiel es ihm, sich vorzustellen, wie tief sie den Verlust ihres Bruders empfand und welch engen Bande sie an ihre Familie knüpften. Eine solche Liebe hatte er nie gekannt. Der Verlust seines Bruders und seiner Eltern hatte ihn traurig gemacht - aber nur dahingehend, wieviel Kälte sie in ihrem Leben verbreitet hatten.
    Er warf noch einen Blick auf Elissa, spürte das Ziehen des Begehrens, sein unendliches Verlangen nach ihr, und es gefiel ihm nicht, wohin seine Gedanken wanderten. Wenn sie ihre Aufgabe einmal erfüllt hatten, würde er sie nach Hause schicken und froh sein, daß sie fort war. Zumindest redete er sich das ein, als er sein einsames Lager aufsuchte.
    Am kommenden Tag überquerten sie bei Krems die Donau. Es war eine geschäftige, von einer gewaltigen Mauer geschützte Stadt mit kleinen Gäßchen und Häusern im Stil von Barock und Rokoko. Hier gab es lebhaften Weinhandel, denn die steilen Weinberge der Umgebung lieferten einen der besten Tropfen von Österreich. Auf dem Hohen Markt wurde gerade irgendein Theaterstück gegeben, eine Komödie.
    Elissa warf einen sehnsüchtigen Blick hinüber und wünschte, sie könnten zuschauen; aber Adrian wollte nicht verweilen. Sie tränkten die Pferde, kauften Proviant ein für unterwegs und ritten dann Richtung Zwettl in der Hoffnung, unterwegs den Truppen des Erzherzogs zu begegnen.
    »Sie haben bestimmt Verwundete zu versorgen«, erläuterte Adrian später. »Der Erzherzog hat sie wahrscheinlich zur Eile angetrieben; aber ich glaube kaum, daß sie schon bis hierher vorgedrungen sind. Vielleicht treffen wir sie morgen oder übermorgen.«
    Der Abend verlief ebenso wie der vorige, obwohl Elissa nicht mehr ganz so große Schwierigkeiten und Schmerzen hatte. Wie von Adrian vorausgesehen, gewöhnte sich ihr Körper an die vielen Stunden im Sattel. Die Herberge, in der sie übernachteten, lag an einer Kreuzung, weit ab von jeder Siedlung. Es war eigentlich eher ein Wirtshaus als eine Herberge, mit ziemlich abgenutzten Möbeln und Staub in den Ecken. Es gab lediglich zwei Zimmer im ersten Stock, und obwohl Adrian sie beide hätte haben können, nahm er nur eines.
    Sie vermutete, daß es mit den Blicken der Männer in der Schenke zu tun hatte, die sie nur allzu dreist anstarrten. Ungeachtet all der Blicke und lüsternen Scherze stieg sie vor Adrian die Treppe hinauf und betrat den schäbigen kleinen Raum, den Adrian gemietet hatte.
    »Du kannst im Bett schlafen«, sagte er. »Ich mache mir ein Lager auf dem Boden.«
    Das Bett wirkte auch nicht viel einladender als der Rest des Zimmers: eine klumpige Strohmatratze auf einem brüchigen Holzrahmen und durchhängenden Bändern; aber sie war so müde, daß sie das nicht kümmerte. Ihr Kopf pochte schmerzhaft, und die Muskeln in ihrem Rücken und ihren Beinen waren hart und verkrampft.
    Aber sie hatte auch Hunger, und ihr Magen knurrte so laut, daß sie sicher war, Adrian hörte es.
    »Was ist mit Abendessen?« fragte sie. »Mein Hunger übertrifft sogar meine Müdigkeit, und der Wirt sieht nicht so aus, als würde er uns etwas heraufbringen. Wir werden wohl unten essen müssen.«
    Adrian schüttelte den Kopf. »Ich werde dir eine kleine Mahlzeit servieren und selber unten essen. Vielleicht erfahre ich etwas Neues vom Krieg oder der Armee.«
    Sie lächelte dankbar, weil sie sich den unmißverständlichen Blicken der Männer nicht auszusetzen brauchte. »Danke.«
    In der gesprungenen Schüssel auf dem Toilettentisch wusch sie sich, so gut es ging, und aß dann die Portion Gulasch mit hartem Brot zu einem Glas Wein, was er ihr brachte.
    »Schließ die Tür ab, solange ich unten bin. Öffne nur mir!«
    Elissa gefiel der Ort auch nicht besser als ihm, aber Angst hatte sie eigentlich nicht, solange Adrian erreichbar war.
    Sie zog den einfachen braunen Rock und das ungebleichte
    Musselinhemd aus, die sie an diesem Tag getragen hatte - unterdessen ging ihr Adrians neue steife Förmlichkeit durch den Sinn. Ob er sie wohl noch begehrte? Eigentlich hätte sie es nicht mehr geglaubt, wenn nicht diese seltsame Hitze in seinem Blick glühen würde, mit der er sie immer wieder ansah, wenn er sich unbeobachtet glaubte.
    Es war schwierig, ihn zu durchschauen. Da sie die Rolle seiner Gespielin übernommen hatte, könnte er ja die

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