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Bei Tränen Mord: Roman (German Edition)

Bei Tränen Mord: Roman (German Edition)

Titel: Bei Tränen Mord: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Lauriel
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mümmelnde, alte Knorz ein Schuhgott

    Ich öffne
den Deckel und muss kurz schnaufen, als ich den verletzten Schuh heraushebe und
dann den Absatz.
    Er schnalzt
mit der Zunge. »Mein lieber Mann, was ist denn da passiert? Nein, warten Sie, ich
sage es Ihnen: Sie sind in einem Gitterrost hängen geblieben. Eine Schande!«
    Fast liebevoll
nimmt er den Schuh in seine schmutzigen Hände; ich befürchte schon, dass er schwarze
Flecken darauf hinterlässt, aber offensichtlich sitzt die Farbe nur in den Rillen
seiner Haut, die Schuhe bleiben sauber. Trotzdem fände ich es besser, wenn er sie
mit Glacéhandschuhen anfassen würde. Auch die Zigarre dürfte er zur Seite legen
… Aber so etwas zu verlangen, wäre vermutlich vermessen.
    Er wiegt
nachdenklich den Kopf, legt den Schuh sorgsam zurück und betastet den Absatz. »Also,
das ist eine echte Herausforderung.« Er betrachtet das Leder unter seiner Brille
hindurch, knipst eine kleine Lampe auf dem Tresen an und hält den Absatz darunter,
dann schiebt er mit einer Art Spatel das Leder auseinander. Mir blutet das Herz,
als ich die Fetzchen erkenne, in die es an den Rändern zerfasert ist. Die neuerlich
herabrieselnde Asche macht da auch nichts mehr aus.
    »Ich denke,
den Absatz kann ich wieder aufbauen. Das Innenleben.« Er sieht mich über den Rand
der Brille an. »Wenn nicht, müsste ich ihn ersetzen, das geht zur Not auch. Wird
eine richtige Pionierarbeit werden. So was habe ich lange nicht mehr gemacht.« Er
legt den Absatz hin und lockert seine Finger, dann lässt ein zufriedenes Grinsen
die Furchen in seinem Gesicht noch ein wenig tiefer werden. »Das Leder ist allerdings
hinüber.«
    Ich stöhne.
Ja, das habe ich gerade gesehen.
    »Ich habe
aber noch einen Rest, der wird passen, ganz sicher.«
    »Wirklich?«
Ich wage kaum zu glauben, was er mir da sagt.
    »Ja, Fräulein.
Ich kriege diesen Schuh wieder hin. Der olle Manolo selbst würde keinen Unterschied
sehen.«
    Ich quietsche.
»Sie sind ein Schatz! Wie lange wird es dauern? Wie teuer wird es?«
    Er wiegt
wieder den Kopf. »Na ja, da müssen Sie mir schon ein wenig Zeit lassen. Und ganz
billig wird es nicht.«
    Zu genaueren
Auskünften lässt der Schusterhannes sich nicht verleiten, und so schiebe ich ab,
in dem wunderbaren Gefühl, meine Schätzchen dem Richtigen überlassen zu haben. Und
die Rechnung reiche ich beim Eigentümer des Bürogebäudes ein.
    Beschwingten
Fußes verlasse ich das Lokal und gehe auf dem Bürgersteig neben den Gleisen der
Straßenbahn, die von hier aus nach Saarbrücken fährt, zurück. In meinem Übermut
bemerke ich zu spät, dass von oben eine Radfahrerin herangebraust kommt, die für
einen Fußweg eigentlich viel zu schnell unterwegs ist. Sie schreit kurz auf, muss
ausweichen, wie ich erkenne, als ich herumwirbele, und gerät mit dem Vorderrad in
die in die Straße eingelassene Schiene hinein. Die Frau schreit grell um Hilfe.
In mir wächst die Gewissheit, diese Stimme schon mal gehört zu haben, und der Zwilling,
der immer alles sofort kapiert, stöhnt bereits auf, bevor das Hinterrad in die Luft
schnellt und die Frau sowie den Inhalt ihres Gepäckträgerkörbchens wie ein bockendes
Pferd nach vorn schleudert. Sie fliegt schreiend über den Lenker und prallt auf
dem Boden und den Gleisen auf, das Fahrrad – der Vorderreifen ist noch immer im
Gleis gefangen – landet halb auf der Frau. Gott sei Dank trägt sie einen Fahrradhelm.
Ich bin sofort bei ihr. »Können Sie aufstehen?«
    Jemand kniet
sich neben mir hin und zieht das Fahrrad weg. Jetzt erst bemerke ich, dass es Maurice
ist. Entsetzt sehe ich ihn an, als er fragt: »Ist sie tot?« Sein Gesicht ist seltsam
ausdruckslos.
    »Sie saublöde
Kuh!«, schreit die Frau los, und in diesem Moment erkenne ich ihre Stimme: Es ist
Frau Schnatterbeck die Jüngere. Die Arme hat einen Schock erlitten. Sie steht auf,
als wäre nichts geschehen, wankt kurz, dann schüttelt sie sich. »Sie sin mir in
den Weg gelaufen!« Dann dreht sie sich zu Maurice um. »Oder warst du das, du Depp?«
    »Bitte,
beruhigen Sie sich. Sollen wir einen Krankenwagen rufen?«
    »Nää!«,
blafft sie und bewegt vorsichtig Arme und Beine. In ihrer Sommerhose klafft ein
Loch, dessen Ränder sich rot verfärben. Also hat sie sich auf jeden Fall ein paar
Schürfwunden geholt. Und ganz sicher Prellungen. Sie nestelt an ihrem Helm herum
und zieht ihn aus, betastet ihren Kopf. »Nix passiert«, brummt sie. Sie sucht nach
dem Plastikbeutel, der aus dem Gepäckträger geflogen

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