Bei Tränen Mord: Roman (German Edition)
die sich von der frühen Stunde und
dem bewölkten Himmel nicht haben abhalten lassen. The ›one and only‹ entdecke ich
allerdings – leider, leider – nicht unter ihnen. Nun, er wird sicher an der Saar
laufen und nicht hier zwischen den Käffern. Ich Idiotin hätte ja auch die Richtung
zur Innenstadt einschlagen können. Heute, am Samstag, kommt es eh nicht darauf an,
in welcher Kleidung ich zur Arbeit erscheine. Da wird das alles lockerer gesehen
als unter der Woche, und niemand stört sich an meinen Laufklamotten. Ich beschließe,
dass ich mich über meine Entscheidung, Richtung Altforweiler zu laufen, nicht mehr
ärgern will und stattdessen eben nächstes Mal in die City laufen werde.
Plötzlich
vibriert es in der Tasche meiner Laufhose. In freudiger Erwartung ziehe ich das
Handy raus und sehe auf das Display. Nein, er ist es nicht. Aber meine geliebte
Rebellenschwester. »Kat? Was gibt’s?«
Sie stöhnt.
Ui, das klingt übel.
»Kannst
du mir aus der Apotheke ein Schmerzmittel besorgen? Ich habe solches Bauchweh!«
»Was ist
denn passiert? Hast du dir den Magen verdorben?«
»Nein, nein,
alles ganz normal. In ein, zwei Tagen ist es wieder vorbei. Du weißt schon … Aber
wir haben kein Schmerzmittel im Haus, ich habe ewig keines mehr gebraucht.«
»Was ist
denn mit Susa, kann sie nicht? Ich muss heute arbeiten.«
»Ach so
… Nee, dann lass gut sein, Sis.«
Kat würde
mich ja nicht anrufen, wenn sie mich nicht bräuchte. »Und Susa?«
»Sie hat
die Eier ausgehoben und ist dann zu ihren Eltern gefahren. Da hatte ich noch keine
Schmerzen. Du kennst das ja, sie kommen manchmal anfallartig.«
Ja, ich
kenne das von früher. Als ich noch Jugendliche war, traf mich die Periode immer
wie ein Vorschlaghammer. Ich werfe einen Blick auf meine Armbanduhr. Halb acht.
Vom Stadtzentrum und von Beaumarais bin ich ziemlich weit weg. Kats Hof liegt von
hier aus näher als meine Wohnung. Unterwegs kann ich noch an einer Apotheke im Ort
vorbeilaufen.
»Hör mal,
Kat, wenn du mich nach Saarlouis zurückbringen kannst, dann klappt es noch. Samstags
kann ich auch mal eine halbe Stunde später kommen. Ich bin nämlich grade in deiner
Nähe. Ich hole in der Apotheke die Tabletten und bringe sie dir.«
»Ach, das
wäre super, Kleines. Du kannst auch den Pick-up nehmen, um zur Arbeit zu fahren.«
Obwohl ich
mich wirklich spute, komme ich relativ spät bei Kat an. Ein Auto musste mir ausweichen,
als ich aus der Apotheke stürmte. Der Fahrer hupte wütend, aber ich tat so, als
hätte ich nichts bemerkt.
Kat wirft
dankbar eine Tablette ein und verzieht dabei das Gesicht. Eigentlich mag sie keine
Medizin, ganz gleich, welcher Art. Heute muss es ihr also richtig schlecht gehen.
Ich kann nicht von ihr verlangen, dass sie mich nach Saarlouis bringt, und so einigen
wir uns darauf, dass ich den Pick-up nehme. Vorher rufe ich auf der Arbeit an, um
Bescheid zu geben, dass ich mich verspäte. Das gibt mir die Zeit, doch noch zu Hause
vorbeizufahren und rasch zu duschen.
Auf dem
Rückweg zwingt mich eine Umleitung, eine andere Strecke zu fahren. Anscheinend hat
die Polizei nach einem Autounfall die Straße gesperrt. Somit wird es also noch ein
wenig später, bis ich bei der Arbeit ankomme.
Ein toller
Start ins Wochenende, das durch die Arbeit ja eh schon versaut ist … Aber wenigstens
hat die Sonne jetzt alle Wolken weggebrannt, und es verspricht ein wunderschöner
Saarlouiser Sommertag zu werden. Mein Sweatshirt werfe ich zur dunklen Wäsche –
und hoffe, dass ich es erst im Herbst wieder brauchen werde.
8
Zeugen?
Frank Kraus erlaubte sich, einfach
mal auszuschlafen. Er wollte nicht nachdenken. Nicht über die Todesfälle, in denen
er ermittelte und die allesamt etwas mit Lucy Schober zu tun hatten, nicht über
den gestrigen Unfall, von dem sie ihm erzählt hatte, nicht über die Frage, ob Lucy
möglicherweise unter einer Persönlichkeitsspaltung litt. Außerdem wollte er vergessen,
wie sie gestern Abend reagiert hatte, als er mit der Wahrheit herausgerückt war.
Sicher, es hatte ihn nicht überrascht, dass sie ihn nach seiner Eröffnung, noch
verheiratet zu sein, nach Hause schickte, aber irgendwie hatte er doch eine gelassenere
Reaktion erwartet. Lucy hatte auf ihn bisher ziemlich tough gewirkt, auch wenn sie
innerlich öfter mal hin und her zu schwanken schien. Noch immer faszinierte ihn
ihre Eigenart, gelegentlich in Gedanken zu versinken, als halte sie Zwiesprache
mit sich selbst. Er sprang aus dem Bett und unter die
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