Bei Tränen Mord: Roman (German Edition)
hier
ist mir wichtig.« Er räuspert sich. »Ich habe lange keine solchen Gefühle mehr empfunden.«
»Mir ist
es auch wichtig.«
»Vielleicht
sollten wir es tatsächlich geheim halten. Bis der Fall abgeschlossen ist.«
»Du bist
jetzt befangen, oder? Müsstest du dich von dem Fall zurückziehen?«
»Ja. Aber
ich habe keine Zweifel, dass er bald zu einem Abschluss kommen wird. Was soll noch
groß geschehen? Am Ende wird sich herausstellen, dass es alles Unfälle waren.«
»Na ja,
der Fall Friskeel nicht.«
»Nein, der
nicht.« Er kaut auf seiner Unterlippe herum. »Selbstmord war es aber auch nicht.
Wir haben keinerlei Hinweis darauf gefunden. Ein Mann, der bald heiraten will, tötet
sich nicht selbst, ohne einen Abschiedsbrief zu hinterlassen.«
»Also wird
es vielleicht doch noch dauern, bis alles überstanden ist?«
»Ich weiß
es nicht. Vielleicht ja. Es wäre gut, wenn du in keine weiteren Unfälle mehr verwickelt
wirst. So ein Ausbruch wie heute am Telefon tut dir nicht gut.«
»Ja, ich
weiß«, gebe ich kleinlaut zu. Dann recke ich den Oberkörper. »Morgen gehe ich nicht
zur Arbeit und am Montag hole ich mir einen Krankenschein.«
Frank nickt.
»Vielleicht ist das das Beste.« Er wirft einen Blick auf meinen Wecker. »Ich fahre
jetzt nach Hause.«
Ich lasse
ihn ungern gehen, aber vermutlich ist es besser so. »Sehen wir uns morgen?«
Er küsst
mich zart. »Wenn es geht, ja. Ich melde mich bei dir.«
Meine kleine
Wohnung wirkt leer, nachdem er gegangen ist. Aber der Duft, der darin hängt, und
meine Gefühle für Frank lassen mich in einen wohligen, traumlosen Schlaf sinken.
Alles ist gut.
Sonntagmorgen, und ich werde nicht
zur Arbeit gehen. Ich suche morgen einen Arzt auf, damit ich für ein paar Tage krankgeschrieben
werde. In mir tobt ein heilloses Durcheinander, und ich brauche eine Auszeit vom
Callcenter. Ich bin fest entschlossen, jeden Arzt davon zu überzeugen. Es wäre gemeingefährlich,
mich telefonistisch auf die Menschheit loszulassen, und für mich selbst wäre es
auch gefährlich. Sonst erleide ich ganz sicher einen Zusammenbruch, ein Burn-out
oder so.
Ich beschließe,
den Tag mit einer Joggingrunde zu beginnen. Nach dem wunderschönen Abend und der
ruhigen Nacht fühle ich mich wie neugeboren, und ein bisschen Bewegung und frische
Luft werden mir helfen, das Chaos in meinem Kopf in den Griff zu bekommen. Ich werde
darauf achten, niemandem vor das Auto zu laufen und keinen über den Haufen zu rennen.
Ach was, es wird nichts mehr passieren, ich spüre es.
Ich liebe
einen Mann, und er liebt mich wieder!
Alles andere
wird sich fügen. Ich bin doch keine durchgeknallte Mörderin. In meinem Kopf nimmt
nur noch eine Person Raum ein: Frank. Ich suche ›West Side Story‹ auf meiner Playlist
auf dem MP3-Player und klicke ›Maria‹ an. Okay, ›Frank‹ lässt sich nicht eins zu
eins auf ›Maria‹ übertragen, schon alleine wegen der unterschiedlichen Silbenzahl,
aber das hindert mich nicht daran, bei den Worten ›Maria – say it loud, and there’s
music playing. Say it soft, and it’s almost like praying‹ meinen Frank vor mir zu
sehen. Seinen Namen denke ich unablässig, seinen Duft kann ich riechen, als habe
ich ihn wie ein Parfum aufgelegt. Wer braucht ›Coco Mademoiselle‹, wenn er Frank
Kraus haben kann?
Mein Hochgefühl
steigert sich mit jedem meiner Schritte in der Sommerluft, alle Menschen, die mir
begegnen, lächeln mir zu. Ach, sie sind so liebenswert! Das Leben ist einfach wundervoll.
Frank ist der richtige Mann für mich, das spüre ich mit jeder Faser. In derselben
Hochstimmung komme ich gegen halb zehn nach Hause und sehe, dass das Licht des Anrufbeantworters
blinkt. Immer noch ›Maria‹ summend, drücke ich auf den Knopf.
»Lu, Kat
hier. Susa ist doch schon früher gekommen, und wir würden gerne den Pick-up holen.
Wann geht es bei dir?«
Sofort rufe
ich zurück. »Kommt gleich, wenn ihr wollt.«
Ich springe
unter die Dusche und spüle nun doch ›Eau de Frank‹ von meinem Körper ab, da es sich
inzwischen mit meinem Schweiß zu einer leicht strengen Note entwickelt hat. Ich
werde mir seinen Duft sicher noch heute wieder holen können. Da er ›Coco Mademoiselle‹
so liebt, lege ich es auf, nachdem ich meine Haare geföhnt habe. Zwar warten in
mir zwei liebestolle Zwillinge ungeduldig auf Franks Anruf, aber ich weiß noch nicht,
wann ich ihn wiedersehen werde. Ich nehme an, dass er an seinem freien Tag ausschlafen
möchte. Ich male ihn mir nackt in
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