Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Beifang

Titel: Beifang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
Vom Netzwerk:
nicht so glatt... so etwas schlägt ganz schnell aufs Familienleben durch, mal hat sie gezickt, mal hab ich ein paar Bier zu viel gehabt, und dann war erst mal dicke Luft, manche kommen drüber weg und andere wieder nicht so gut...«
    »Das ist ganz wunderbar, wie Sie das erzählen«, lobte die Anwältin. Aber es war ein Lob in einem Ton, der eine Glasscheibe hätte schneiden können. »Genauso will es dieser Staatsanwalt hören. Aber egal. Warum sind Sie nach Ihrer Ankunft nicht sofort nach Hause gefahren, sondern haben sich erst betrunken?«
    Morny blickte Hilfe suchend zu Berndorf. »Ich hab mir da unten ein Disziplinarverfahren eingefangen. Und wenn ich mit dem hier fertig bin« - er machte eine Handbewegung, als stünde das Besprechungszimmer stellvertretend für seinen ganzen Ärger mit der Justiz - »dann hab ich diesen anderen Scheiß noch immer am Hals.«

    »Was für einen Scheiß?«, hakte die Anwältin nach.
    Morny zuckte mit den Schultern.
    »Warum sagen Sie uns eigentlich nicht, dass Sie sich in einem Bordell geprügelt haben?«, fragte Berndorf. »Dass Ihnen deshalb eine Gehaltskürzung droht? Mindestens. Und dass Sie sich deshalb nicht nach Hause trauten?« Er wartete kurz, dann setzte er nach. »Seit dem Konkurs des Reisebüros, seit Ihre Frau also ihre feste Anstellung verloren hat, war es finanziell doch sowieso schon eng genug. Sie haben es doch gerade selbst gesagt.«
    Morny hob die Hände, ein Zeichen des Protests oder der Auflehnung? Dann ließ er sie wieder fallen. »Ich hatte sechsunddreißig Stunden Dienst hinter mir und wollte mich ganz gemütlich betrinken... aber dann kam diese Hure. Ich hab sie weggescheucht, aber sie hat keine Ruhe gegeben und gefragt, ob sie ihren kleinen Bruder schicken soll, und da hab ich ihr eine gescheuert.« Wieder richtete er diesen Hilfe suchenden Blick auf Berndorf. »Natürlich ging dann der Zauber erst richtig los, bis schließlich die Feldjäger aufkreuzten... ich glaub, ich hab so einer schmierigen Type den Arm gebrochen.«
    »Na fein«, sagte die Anwältin, »wir haben es also amtlich, dass Sie gewalttätig sind. Sollen wir noch immer dem Gericht erklären, dass Sie Ihre Frau nicht umgebracht haben?«
    »Ich war’s nicht.«
    »Dann hören Sie mal gut zu«, holte Dr. Drautz aus. »Wenn Sie’s nicht waren, dann müssen wir den Täter woanders suchen. Folglich müssen wir alles von Ihnen wissen, buchstäblich alles, was auf andere Kontakte, Begegnungen, Beziehungen hindeutet, die Ihre Frau eingegangen ist...« Sie unterbrach sich und betrachtete Morny misstrauisch. »Oder um es einfacher zu sagen: Wann hat Ihre Frau begonnen, abends einen Termin zu haben? Ab wann sind Ihre sexuellen Kontakte seltener geworden? Haben Leute angerufen, die Ihnen unbekannt waren?«
    »Weiß nicht«, antwortete Morny. »Aber das mit dem Sex, da haben Sie recht. Das war früher schon häufiger gewesen als zuletzt …«

    »Na also«, sagte die Anwältin. »Haben Sie einen Briefblock und Schreibzeug in der Zelle?« Er nickte. »Dann setzen Sie sich hin und denken nach und schreiben alles auf, was Ihnen zu Ihrer Frau einfällt. Okay?«
    Sie sah zu Berndorf. Aus dem Umschlag, den er neben sich auf den Tisch gelegt hatte, zog er ein Foto. Die Aufnahme zeigte Fiona Morny im Gespräch mit einer dunkelhaarigen Frau. »Können Sie uns sagen, wer das ist?«
    Morny warf einen Blick auf das Foto. »Wann ist das...?«, wollte er fragen, aber dann schien es ihm einzufallen. »Das war auf dem Silvesterball des Zweiten Korps, natürlich, und diese Frau da ist die Gitte, den Nachnamen weiß ich nicht, Fiona hat sie im Fitness-Studio kennen gelernt...«
    »Welches Studio ist das?«
    »Wie es jetzt heißt, weiß ich nicht«, kam die Antwort. »Aber früher hat es dem SSV gehört und liegt draußen in der Au, ziemlich nahe am Donaustadion...«
     
     
     
    Draußen hatte Regen eingesetzt. Die Anwältin spannte einen Taschenschirm auf, aber eine Windbö fuhr hinein und ließ ihn hochklappen.
    »Was für ein Mist!«
    »Geben Sie ihn mir«, sagte Berndorf und hielt den Schirm gegen den Wind, so dass er in seine richtige Stellung zurückklappte.
    »Wohin jetzt?«
    »Sind Sie mit einem Wagen gekommen?«, fragte Berndorf, mit der einen Hand den Schirm über die Anwältin haltend, mit der anderen seinen Hut sichernd.
    Irgendwo hundert oder zweihundert Meter weiter müsse eine Tiefgarage sein, antwortete sie, da habe sie ihn geparkt.
    »Da kommen zwei in Frage«, sagte Berndorf und wandte sich nach links.

Weitere Kostenlose Bücher