Beifang
setzte sich dem Besucher gegenüber, »dass ich Sie heute hier treffen würde.«
»Wirklich?«, fragte Berndorf.
»Sie waren doch gestern in der Verhandlung«, antwortete der Richter. »Spielen wir eine Partie?«
Nett, dass man Sie auch mal wieder zu Gesicht bekommt«, sagte Dorpat und blieb stehen, die Türklinke zu seinem Dienstzimmer in der Hand. »Sie beginnen ein seltener Gast zu werden, lieber Kollege, wissen Sie das?«
Auch Kuttler war stehen geblieben. »Wie Sie meinen«, antwortete er reserviert.
»Ah!«, sagte Dorpat und ließ die Klinke wieder los. »Man ist reserviert. Unangenehm berührt! Sie müssen entschuldigen, Kollege, wir haben hier gearbeitet, verstehen Sie? Ge-ar-bei-tet. Da vergisst man zuweilen den feinen Ton.«
»Wünschen Sie einen Bericht über meine Arbeit an diesem Nachmittag?«
»Oh! Einen Bericht. Aber ja doch. Schreiben Sie nur. Ist sicher nützlich. Übt die Finger und das Denken.« Er trat einen Schritt auf Kuttler zu. »Dies ist das Dezernat I, Kuttler. Das Dezernat für Kapitalverbrechen, Kuttler. Wir suchen einen Mörder. Vielleicht haben wir ihn sogar schon gefunden, Kuttler. Aber schreiben Sie
ruhig Berichte. Nichts dagegen. Das Alibi des Herrn Vorsitzenden Richters Veesendonk ist bestätigt, oder Sie haben es zerpflückt oder wie?«
»Ich weiß nicht, ob Richter Veesendonk ein Alibi hat«, antwortete Kuttler.
»Tolle Nachricht«, meinte Dorpat. »Aber es hat keine Bedeutung, verstehen Sie?«
Am Ende des Flurs erschien ein grauhaariger, etwas rotgesichtiger Mann: Kuppenheim, der Pressesprecher der Direktion. »Ivo, kommst du mal? Der Chef will wissen, ob wir morgen eine Pressekonferenz geben können.«
Dorpat hob die Hand und ließ sie wieder fallen und ging an Kuttler vorbei den Gang entlang. Kuttler öffnete die übernächste Bürotür und sah sich dem von einem langen Pferdeschwanz geschmückten Rücken der Kriminalbeamtin Wilma Rohm gegenüber.
»Ihr seid weitergekommen?«
Wilma Rohm drehte sich um. »Vielleicht.« Sie nahm einen Ausdruck von ihrem Schreibtisch auf und hielt ihn Kuttler hin. »Lies das mal.« Dann drehte sie sich wieder um, dem Bildschirm zu. Kuttler nahm den Besucherstuhl, setzte sich und las.
Dem Rivalen Heroin untergeschoben
Opfer zu Unrecht verurteilt - Rauschgiftfahnder muss jetzt selbst hinter Gitter
KONSTANZ . Ein Rauschgiftfahnder der baden-württembergischen Polizei ist wegen falscher Verdächtigung und Freiheitsberaubung zu fünf Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden, weil er dem Inhaber eines Konstanzer Eiscafés acht Kilogramm Heroin untergeschoben hatte. Der Fahnder hatte es auf die Freundin des Cafetiers abgesehen, der tatsächlich mehr als zwei Jahre unschuldig in Haft verbrachte.
Der 43jährige Kriminalkommissar hatte sich das Heroin aus einem Depot besorgt, in welchem von der Polizei beschlagnahmtes Rauschgift bis zu seiner
Vernichtung gelagert wird. Er packte das Heroin in eine Sporttasche und stellte sie hinter den Sitzen des offenen Sportwagens ab, der seinem zehn Jahre jüngeren Rivalen gehörte. Anschlie ßend gab er seinen Schweizer Kollegen einen Tipp, die den Italiener noch am gleichen Abend beim Grenzübertritt festnahmen, als er zu seiner Wohnung im schweizerischen Kreuzlingen fahren wollte. In einem ersten Verfahren wurde der Cafetier, der stets seine Unschuld beteuert hatte, zu sechs Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Erst in einem Wiederaufnahmeverfahren gelang seinem Anwalt, dem Münchner Strafverteidiger Jürgen Eisholm, der Nachweis, dass das im Sportwagen gefundene Heroin aus Beständen der Konstanzer Rauschgiftfahndung stammte.
Trotz des Freispruchs in zweiter Instanz für seinen Mandanten und trotz der jetzt erfolgten Verurteilung des Kriminalbeamten erhebt Eisholm weiterhin schwere Vorwürfe gegen die Justiz.
Dass die Strafe für den schuldigen Beamten niedriger ausgefallen sei als die zu Unrecht verhängte gegen seinen Mandanten, zeige einmal mehr, »dass beamtete Rechtsbrecher grundsätzlich mit einem Rabatt rechnen dürfen«.
»Wie hat er das gemacht?«, fragte Kuttler, als er zu Ende gelesen hatte.
»Wie was?«, fragte Wilma Rohm zurück und drehte sich zu ihm um.
»Wie hat er herausgefunden, dass es Heroin aus Polizeibeständen war?«
»Ach das!«, antwortete sie. »Ganz einfach. Er hat entdeckt, dass ein paar Wochen davor genau acht Kilogramm sichergestellt worden waren, und dann musste er nur noch die Gutachten über die chemische Zusammensetzung und den Reinheitsgrad
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