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Beifang

Titel: Beifang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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überquerte einen Fluss und noch einen, vielleicht war es auch derselbe, und stoppte den Wagen auf einem Parkplatz, der vor lang gestreckten, um eine Treppe herum angeordneten Flachdachbauten lag. »Da drüben ist es«, sagte er und wies zu der Treppe und den Pavillons.
     
     
     
    Unmittelbar vor der Schweizer Grenze bog der Beamte, den ihnen der Kripochef zugeteilt hatte, von der Straße nach links ab und stellte den Wagen neben Fahrzeugen der Bundespolizei und des Zolls ab.
    »Ich bring Sie zu dem Lokal«, sagte er und wandte sich zu Dorpat, »aber erwarten Sie sich nicht zu viel. Sawatzke war mein Kollege, der ist nicht blöd, glauben Sie mir, auch wenn er sich von der Mafia hat reinlegen lassen.«
    »Von der Mafia?«, echote Dorpat.

    »Sie haben gehört, was ich gesagt habe«, beharrte der Mann. »Wer hat denn diesen Winkeladvokaten aus München geholt, wenn nicht die Mafia?« Er stieg aus und schlug den Kragen seiner Lederjacke hoch, denn der Wind war frisch.
    Warum, fragte sich Wilma Rohm, muss ein Drogenfahnder, der sich den Kragen seiner Lederjacke hochschlägt, genau so aussehen, wie sich jedermann einen Drogenfahnder vorstellt, der aus dem Wagen steigt und den Kragen hochschlägt?
    »Ich sag Ihnen, wie Sie gehen müssen, aber ich bleibe etwas hinter Ihnen«, fuhr der Mann fort. »In der Ecke hier bin ich zu bekannt.« Er warf einen Blick auf Wilma Rohm und lächelte dabei, ein wenig anzüglich, wie sie fand. »Vielleicht tun Sie so, als wären Sie beide ein Paar.«
    Dorpat nahm Wilmas Arm, diesmal musste sie es sich gefallen lassen. Sie gingen eine Gasse entlang, gelangten zu einer zweiten und kamen dabei an einem indischen Restaurant, einer griechischen Weinstube und einer deutschen Bierkneipe vorbei, die sich »Zur Badischen Republik« nannte. An der nächsten Straßenecke, sagte der Mann hinter ihnen halblaut, sie sollten langsamer machen. »Das Café ist gleich hier.«
    Dorpat blieb stehen und also auch - notgedrungen - Wilma Rohm. Vor sich sah sie eine enge Einbahnstraße, an deren rechter Seite mehrere Autos dicht hintereinander geparkt waren. Links, auf ihrer Seite, sah sie unmittelbar vor sich ein kleines italienisches Café, das übliche Dekor mit Neonleuchten und Tischchen und Stühlchen aus Stahlrohr.
    In einem der rechts geparkten Wagen, einem Mini-Cooper, saß ein Mann, kaum zu sehen, ein wenig sehr unauffällig, warum war er ihr überhaupt aufgefallen?
    »Na«, meinte Dorpat, halb nach hinten gewandt, »wir gehen da jetzt mal rein und knöpfen uns die Bedienung vor...«
    Plötzlich wusste Wilma Rohm, warum ihr der Mann im Mini-Cooper aufgefallen war. Oder genauer: Sie glaubte es zu wissen. Sie hatte sich beobachtet gefühlt. Dabei war es nichts weiter gewesen als ein leises, undefinierbares Unbehagen, und plötzlich hatte sie gesehen, dass der Mini-Cooper nicht ganz sauber
eingeparkt war und sein linker Außenspiegel deswegen etwas weiter in die Straße hineinragte und vielleicht auch in einem anderen Winkel eingestellt war als die Außenspiegel der anderen Autos.
    Und mit einem Male war sie sich völlig sicher, dass der Fahrer sie im Rückspiegel beobachtete. Sie und Dorpat, die ganz sicher so aussahen wie zwei Leute, die nur so taten, als seien sie ein Paar.
    In diesem Augenblick wurde der Mini-Cooper gestartet, der Motor sprang an und blies eine Wolke blaues Abgas in die Umwelt.
     
     
     
    Der Saal war abgedunkelt, erleuchtet waren nur die Vitrinen, und die Besucher bewegten sich in andachtsvoller Stille, als hielten sie sich in einem sakralen Raum auf.
    Wendel Walleter verharrte vor einer Vitrine, in der ein einzelnes Collier mit einem Smaragd, mit Perlen und Diamanten ausgestellt war, spinnwebzart gearbeitet und dazu bestimmt, um einen sehr schlanken Hals getragen zu werden. Es war die Arbeit eines Goldschmieds, der im 18. Jahrhundert gelebt hatte; dass die Menschen damals so zart, so wenig grobschlächtig waren und solch ein... -er suchte nach dem passenden Wort, schließlich fand er es in einer dunklen Ecke seines Gedächtnisses - … solch ein Geschmeide fertigen und tragen konnten, das machte ihn noch mehr staunen als aller Glanz des Goldes, von dem seines Wissens keiner der Propheten je viel gehalten hatte. Bei Hesekiel zum Beispiel war das Gold Anlass für eine Strafpredigt gewesen, und plötzlich hatte er auch den Wortlaut wieder:
     
    ...und du nahmst deine prächtigen Geschmeide von meinem Golde und von meinem Silber, welche ich dir gegeben hatte, und machtest dir

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