Beim ersten Om wird alles anders
uns doch duzen? Dann füll doch mal das hier aus.“Auch hier sollte ich nicht nur Name und Adresse, sondern auch Vorerkrankungen angeben. Im Kleingedruckten werde ich informiert, dass ich mich gewissen Gesundheitsgefährdungen aussetzen würde, die im rechtlichen Sinne auf eigene Verantwortung einzugehen ich mit der Unterschrift bestätige. Klar bin ich dazu bereit, Gefahren einzugehen und zu bestehen, deshalb bin ich ja hier.Wer so verwegen ist, in einer Sauna Yoga betreiben zu wollen, den schreckt so schnell nichts.
Auch sonst ist alles anders, als ich das bislang kannte. Die nette Dame am Empfang erkundigt sich, ob ich neben einem Handtuch für die Yoga-Matte auch genug Wasser bei mir habe, während der Übung würde ich aus Schweißgründen beides brauchen. Im Eingangsbereich wird für alle Vergesslichen sogar eiskaltes Wasser zum Verkauf angeboten. Bei den Jivas hingegen ist Flüssigkeitsaufnahme während der Übungsstunden aus Gründen, die sehr wichtig klingen, die ich aber vollständig vergessen habe, verboten. Wer dort Wasser mitbringt, wird streng ermahnt und ist vor den Augen aller als Anfänger gebrandmarkt. Ob jemand ein Handtuch dabei hat oder nicht, ist auch egal. Man tropft im Zweifel ja nur die eigene Matte voll.
Es gibt sogar einen richtigen Herrenumkleideraum mit mehr als einer Dusche. Bei den Jivas wird nicht gern geduscht, hier also schon.
Der Übungsraum selbst ist eher klein und schmal. Er hat keine Fenster. Zwei Heizungen laufen auf vollen Touren. Es ist warm wie in einer gerade hochfahrenden Sauna. Damit der Raum möglichst perfekt mit Matten ausgelegt werden kann, sind auf dem Boden zwei Linien gezogen, zwischen die man in drei Reihen dicht an dicht und militärisch akkurat die Yoga-Matten platzieren soll. Das ist auch nötig, denn in dem kleinen Raum drängen sich, als es losgeht, ungefähr 40 Personen, bis auf vielleicht sechs, sieben Männer alles Frauen. Nur mit Mühe finde ich im Halbdunkel einen Platz, ich muss mich zwischen zwei Frauen quetschen, die missbilligend grummelnd zur Seite rücken.
Auf der Matte sitzend gewöhnen sich meine Augen an das Dämmerlicht, ich kann mich mit der Umgebung vertraut machen. Die wenigen anwesenden Jungs tragen ganz simpel kurze Trainingshose und T-Shirt. Im Vergleich zu den Jivas sind die weiblichen Kursteilnehmer noch körperbetonter bekleidet. Für Frauen gibt es anscheinend eigens angefertigte Bikram-Yoga-Bekleidung, bestehend aus sehr kurzen Shorts und äußerst knappen Oberteilen. Direkt vor mir legt eine Bikram-Expertin die Matte aus, deren Shorts so short sind, dass ich sie kaum sehen kann, denn sie werden vollständig von einem sehr knappen Handtuch verdeckt, das in den Hosenbund gesteckt ist, um es immer griffbereit zu haben.
Kurz vor Kursbeginn liegen alle Teilnehmer normal ausgestreckt im Dämmerlicht da, kaum in den sonst üblichen Vorbereitungshaltungen mit weit geöffneten Beinen. Das betont zusammen mit der hohen Raumtemperatur den Sauna-Eindruck. Eigentlich will ich mich auch hinlegen
und etwas dösen. Da aber entdecke ich, dass an den Wänden tatsächlich überall Spiegel angebracht sind. Der Blick zum eigenen Spiegelbild soll den Yoga-Schülern helfen, ihre Mitte zu finden, habe ich gelesen. In den ersten Jiva-Stunden hätte ich mir manchmal gewünscht, dass es in deren Räumen auch Spiegel geben würde, damit ich meine Positionen betrachten und unumgängliche Anfängerfehler korrigieren könnte. Mittlerweile bin ich froh, dass es dort keine gibt, denn so ist man sehr gut auf sich selbst konzentriert und schielt nicht dauernd nach dem Spiegel.
Kaum habe ich mich mit der Räumlichkeit vertraut gemacht, geht es auch schon los. Die nette Empfangsdame Isabel betritt den Raum. Sie hat sich nun ein Headset-Mikrofon angesteckt und dadurch in einen „Instructor“verwandelt, wie man hier die Yoga-Lehrer nennt. Jetzt verstehe ich auch, weshalb sie am Eingang nur mit kurzer Hose dasaß, obwohl es dort ziemlich kalt war. Sie ist zugleich die Kursleiterin und hatte sich schon umgezogen. Unwillkürlich verliere ich ein wenig den Respekt. Ich bin da leider ein Snob, ich möchte die Aufgabe der Kursleiterin von derjenigen der Einlasskontrolleurin getrennt sehen. Ähnlich ging es mir einmal beim Ausflug mit einer kleinen Propellermaschine von San Francisco zum Yosemite-Nationalpark. Als ich am Flughafen sah, dass der lustige Busfahrer, der die Teilnehmer des Tagesausflugs von diversen Hotels abgeholt und mit uns auf dem Weg zum Airport
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