Beim ersten Om wird alles anders
Gebäude, das neben dem Business-Kongress noch zahlreiche andere Yoga-Veranstaltungen beherbergt, ein heftiges Om-Geräusch.
Die offizielle Kongresseröffnung findet im großen Tagungsraum statt.Vor der Tür stehen Hunderte von Schuhen. Am Kongress nehmen über 200 Menschen teil, und der Raum ist mit dem offenkundig empfindlichen Teppich einer yogaaffinen Künstlerin versehen, der geschont werden soll. Das Eingangsreferat hält eine Mitarbeiterin des Veranstalters. Sie erzählt in erstaunlicher Offenheit, wie
man auf den Tagungsort dieses Kongresses und zahlreicher anderer Seminare stieß, es handelt sich um die ehemalige, insolvente Parkklinik. Erwerb und Umbau, so fügt sie in einer nach meiner Erfahrung in der Geschäftswelt selten nützlichen Ehrlichkeit an, sei eigentlich „eine Nummer zu groß“für sie und ihre Kollegen gewesen, sie hatten zwar Konzepte, dafür jedoch kein Geld. Bei der Eigentümerin des Gebäudes, einer Bank, war es umgekehrt. Dort war man froh, das Haus „los zu sein“- und verkaufte es an die Yoga-Leute.
Nach diesem kleinen thematischen Schlenker begab sich die Dame wieder auf ein Feld, auf dem sie offenkundig eher zu Hause ist als auf dem der Wirtschaft, nämlich das der Esoterik. „Dieses Gebäude ist ein lebendes Wesen, wir müssen uns fragen, was will dieses Haus von uns, wir müssen Kooperation mit den Hausgeistern halten.“
Ich bin noch ganz erfüllt von den Hausgeistern, als die anschließende Begrüßungsrede des Kongressveranstalters und Gebäudebetreibers, des Gründers und Leiters des Yoga-Unternehmens Yoga Vidya e.V., Herrn Sukadev Bretz, beginnt. Trotz des indisch anmutenden Vornamens, eine Angewohnheit, die er offenbar mit zahlreichen seiner Vereinsmitarbeiter teilt, ist Herr Bretz waschechter Deutscher, Typ stellvertretender Sparkassen-Fillialleiter. Sein Verein ist nach eigenen Angaben Europas führender Anbieter von Yoga-Lehrerausbildungen mit dem weltweit umfangreichsten Angebot an Yoga-Lehrerweiterbildungen. Er referiert über die Bedeutung von Yoga. Allein in Deutschland praktizieren demnach mehr als fünf Millionen Menschen „diesen Sport“(er bezeichnet Yoga tatsächlich als Sport). Herr Bretz vertritt die These: „Wer Yoga macht wird unbequemer, steht mehr zu seinen Ideen. Wer als Unternehmer selbstbewusste Mitarbeiter will, sollte verstärkt betriebliches Yoga anbieten.“
Dann fragt er das Auditorium, wer von uns „Entscheidungsträger“aus der Wirtschaft sei. Niemand meldet sich. Ich bleibe meiner Gewohnheit treu und lasse bei derartigen Befragungen mal schön den Arm unten, obwohl der Kongress mich offenbar dringend als bekennenden Teilnehmer am Wirtschaftsleben UND Yogi nötig hätte. Außer mir besteht der Teilnehmerkreis, wie sich herausstellt, offenbar zu mehr als 50 Prozent aus Yoga-Lehrern, die sich vom Kongress Erkenntnisse versprechen, wie diese sagenumwobene Wirtschaft, hier sehr modern „Business“genannt, denn so funktioniert. Der Rest scheinen Yoga-Übende zu sein, die gerade Zeit hatten.
Abschließend erfahren wir von Herrn Bretz noch, dass dies zwar der Einweihungskongress dieses schönen Gebäudes sei, aber vor wenigen Tagen bereits ein Kongress zum Thema Lach-Yoga stattgefunden hatte. Ärgerlich, denke ich mir, daran hätte ich auch gerne teilgenommen, denn so richtig lustig wird dieser etwas gezwungen daherkommende Business-Kongress wohl nicht werden.
Es folgt der Vortrag eines Herrn Dr. Hans Kugler, promovierter Philosoph, Yoga-Lehrer mit Aufbaustudium an einer indischen Yoga-Universität, zum Thema „Business-Yoga - Potenziale, Ansätze, Erfahrungen“. Im Anzug, aber der wertvollen Teppiche wegen wie wir alle ohne Schuhe, berichtet Dr. Kugler, die Finanzkrise zeige, dass wir alle einen Rahmen brauchen, damit der Mensch und die Umwelt nicht unter die Räder kommen, insbesondere, da auch noch der Klimawandel die Lebensgrundlagen gefährde. Er ist der Meinung, dass die Arbeitsenergie der Mitarbeiter nicht durch Überhitzung zu einem Burn-out führen sollte. Yoga sei Teil einer ganzheitlichen Unternehmenskultur und eine Basistechnologie zum Stressabbau. Auf Denglisch:
Yoga sei eine Toolbox für Work-Life-Balance. So plätschert der Vortrag dahin, von einem Gemeinplatz zum anderen, von Problemminderung über Prävention bis hin zur Entwicklung von Potenzialen.
Ich bin schon beinahe so weit, eine Studie zur Farbgebung und Webdichte der Teilnehmersocken zu erstellen, als der Referent endlich konkret wird. Eine interessante
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