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Beim Leben meiner Schwester

Titel: Beim Leben meiner Schwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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passieren.«
    Sofort bin ich alarmiert und will wissen, wie sie darauf kommt. »Wieso, was ist los?«
    Â»Nichts. Aber so läuft das immer. Wenn es in meinem Leben mal so was Schönes gibt wie Taylor, dann muß ich dafür bezahlen.«
    Â»Ach was, sei nicht albern«, sage ich automatisch, aber ganz unrecht hat sie nicht. Alle, die meinen, die Menschen hätten es letzten Endes in der Hand, was das Leben ihnen beschert, bräuchten nur mal einen Tag in der Haut eines Kindes mit Leukämie zu stecken. Oder seiner Mutter. »Vielleicht hast du ja endlich mal Glück«, sage ich.
    Drei Tage später eröffnet uns der Hämatologe nach einem routinemäßigen großen Blutbild, daß Kate wieder Promyelozyten aufweist, der erste Rutscher am steilen Hang des Rückfalls hinunter.
    Ich habe nie gelauscht, zumindest nicht absichtlich, bis zu dem Abend, als Kate von ihrem ersten Date mit Taylor zurückkommt. Sie waren im Kino. Sie schleicht in ihr Zimmer und setzt sich an Annas Bett. »Bist du wach?« fragt sie.
    Anna rollt herum und ächzt. »Jetzt ja.« Der Schlaf gleitet von ihr ab wie ein Schal, der zu Boden fällt. »Wie war’s?«
    Â»Toll«, sagt Kate und lacht. »Supertoll!«
    Â»Wie toll? Zäpfchenhockey-toll?«
    Â»Bah, bist du widerlich«, flüstert Kate, obwohl ein Lächeln in ihrer Stimme liegt. »Aber er küßt wirklich toll.« Sie läßt den Köder lässig baumeln.
    Â»Das gibt’s nicht!« Annas Stimme strahlt. »Sag schon, wie war’s?«
    Â»Wie fliegen«, antwortet Kate. »Ich wette, das fühlt sich genauso an.«
    Â»Ich kapier nicht, was fliegen damit zu tun haben soll, wenn einer dich vollsabbert.«
    Â»Mensch, Anna, er spuckt dich doch nicht an.«
    Â»Wie schmeckt Taylor denn?«
    Â»Nach Popcorn.« Sie lacht. »Und nach Junge.«
    Â»Und woher wußtest du, was du machen mußt?«
    Â»Wußte ich nicht. Es ging ganz von alleine. So wie du Hockey spielst.«
    Jetzt kann Anna es sich vorstellen. »Ja«, sagt sie, »dabei fühl ich mich wirklich ziemlich gut.«
    Â»Du hast ja keine Ahnung«, seufzt Kate. Sie bewegt sich im Zimmer. Ich stelle mir vor, wie sie ihre Sachen auszieht. Ich frage mich, ob Taylor sich jetzt irgendwo das gleiche vorstellt.
    Ein Kissen wird zurechtgeklopft, die Bettdecke zurückgeschlagen, das Laken raschelt, als Kate ins Bett steigt und sich auf die Seite rollt. »Anna?«
    Â»Hmm?«
    Â»Er hat innen an den Händen Narben, von der GvHD«, murmelt Kate. »Ich hab sie gespürt, als wir Händchen gehalten haben.«
    Â»War das fies?«
    Â»Nein«, sagt sie. »Es war, als würden wir genau zusammenpassen.«
    Zuerst kann ich Kate nicht überreden, die Transplantation der peripheren Blutstammzellen über sich ergehen zu lassen. Sie weigert sich, weil sie nicht zur Chemo ins Krankenhaus will, nicht die nächsten sechs Wochen in Umkehrisolation sitzen will, wenn sie statt dessen mit Taylor Ambrose ausgehen könnte. »Es geht um dein Leben«, mache ich ihr klar, und sie sieht mich an, als wäre ich verrückt.
    Â»Genau«, sagt sie.
    Am Ende vereinbaren wir einen Kompromiß. Das Team in der Onkologie willigt ein, daß Kate die Chemo, mit der sie auf das Transplantat von Anna vorbereitet wird, ambulant beginnen kann. Zu Hause ist sie bereit, einen Mundschutz zu tragen. Bei den ersten Anzeichen dafür, daß ihre Werte fallen, muß sie ins Krankenhaus. Die Ärzte sind nicht glücklich damit. Sie befürchten eine Beeinträchtigung der Behandlung, aber sie sehen ebenso wie ich ein, daß Kate jetzt in einem Alter ist, wo ihr Wille berücksichtigt werden muß.
    Die Trennungsangst erweist sich als völlig unbegründet, denn bei Kates erstem ambulanten Chemotermin taucht plötzlich Taylor auf. »Was machst du denn hier?«
    Â»Ich hatte einfach Sehnsucht nach dem Krankenhaus«, witzelt er. »Hallo, Mrs. Fitzgerald.« Er setzt sich neben Kate in einen der leeren Behandlungssessel. »Gott, tut das gut, mal in so einem Ding zu sitzen, ohne am Tropf zu hängen.«
    Â»Sehr taktvoll«, knurrt Kate.
    Taylor legt eine Hand auf ihren Arm. »Wie weit bist du?«
    Â»Gerade erst angefangen.«
    Er steht auf und setzt sich auf die breite Armlehne von Kates Sessel, nimmt die Brechschale von ihrem Schoß. »Hundert Dollar, daß du es nicht bis drei

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