Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Beim Leben meiner Schwester

Titel: Beim Leben meiner Schwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
Vom Netzwerk:
durchhältst, ohne zu kotzen.«
    Kate blickt zur Uhr. Es ist 14.50. »Abgemacht.«
    Â»Was hast du zuletzt gegessen?« Er grinst spitzbübisch. »Oder soll ich anhand der Farben raten?«
    Â»Du bist ekelig«, sagt Kate, aber ihr Lächeln ist so breit wie ein Meer. Taylor legt ihr eine Hand auf die Schulter. Sie lehnt sich in seine Berührung hinein.
    Als Brian mich das allererste Mal berührte, rettete er mir das Leben. Es hatte sintflutartige Regenfälle in Providence gegeben, ein Sturmtief, das die Wasserpegel steigen ließ und den Parkplatz des Gerichts überflutete. Ich arbeitete damals als Justizsekretärin, und das Gebäude wurde evakuiert. Brians Department war im Einsatz. Als ich auf die Treppe vor dem Haupteingang trat, sah ich Autos und verlorene Handtaschen vorbeitreiben und sogar einen Hund, der verzweifelt um sein Leben paddelte. Während ich die Ablage gemacht hatte, war die Welt, die ich kannte, im Wasser versunken. »Kann ich Ihnen helfen?« fragte Brian, der in seiner kompletten Montur plötzlich vor mir stand, und streckte mir seine Arme entgegen. Als er mich durch das Wasser trug, prasselte der Regen mir ins Gesicht und auf den Rücken. Und ich fragte mich, wie ich mitten in einer Sintflut das Gefühl haben konnte, bei lebendigem Leibe verbrannt zu werden.
    Â»Was war die längste Zeit, die du je geschafft hast, ohne zu brechen?« will Kate von Taylor wissen.
    Â»Zwei Tage.«
    Â»Nie im Leben!«
    Die Krankenschwester schaut von ihrem Schreibtisch auf. »Das stimmt«, bestätigt sie. »Ich hab’s mit eigenen Augen gesehen.«
    Taylor grinst sie an. »Hab ich ja gesagt, darin bin ich Meister.« Er sieht auf die Uhr: 14.57.
    Â»Hast du nichts Besseres zu tun, als hier bei mir zu sein?« fragt Kate.
    Â»Du willst dich nur vor unserer Wette drücken.«
    Â»Ich will nur dein Portemonnaie schonen. Obwohl –« Ehe sie den Satz beenden kann, wird sie grün im Gesicht. Die Krankenschwester und ich springen beide auf, aber Taylor ist schneller. Er hält ihr die Brechschale unters Kinn, und als sie anfängt zu würgen, reibt er ihr langsam kreisend über den Rücken.
    Â»Ist ja gut«, beruhigt er sie.
    Die Schwester und ich wechseln Blicke. »Anscheinend ist sie in guten Händen«, sagt die Schwester und geht, um nach einem anderen Patienten zu sehen.
    Als Kate fertig ist, stellt Taylor die Schale beiseite und wischt ihr den Mund mit einem Papiertaschentuch ab. Sie sieht zu ihm hoch, mit leuchtenden Augen, rotem Gesicht und noch immer triefender Nase. »Tut mir leid«, murmelt sie.
    Â»Weswegen?« fragt Taylor. »Morgen bin ich vielleicht an der Reihe.«
    Ich würde gern wissen, ob es allen Müttern in dem Augenblick, wenn sie erkennen, daß ihre Töchter erwachsen werden, so ergeht wie mir jetzt – als könnte ich einfach nicht glauben, daß die Wäsche, die ich einst für sie gefaltet habe, puppengroß war; es war doch erst gestern, daß ihre Hand nicht größer war als der Seeigel, den sie am Strand gefunden hatte. Dieselbe Hand, die jetzt die eines Jungen hält. Hat sie nicht eben noch meine gehalten? Zeit ist eine optische Täuschung – nie wirklich so fest oder stark, wie wir glauben. Man sollte meinen, daß ich alles in allem darauf hätte gefaßt sein müssen. Aber als ich Kate ansehe, die diesen Jungen ansieht, wird mir klar, daß ich noch viel zu lernen habe.
    Â»Macht wirklich Spaß mit mir«, nuschelt Kate.
    Taylor lächelt sie an. »Fritten«, sagt er. »Zum Mittagessen.«
    Kate schlägt ihm gegen die Schulter. »Du bist ekelig.«
    Er hebt eine Augenbraue. »Du hast die Wette verloren, das ist dir doch wohl klar.«
    Â»Leider hab ich mein Erspartes zu Hause vergessen.«
    Taylor tut so, als überlegte er angestrengt. »Okay, ich weiß was anderes, womit du deine Schulden bezahlen kannst.«
    Â»Sexuelle Gefälligkeiten?« sagt Kate, die ganz vergessen hat, daß ich noch da bin.
    Â»Ach, ich weiß nicht«, lacht Taylor. »Sollen wir deine Mom fragen?«
    Sie wird puterrot.
    Â»Macht nur so weiter«, warne ich, »und ihr habt euer nächstes Date bei einer Knochenmarkspunktion.«
    Â»Du hast doch bestimmt von dem Fest gehört, das die hier am Krankenhaus veranstalten, nicht?« Plötzlich wird Taylor ganz nervös. Seine Knie hüpfen auf und nieder. »Für die

Weitere Kostenlose Bücher