Beinah auf den ersten Blick: Roman (German Edition)
klingelte und klingelte. »Es geht niemand ran.«
Abbie führte die Kinder mit Getränken und Keksen nach draußen. »Was ist los?«
Cleo brachte sie auf den neuesten Stand. »Aber wo können sie sein? Du hast ihr doch deinen Schlüssel gegeben, wir können also nicht einmal ins Haus.«
Abbie sah sie fest an. »Ich bin ja nicht total doof. Das war nur der Schlüssel für die Haustür, den Schlüssel für die Hintertür habe ich natürlich behalten.«
Will hatte gesagt, er würde die Kinder um sechs Uhr abholen. Jetzt war es halb sieben. Nicht, dass es den Kindern etwas ausmachte. Saskia, die Ash verehrte, hatte ihn dazu gebracht, auf einem Bein durch den Garten zu hüpfen, während sie an seinem Arm hing und auf seinem angewinkelten Fuß balancierte. Molly und Rob rannten hinter ihnen her und brüllten: »Ich will auch, ich will auch!«
Cleo fällte eine Entscheidung. Die Kinder konnten bei Fia und Ash bleiben, sie marschierte mit Abbie zu deren Haus. Als sie eintrafen, lugte Abbie durch das Wohnzimmerfenster. »Nichts zu sehen.«
Cleo klingelte an der Haustür und wartete. Nichts. Dann trat sie einen Schritt zurück, sah zum ersten Stock hinauf und nahm eine verstohlene Bewegung am Schlafzimmerfenster wahr. »Da oben ist jemand.«
Abbie zischelte empört: »Das ist unser Schlafzimmer.«
»Vielleicht sind es Einbrecher.« Cleo machte ts-ts-ts. »Wir sollten besser nachsehen.«
Sie gingen um das Haus herum. Abbie schloss die Hintertür zur Küche auf, und Cleo folgte ihr. In der Spüle türmte sich ein Berg dreckiges Geschirr, die Arbeitsflächen waren nicht gewischt, und in der Luft hing der beißende Geruch nach Alkohol. Kindheitserinnerungen stiegen in Cleo hoch. Es war, als sei sie wieder zehn Jahre alt, würde nach der Schule nach Hause kommen und sich fragen, ob Tante Jean stockbesoffen auf dem Sofa lag.
Oben öffnete Abbie die Schlafzimmertür, und eine Wolke aus Gin-Düften waberte heraus. Zusammen betrachteten sie die Szenerie. Patty Summers lag weggetreten auf dem Bett, nackt und alle viere von sich gestreckt, und schnarchte leise. Eine leere Flasche Gin lag auf dem Boden. Snow Patrol plärrten aus dem CD-Gerät, und der Teppich war übersät mit Popcorn und diversen Kleidungsstücken.
Cleo drehte die schwarzen Armani-Boxershorts auf dem Boden mit dem Fuß um. Natürlich, Armani. Will hatte schon immer sein Aftershave auf seine Unterhose abgestimmt.
Abbie sagte: »Na, wo mag er nur sein?«
Man musste kein Genie sein, um das herauszufinden, zumal er sich kaum in einem der Nachttische versteckt haben konnte. Cleo, die immer schon einen Hang zum Theatralischen gehabt hatte, ging zum Schlafzimmerschrank und riss die Tür schwungvoll auf.
»Also gut, also gut.« Nackt, seine Blöße mit den Händen bedeckend und mit Trotz im Blick, schüttelte Will den Kopf. »Ich bin eingeschlafen. Ich ziehe mich jetzt nur schnell an und hole dann die Kinder.«
»Nicht, wenn du getrunken hast.«
»Habe ich nicht. Nur zwei Radler zum Mittagessen.« Er nickte in Richtung Bett. »Sie hat genug für uns beide getrunken.«
Ihre Mundwinkel zuckten. »Warum hast du dich im Schrank versteckt?«
»Ich hörte, wie unten die Tür aufging. Ich wusste ja nicht, dass du das bist. Es hätte ja auch ihr Kerl sein können.«
Cleo meinte heiter: »Wenigstens hattest du Spaß. Nur darauf kommt es an.«
Will sah sie finster an. »Wie bist du hier hereingekommen?«
»Ach, wusstest du das nicht? Erinnerst du dich an meine Schwester?« Cleo zeigte auf Abbie. »Tja, das ist ihr Haus. Und jetzt rate mal … das ist ihr Bett.«
»O Gott.« Will wurde bleich. »Hört mal, das wusste ich nicht.« Er schüttelte den Kopf. »Ich habe sie erst heute Mittag kennengelernt. Sie ist vollkommen durchgeknallt.«
»He, pass auf, was du sagst.« Patty war auf die Seite gerollt und hatte die Augen geöffnet. Sie grinste sie triefäugig an und wackelte zur Begrüßung mit den Fingern. »Was ist hier los? Ich wusste gar nicht, dass wir Publikum hatten.«
Das Publikum vermehrte sich jetzt sogar. Von unten hörte man, wie ein Schlüssel ins Schlüsselloch gesteckt wurde, gefolgt von der Tür, die jemand öffnete und wieder zuschlug.
»Um Gottes willen«, stöhnte Will, der sich immer noch mit den Händen bedeckte. Er wandte sich an Cleo und flehte: »Kann ich etwas Privatsphäre bekommen, um mich anzuziehen?«
»Keine Sorge, da ist nichts, was ich nicht schon mal gesehen hätte.« Cleo strahlte und blieb mit dem Fuß auf den Armani Boxershorts
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