Beinah auf den ersten Blick: Roman (German Edition)
Will.« Johnny grinste. »Ist dir je der Gedanke gekommen, dass die Person, die an allem schuld ist, in Wirklichkeit du selbst sein könntest?«
Der Pub füllte sich langsam. Johnny spielte zwei Runden Billard mit drei Angehörigen des örtlichen Fußballvereins, und Cleo lenkte sich von Will ab, indem sie mit Deborah über Salatdressings, das Liebesleben von Renée Zellweger und – ihr absolutes Lieblingsthema – über Schuhe plauderte. Sie beschrieb gerade ihre geliebten, roten Stiefel, die sie in einem Ausverkauf erstanden hatte und die unglaublich gut aussahen, aber traurigerweise eine Nummer zu klein waren, als die Tür hinter ihr aufging und sie den Duft von Armani Aftershave schnupperte.
Man musste kein Genie sein, um zu wissen, wer gerade gekommen war. Cleo fuhr auf ihrem Hocker herum und sah den Mann an, der bis vor wenigen Stunden ihr Freund gewesen war.
Einer, in den sie sehr hohe Hoffnungen gesetzt hatte.
»Geh weg, Will.«
»Cleo, wir müssen reden.«
»Du vielleicht. Ich nicht.«
»Bitte.« Er spürte, wie die Leute interessiert schauten. »Können wir nicht zu dir gehen?«
»Äh … wie soll ich das jetzt formulieren? Nein .«
»Hör zu, es tut mir leid.« Er ging auf sie zu und meinte flehentlich: »Ich liebe dich.«
Cleo stockte der Atem. Ihr ganzes Leben lang hatte sie davon geträumt, dass jemand diese drei kleinen Worte zu ihr sagte. In romantischem Sinn, natürlich. Selbstverständlich hatten ihre Eltern das zu ihr gesagt, als sie aufwuchs. Aber irgendwie war sie 29 Jahre alt geworden, ohne es je von einem Freund zu hören, weil sie alle ein Haufen Verlierer waren, die entweder eine Todesangst vor diesen Worten hatten oder eine Bindungsphobie oder … tja, im Grunde hatten die Jungs sie einfach nicht genug gemocht, um ihr das zu sagen. Und endlich sagte ihr jemand, dass er sie liebte. Und das auch noch in der Öffentlichkeit. Er verkündete es vor allen Gästen im Pub, und es war ihm egal, wer es hörte, was so unglaublich romantisch gewesen wäre, wenn nur die Umstände anders gewesen wären.
Nach Lage der Dinge erfüllte es Cleo allerdings mit Zorn und Enttäuschung, dass er es für sie ruiniert hatte: ihr erstes Ich-liebe-dich würde von nun an immer dieses hier sein, so unromantisch, wie es unromantischer gar nicht mehr ging.
»Du hast mich angelogen.«
Will breitete die Arme in seiner Verzweiflung weit aus. »Weil ich dich liebe.«
»Die Wohnung in Redland. Du hast gesagt, dass du dort wohnst.«
»Ich weiß.« Ein leichter Schweißfilm bildete sich auf seiner Stirn. »Das ist die Wohnung von Rob und Damon. Ich musste es tun, ich wollte dich nicht verlieren.«
Jetzt machte er es nur noch schlimmer. Hatte er wirklich keine Ahnung, wie kurz davor er stand, dass ihm ein Barhocker gegen die Stirn geknallt wurde? Cleo schloss die Hand fester um ihren Drink. »Geh weg, Will. Geh nach Hause.«
»Erst, wenn wir uns unterhalten haben. Komm mit nach draußen«, bettelte er. »Lass es mich erklären.«
»Ich glaube, sie will, dass Sie gehen.« Wann genau hatte Johnny das Billardspiel beendet und seinen alten Platz an der Bar wieder eingenommen?
Will sah ihn fest an. »Das geht nur mich und Cleo etwas an.«
»Cleo möchte nicht mit Ihnen sprechen.«
»Sie muss sich anhören, was ich zu sagen haben. Unter vier Augen.«
Johnny sah Cleo an. »Hat er dich geschlagen?«
»Um Gottes willen.« Will platzte der Kragen. »Selbstverständlich habe ich sie nicht geschlagen!«
Johnny ignorierte ihn. »Hat er dir weh getan? Auf irgendeine Weise?«
»Nein, das habe ich verdammt nocheins nicht!«
»Tja, mit irgendwas haben Sie sie aber durcheinandergebracht.«
Das war lächerlich. Warum sollte sie es nicht einfach laut aussprechen?
»Er ist verheiratet«, erklärte Cleo mit monotoner Stimme. »Und er hat Kinder.«
»Na toll.« Wills Blick schweifte durch den Pub. »Ich wollte nicht, dass es passiert, okay?«
»Er hat mich drei Monate lang angelogen. Ich habe es heute herausgefunden. Fragt sich deine Frau nie, wo du bist?«, wollte Cleo wissen.
»Komm mit nach draußen«, flehte Will. »Nur zwei Minuten.«
Mit einem verbitterten Zischen glitt sie vom Barhocker. Neben ihr fragte Johnny: »Bist du sicher?«
Cleo nickte. Wills Frau war die unschuldige dritte Partei. Auch wenn Will es verdiente, öffentlich gedemütigt zu werden, sie nicht.
Draußen war es sehr kalt geworden. Frost lag auf den geparkten Wagen, und das Gras unter ihren Füßen knirschte.
»Egal was du auch sagst, es
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