Beinah auf den ersten Blick: Roman (German Edition)
und mir gewünscht, ich könnte ihn treffen.«
Abbie nickte. »Ich weiß.« Gott, sie klang wie eine Platte mit einem Sprung.
»Also, das soll jetzt keine Beleidigung sein, aber ich habe mich nicht jahrelang gefragt, wer meine Mum ist«, sagte Georgia, »weil sie ja immer da war.«
Das war jetzt blöd, sie konnte unmöglich noch einmal »ich weiß« sagen. Abbie suchte nach einer Alternative. »Natürlich war sie das.«
»Was ist denn nun?«, rief Tom von der Küchentür. »Wollt ihr beiden die ganze Nacht draußen bleiben?«
Georgia zitterte. Sie hatte die Arme eng um ihre Körpermitte geschlungen.
»Ich könnte ein Lagerfeuer entzünden«, sagte Tom.
Georgia sah Abbie unsicher an. »Macht er Witze?«
»An den Sinn für Humor deines Dads wirst du dich gewöhnen müssen.« Abbie lächelte. »Komm, lass uns hineingehen, bevor wir Frostbeulen bekommen.«
13.
Kapitel
»Ich habe sie gehen sehen.« Cleo wickelte sich den leuchtend roten Schal vom Hals und umarmte ihre Schwester. »Wie ist es gelaufen?«
Abbie seufzte schwer. Es war später Sonntagnachmittag, und Tom fuhr Georgia gerade zum Bahnhof. Nachdem sie zwei Wochen bei Freunden in Newcastle verbracht hatte, fuhr sie nun nach London, zu der Wohnung in Paddington, die sie mit ihrer Mutter teilte.
»Tja, vermutlich hätte es schlimmer kommen können.« Wenigstens Cleo gegenüber konnte Abbie ehrlich sein. »Sie ist ein nettes Mädchen, aber ich bin froh, dass es vorbei ist.«
»Vorbei?« Cleo schaute zweifelnd. »Du denkst, dass sie euch von nun an in Ruhe lässt?«
»Halt mir die Daumen.« Abbie krempelte die Ärmel hoch, ließ heißes Wasser in die Spüle laufen und gab Spülmittel dazu. Nachdem sie stundenlang einen aufwendigen Braten zubereitet hatte, wäre es nett gewesen, wenn Tom und Georgia den Hintern hochbekommen und den Abwasch übernommen hätten, aber dieser Gedanke waren ihnen natürlich nicht gekommen.
Und nur weil sie die Daumen drückte, hieß das noch lange nicht, dass ihr Wunsch auch in Erfüllung gehen würde.
»Ich hatte mich schon gefragt, ob sie über Weihnachten hierbleiben will.«
»Ich auch, aber es ist alles in Ordnung. Sie fährt mit ihrer Mutter nach Portugal. Patty hat eine Art Freund, der da lebt. Er hat sie für ein paar Wochen zu sich eingeladen.« Mit trockenem Humor fügte Abbie hinzu: »Er hat einen riesigen Swimmingpool.«
»Tja, schön. Vielleicht erlischt ihr Interesse jetzt, wo sie Tom getroffen hat.«
Das hoffte Abbie auch. Aber etwas sagte ihr, dass es nicht so kommen würde. Sie schrubbte einen Teller. »Und was ist mit dir? Wieder irgendwelche seltsamen Anrufe?«
Cleo schauderte. »Nein, Gott sei Dank nicht. Vielleicht war es ja doch nicht seine Frau.«
»Wahrscheinlich hat sie sich nur verwählt, und du hast dich für nichts und wieder nichts aufgeregt.« Selbst mitten in ihrem eigenen Kummer brachte Abbie immer noch Mitgefühl für ihre Schwester auf, die nie viel Glück mit Männern gehabt hatte. Gegen Ende ihrer Teenagerzeit hatte Cleo sich auf eine Reihe von vermeintlichen Charmeuren eingelassen, die sich nach einiger Zeit als nicht ganz so charmant herausgestellt hatten. Seit damals war sie sehr vorsichtig und wählerisch geworden, zögerte angesichts des Risikos, wieder verletzt zu werden. »Was würdest du davon halten, wenn wir dir zu Weihnachten einen Lügendetektor schenken? Wenn du das nächstes Mal jemand triffst, unterziehst du ihn erst mal einem ordentlichen, altmodischen Verhör.«
»O ja, das wäre genial!« Cleos Augen leuchteten auf. »Gott, wie gern ich so ein Teil hätte! Denk nur, was man alles herausfinden könnte, das Chaos, das man anrichten könnte!«
Abbie griff nach dem nächsten Teller. »Wie damals, als du dir die Haare hast färben lassen und sie leuchtend lila wurden und du mich gefragt hast, ob es schlimm aussieht.«
»Ich wusste doch, dass du gelogen hast.«
»Ich wollte nur, dass du dich wieder besser fühlst.«
»Ach, wo wir gerade von Lügen sprechen, du kennst ja unsere Dorfgemeinschaft.« Cleo schnitt eine Grimasse. »Gestern Abend wurde im Pub über Georgia getratscht. Die O’Brien Brüder scherzten, Tom habe sich aushäusig vergnügt. Manche Leute glauben offenbar die Geschichte mit der Leihmutter nicht.«
»Na toll.« Abbie hatte so etwas erwartet, aber es tat dennoch weh. Der Nachteil des Dorflebens war der Klatsch. Kaum hatten die Nachbarn Georgias Ähnlichkeit mit Tom entdeckt, war man gezwungen, ihre Existenz zu erklären, und das war mit wissendem
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