Beinah auf den ersten Blick: Roman (German Edition)
mir leid, muss ich nicht.«
»Wie soll ich dann nach Hause kommen?«
Eine der anderen Frauen lallte: »Wie wäre es mit einem Taxi?«
Jen zog die Nase kraus. »So nimmt sie doch kein Taxi mit.«
»UM GOTTES WILLEN«, brüllte Mandy, »BRING MICH EINFACH NACH HAUSE!«
»Sie könnte doch Gary anrufen, dass er sie abholen soll.«
»Ja, klar«, schnaubte Mandy. »Als ob er das tun würde.« Sie wandte sich an Cleo, ihr Gesicht ein Bild des Jammers. »Bitte, ja? Lass mich rein.«
»Nur, wenn du das Kleid ausziehst.«
»Wie bitte?«
»Wenn du es vorsichtig ausziehst und nichts von dem Erbrochenen abkriegst, lasse ich dich ins Auto.«
Mandy schwankte und runzelte die Stirn. »Und wie kommt mein Kleid dann nach Hause?«
»Gar nicht. Du wirfst es dort drüben in den Mülleimer.«
»Soll das ein Witz sein? Das Kleid hat 300 Pfund gekostet!«
»Na schön.« Cleo zuckte mit den Schultern. »Behalte es an. Aber dann musst du nach Hause laufen.«
Auf der anderen Straßenseite wankte der Mann, der all den Ärger verursacht hatte, in eine Seitengasse. Mit verschmiertem Mascara und schlagartig ernüchtert, seufzte Mandy frustriert und zischelte zwischen zusammengebissenen Zähnen: »Na los, mach mir jemand den Reißverschluss auf.«
Jen trat zimperlich auf sie zu und öffnete den Reißverschluss am Rücken. Das goldene Kleid glitt von Mandys Schultern und fiel zu Boden. Mandy heulte auf, als sie merkte, dass ihr BH offen war und ihre Brüste frei baumelten.
Passanten grölten und pfiffen bei ihrem Anblick, zitternd und nur in Stöckelschuhen und Blümchen-Tanga. Cleo entdeckte – danke, Gott! – auch eine Cellulite-Stelle. Sie öffnete die Tür der Limousine und rief fröhlich: »Alles einsteigen. Zeit für die Heimfahrt!«
»Gary wird ausflippen«, jammerte Mandy. »Er hat mir das Kleid zu Weihnachten geschenkt.«
»Sag ihm, dass es nicht deine Schuld war.« Jen betrachtete sie missbilligend. »Du konntest ja nicht ahnen, dass der Kerl kotzen muss, wenn du ihm deine Zunge in den Hals steckst.«
Mandys Augen wurden schmal. »Ist ja gut. Davon muss Gary ja nichts erfahren.«
Endlich gewann Cleos Gewissen die Oberhand. Manchmal, nur manchmal, wünschte sie, sie hätte kein Gewissen. Seufzend ging sie zum Kofferraum und öffnete ihn. Sie war für alle Eventualitäten gewappnet – nun ja, für so gut wie alle – und führte immer einen Vorrat schwarzer Mülltüten mit sich. Resigniert reichte sie eine davon an Mandy und zeigte zum Mülleimer. »Also gut, hol das Kleid da raus und steck es in die Tüte.«
»Danke«, murmelte Mandy, nachdem sie das getan hatte und die fest verknotete Tüte im Kofferraum verstaut war.
War das nun ein moralischer Sieg? Cleo zuckte mit den Schultern. »Ich sollte das eigentlich nicht tun. Das verstößt gegen die Firmenregeln.« Sie schwieg kurz und fügte dann mit einem harmlosen Lächeln hinzu: »Aber wozu hat man alte Schulfreunde?«
20.
Kapitel
»Abbie, wir müssen dringend über die Oster-Werbeaktionen nachdenken. Kommen Sie in mein Büro und lassen Sie uns darüber sprechen.«
Abbie wischte sich Krümel aus getrocknetem Kompost von den Händen und folgte Des Kilgour nach oben. Das Letzte, was sie brauchten, war eine Wiederholung des Debakels vom Vorjahr, als die Ostereiersuche von der brütenden Sonnenhitze zunichte gemacht worden war. Alle Schokoladeneier waren zu schmierigen Pfützen geschmolzen, und das ganze Gartenzentrum hallte wider vom Jammern untröstlicher Kinder.
»Also gut, ich habe da eine Reihe von Ideen«, fing sie an, als Des die Tür hinter sich schloss. »Möglicherweise scheint die Sonne ja nicht. Falls aber doch, wie wäre es dann mit diesen Mini-Eiern in den Knusperhüllen? Oder wir legen kleine Strohnester in Schalen und stellen die in größere Schalen mit Eiswürfeln …«
»Sehr schön, das machen wir so.«
»Oder wir könnten kleine Figuren verstecken, und wenn sie die Figuren finden, können sie sie gegen echte Eier eintauschen …«
»Hören Sie, ich habe Sie nicht hergebeten, um mit Ihnen über Ostern zu reden.« Des klang drängend, als ob er gerade die Lasche aus einer Handgranate gezogen hätte, die in zehn Sekunden explodieren würde. »Ich habe versucht zu verdrängen, was geschehen ist. Dass ich Sie geküsst habe … mit Ihnen zusammen war … ich habe wirklich alles versucht, ehrlich, aber ich kann es nicht vergessen. Jetzt ist alles anders. Ich kann nicht mehr aufhören, an Sie zu denken.«
Abbies Herz fing an, wie wild zu
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