Beinah auf den ersten Blick: Roman (German Edition)
Hemden, Hosen und Kleider hingen an Kleiderbügeln überall herum, an Nägeln für Bilderrahmen, an Möbelstücken. Das Radio, auf BWR eingestellt, plärrte laut. Auf dem Sofa häuften sich Kleidersäcke, um die sich noch gekümmert werden musste. In der Mitte des Raumes stand Georgia, in einem Top mit Snoopy-Aufdruck und gestreiften Shorts in Rosa und Weiß, und arbeitete wie eine Besessene. Wie sie es gesagt hatte, besaß sie tatsächlich ein Talent zum Bügeln. Sie arbeitete rasch und gewissenhaft.
»Was für ein Bild.« Fia war sichtlich beeindruckt. »Wie viele Bügelsachen hast du hier?«
»Viele.« Georgia strahlte, wendete gekonnt ein Hemd auf dem Bügelbrett und glättete einen der Ärmel. »Ich bin billiger als alle anderen Bügeldienste in der Gegend, darum kommen jetzt alle zu mir. Ist das nicht großartig?«
Es war großartig, dachte Abbie, solange man sich nicht mit einer Tasse Kaffee hinsetzen und in Ruhe fernsehen wollte. Das Wohnzimmer war dieser Tage gewissermaßen tabu. Wenn es eine Sendung gab, die sie oder Tom gern sehen wollten, dann mussten sie es vor dem launischen Tragegerät im ersten Stock tun.
»Ist sie nicht erstaunlich?« Fia war zum Plaudern aufgelegt. »Um ehrlich zu sein, ich hätte nie gedacht, dass sie das durchzieht. Die meisten Teenager würden sich nicht diese Mühe machen.«
»O ja, sie arbeitet fleißig.« Abbie fragte sich, wie es Fia wohl finden würde, wenn Georgia ihr Bügelbrett mitten im Pub aufbaute.
»Also gut, wo soll ich Franks Sachen hinlegen?«
»Da drüben neben den Kamin. Bis morgen Abend habe ich seine Bügelwäsche erledigt. Abbie, kannst du das Etikett beschriften?«
Abbie langte nach der Rolle mit Klebeetiketten, kritzelte Franks Namen auf eines davon und klebte es auf seine Tüte.
»Wenn du so weitermachst, wirst du Tag und Nacht arbeiten müssen.« Fia sah zu, wie Georgia das fertig gebügelte Hemd liebevoll auf einen Kleiderbügel hängte und das nächste Hemd aus dem Korb zu ihren Füßen fischte. »Oh, ich weiß, wem das gehört!«
Georgia umarmte das zerknitterte Hemd verzückt. »Das ist eins von den neuen Hemden von Ash. Sein Körper steckte da drin. Dieser Stoff ist in Kontakt mit seiner Brust gekommen.«
Abbie meinte entschuldigend: »Sie hat eine Schwäche für Ash.«
»Ich weiß.« Fia wirkte verblüfft. »Das weiß jeder in Channings Hill.«
»Es ist keine Schwäche.« Georgia schlang sich die Ärmel des Hemdes liebevoll um ihren Hals und fing verträumt an, zu der Melodie aus dem Radio zu tanzen. »Es ist die wahre Liebe.«
»Eine einseitige Liebe«, stellte Abbie klar. »Ash hat kein Interesse.«
»Noch nicht. Aber ich werde ihn für mich gewinnen. Mit meinem Esprit und meinem Charme und meinen überwältigenden Fähigkeiten am Bügeleisen.«
Fia amüsierte sich sichtlich. »Es ist ja nicht so, als ob er gut aussehen würde. Er kann es sich nicht leisten, wählerisch zu sein.«
»Genau.« Georgia nickte zustimmend. »Das habe ich ihm auch schon gesagt.«
Der arme Ash. Abbie fragte sich, wie er sich fühlen würde, wenn er wüsste, dass man gerade so über ihn sprach.
»Ich meine, für wen spart er sich auf?«, verlangte Fia zu wissen. »Angelina Jolie?«
»Besser nicht, denn sollte sie je hier auftauchen, würde ich um ihn kämpfen«, erklärte Georgia.
»Angelina Jolie hat mehr Muskeln als Rambo.« Abbie konnte sich nicht bremsen. »Sie würde gewinnen.«
Cleo wartete im Wagen auf Casey Kruger und sah, dass er sich an diesem Abend nicht allzu sehr nach ihr verzehren würde. Er hatte nämlich Gesellschaft. Nachdem er im Anschluss an seinen Auftritt alle Autogrammwünsche erfüllt hatte, griff er nach der Hand einer Frau, die im Schatten neben der Bühnentür gestanden hatte, und zog sie mit sich.
»Ahoi, Cleo, wie geht’s? Heute habe ich eine Freundin dabei.«
Natürlich eine Blondine. Wenn auch ein wenig älter, als Cleo erwartet hätte. Diskret musterte sie die Frau, als die beiden sich auf den Rücksitz setzten. Cleo vermutete, dass sie Mitte dreißig war. Ihr fielen auch das tief ausgeschnittene Top, das spektakuläre Dekolleté und die Acrylnägel auf. Caseys neue Freundin war zweifellos attraktiv und ebenso zweifelsfrei die Beste aus dem Haufen, der an diesem Abend an der Bühnentür herumgelungert hatte. Cleo hatte sie noch nie zuvor gesehen. Vielleicht hatte sie während der Show in der ersten Reihe gesessen, und Casey hatte sie bei seinem Auftritt bemerkt. Vielleicht hatte er ein paar Mal ihren Blick
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