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Beinah auf den ersten Blick: Roman (German Edition)

Beinah auf den ersten Blick: Roman (German Edition)

Titel: Beinah auf den ersten Blick: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jill Mansell
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    Aber ihn zu verlassen war für Tante Jean undenkbar. Sie liebte ihn mehr als alles andere auf der Welt. Er war ihr Leben. Wenn sie Dave nicht haben konnte, wollte sie lieber tot sein.
    Einmal, als Cleo durch die Küche ging, hatte sie sie das sagen hören, woraufhin ihre Mutter erwidert hatte: »Sag das nicht, Jean, niemand will tot sein.«
    Daraufhin hatte Jean mit lallender Stimme erklärt: »Nein? Für mich klingt das nach einer sehr guten Idee.«
    Dieses Gespräch fand statt, als Cleo zehn war. Etwa ein Jahr später hatte ihre Mutter eine katastrophale Hirnblutung erlitten und war drei Tage später im Krankenhaus gestorben, ohne je das Bewusstsein wiedererlangt zu haben.
    Es schien so unfair, dass Tante Jean, die sterben wollte, immer noch lebte, wogegen ihre Mum, die jeden Aspekt des Lebens geliebt hatte und die Cleo doch so sehr brauchte, nun tot war.
    Tante Jean hatte sie nie getröstet, kein einziges Mal. Sie trank einfach weiter und zitterte und weinte. Aber nicht über den tragischen Verlust ihrer Schwester. Oh nein. Über David .
    Damals hatte Cleo aufgehört, ihre einst so fröhliche Tante zu mögen, und sie stattdessen verachtet. Gleichzeitig hatte sie zum ersten Mal Anflüge von Angst verspürt, denn das geschah offensichtlich, wenn man jemand zu sehr liebte, diese Liebe jedoch nicht erwidert wurde. Der andere wird stärker, und man selbst wird schwächer und hilfloser. Sie demütigen dich, und du lässt es mit dir geschehen. Und am Ende hast du keine Selbstachtung mehr, und es ist dir auch egal, dass die Menschen mit dem Finger auf dich zeigen und lachen, wenn du mit verrutschtem Rock die Straße entlangschwankst und man deine zerschlissene Unterwäsche sehen kann.
    Das war für die anderen zweifelsohne sehr unterhaltsam, aber sehr viel weniger lustiger, wenn es die eigene Tante war, die sie nachäfften und auslachten.
    Sie kamen nach Channings Hill. Also gut, nicht mehr an Tante Jean denken.
    Da es immer noch in Strömen goss, fuhr Cleo die Auffahrt von Ravenswood hoch und hielt direkt vor dem Eingang.
    »Tür-zu-Tür-Service«, konstatierte Johnny.
    »Nur, weil es regnet.«
    »Du bist die Beste. Ich schulde dir was.«
    Die Sicherheitslichter waren angegangen. Er bedachte sie wieder mit diesem nicht zu entschlüsselnden Blick. Cleo wischte sich über die Wange und meinte unsicher: »Was ist los? Habe ich etwas im Gesicht?«
    »Ja.«
    Als sie in den Wagen gestiegen war, hatte ein Zweig mit nassem Geißblatt ihre Haare gestreift. O bitte, Gott, lass es keine Schnecke sein …
    »Das hier.« Er hob die Hand und berührte mit dem Zeigefinger eine große Sommersprosse direkt unter ihrem rechten Auge. »Ein Schönheitsfleck.«
    Hurra, keine Schnecke. »Das ist eine Sommersprosse.«
    »Weißt du, was? Die hat mir immer ganz besonders gut gefallen.« Johnny nickte bedächtig. »Das ist eine großartige Sommersprosse. Sie lässt dich wie einen Pierrot aussehen.«
    O Gott, er hatte ja keine Ahnung, was er ihren Innereien antat, wenn er ihr Gesicht auf diese Weise berührte.
    Entweder das oder er wusste ganz genau, was er tat. Was, mal ehrlich, sehr viel wahrscheinlicher war. Cleo konzentrierte sich auf ihren Atem, darauf, ihre Gefühle zu verbergen. Es wäre eine ganz schreckliche Idee, Johnny zu zeigen, was sie für ihn empfand.
    »Na schön, dann also gute Nacht.«
    »Danke fürs Mitnehmen.«
    Sie brachte ein lässiges Lächeln zustande. »Kein Problem.«
    Johnny stieg aus, dann lehnte er sich durch die offene Tür noch einmal ins Wageninnere. »Ich hätte dir ja einen Gute-Nacht-Kuss gegeben, aber du scheinst den vorhin nicht genossen zu haben.«
    »Nicht sehr, nein.«
    Er grinste. »Ich könnte mit der Zurückweisung nicht klarkommen.«
    Cleos Mund war staubtrocken. Ihre Lippen kribbelten bei dem Gedanken, was ihr da gerade entgangen war. Laut sagte sie: »Dann ist es ja gut, dass du es nicht versucht hast.«

33.
    Kapitel
    Es klingelte an der Tür, als Abbie in der Küche war. Vor der Haustür stand Fia Newman.
    »Hi.« Fia hielt eine schwarze Mülltüte hoch. »Frank geht in Arbeit unter, darum bat er mich, seine Sachen für Georgia vorbeizubringen. Ist sie da?«
    »Ja, ich bin hier! Nur immer herein!«
    Abbie biss sich auf die Lippen. Sie wusste, sie sollte sich darüber freuen, dass Georgia arbeitete, aber sie fühlte sich allmählich wie ein Eindringling in ihrem eigenen Haus. Sie führte Fia ins Wohnzimmer und atmete den dampfigen Geruch von Lenor und Sprühstärke ein. Frisch gebügelte

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