Beiß mich, wenn du dich traust
kommen.«
»Bisswunde ... Elf... in Ordnung ...«, murmelt er.
Da rollen seine Augen in ihre Höhlen zurück und er ist wieder bewusstlos. Ich stöhne frustriert auf und hoffe, dass er sich an meine Worte erinnert, wenn er aufwacht.
Dann stelle ich plötzlich fest, dass ich wieder schmerzfrei atmen kann. Ich begutachte meine Bauchwunde, die komplett verheilt ist. Die Haut ist glatt, als wäre sie nie auch nur geritzt worden.
Ich schüttle ungläubig den Kopf. Das hat allein sein Blut bewirkt. Ich bin vollkommen geheilt.
Aber … um welchen Preis? Ich betrachte Corbins geschwollenen Hals mit den blauen Flecken und mir wird speiübel. Widerlich. Niederträchtig.
Monströs. Wer ist fähig, einem anderen Menschen so etwas anzutun?
Ich offenbar.
Aber ich schlucke und zwinge mich, nicht zu kotzen. Schließlich habe ich richtiges, Leben spendendes Blut im Magen. Wer weiß, wann ich wieder die Gelegenheit haben werde zu saugen.
Hey, wann immer du willst, sagt eine boshaft kichernde Stimme in mir. Er ist dein allzeit verfügbarer Snack.
12
Am nächsten Morgen wache ich in meinem Bett im Schüler-Wohnheim auf und habe mörde-rischen Hunger. Man sollt meinen, all das Protein, das ich in der Nacht zuvor zu mir genommen habe, sollte ein Weilchen reichen, aber nichts da.
Ich will mehr Blut, und zwar schnell.
Aber ich weiß nicht, wie zum Teufel ich an welches kommen soll.
Letzte Nacht, nach dem ... Saugen ... habe ich Corbin bewusstlos in der Höhle zurückgelassen und mich auf die Suche nach meiner Schwester und den anderen Alphas gemacht. Peter war schon zur Schule zurückgelaufen, um die Sani-täter zu holen, und als sie ungefähr zwanzig Minuten später auf der Lichtung eintrafen, habe ich sie zu der Höhle geführt, damit sie Corbin helfen konnten. Ich erzählte ihnen, ein Elf habe ihn gebissen und er sei wegen des Blutverlusts zusammengebrochen. Sie nahmen meine Geschichte ohne große Nachfragen hin und legten ihn auf eine Trage, um ihn auf die Krankenstation der Schule zu bringen. Das schlechte Gewissen plagte mich, als ich zusah, wie sie seinen schlaffen reglosen Körper hochhoben und weg-trugen. Was hatte ich nur getan? Und vor allem, würde er sich beim Aufwachen daran erinnern, was passiert war?
Die Untersuchung durch das medizinische Personal vermied ich, indem ich hartnäckig versicherte, dass es mir gut gehe. Dann machte ich mich zurück auf den Weg zum Wohnheim, wo ich mich die ganze Nacht hin und her wälzte und fragte, ob Corbin aufwachen und mich wegen des Bisses anzeigen würde. Bei jedem Geräusch draußen vor der Tür war ich sicher, dass die Wachen kamen, um mich für meine Sünden zu pfählen.
Aber niemand kam und schließlich fiel ich in einen rastlosen Schlaf und wurde erst am folgen-den Morgen vom beharrlichen Gezwitscher der Vögel geweckt.
Jetzt schiele ich zum Bett meiner Schwester hinüber und sehe, dass es leer ist. Sie schlief schon tief, als ich letzte Nacht zurückkam, und weigerte sich, selbst auf mein kräftigstes Knuffen zu reagieren. Dabei brannte ich darauf, mit ihr über das Geschehene zu reden - darüber zu spekulieren, wie die Elfen uns gefunden hatten -, aber sie war so erledigt, dass ich sie dann doch schlafen ließ.
Und jetzt ist sie weg. Ich werde bis zum Mittag-essen warten müssen.
Ich klettere aus dem Bett und fühle mich dabei so stark wie schon seit Tagen nicht mehr. Ein Blick in den Spiegel - meine Haut ist rosig, meine Augen glänzen, meine Lippen leuchten voll und rot. Selbst meine kleinen Flügelchen haben sich hübsch aufgeplustert. Wahnsinn - ich sehe toll aus. Ist wohl kein Wunder, wenn man an das Dinner der vergangenen Nacht denkt.
Bilder drängen sich in meine Erinnerung und Schuldgefühle fangen wieder an, mich zu pei-nigen. Ich sehe Corbins glasige Augen vor mir.
Seinen glatten Hals. Seine Lippen, als er mich wie wild küsst. Was würde Jareth denken, wenn er davon wüsste? Zum Teil wäre er wahrscheinlich froh - weil ich endlich nachgegeben und richtiges Blut getrunken habe. Aber die Art und Weise, wie es dazu gekommen ist. . .
Okay, sprechen wir es einfach aus. Ich habe meinen Freund betrogen. Ich habe mit einem anderen Jungen rumgemacht. Selbst wenn er nur ein Mitternachtssnack war. So benimmt sich eine treue Freundin - Blutsgefährtin – nicht.
Ich schüttele den Kopf. Nein, nein, ich muss aufhören, wie ein Mensch zu denken. Das war nichts Sexuelles. Ich wollte nicht mit ihm schlafen, sondern musste lediglich Blut saugen. Und wenn ich ihn
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