Beiß mich, wenn du dich traust
Selbstsicherheit bremsen und etwas erwidern wie: damit werden Sie niemals durchkommen!, aber da ich selbst leider nicht sehr zuversichtlich bin, ob das wahr ist, und Elfen nicht lügen können, bin ich außerstande, es auszuspucken. Also begnüge ich mich damit zu sagen: »Meine Eltern werden mich befreien! Sie werden herausfinden, dass Sie nichts Gutes im Schilde führen!« Was durchaus stimme könnte.
Obwohl ich nicht sicher bin, ob ihr Timing gut genug sein wird, um mein Überleben zu sichern.
»Ach ja?«, fragt Roberta hämisch. »Vielleicht werden sie ja auch die tragische Tatsache akzep-tieren, dass Sie von einem bösen Elf ermordet wurden, dessen Mission es war, Ihre Schwester zu entführen und ins Elfenreich zurückzu-bringen?«
Ich schnaube frustriert, weil sie recht haben könnte. Natürlich würde ich liebend gern entgeg-nen: vergessen Sies! Meine Eltern werden Ihre üble Lüge durchschauen und erkennen, dass Sie ihre Tochter gekidnappt haben und sie für ein infames Experiment benutzen wollen, mit dessen Hilfe Sie die Weltherrschaft zu übernehmen planen! Aber das scheint mir leider nicht allzu realistisch.
Hoffnungslosigkeit beginnt, in mir aufzusteigen.
Ist dies wirklich das Ende? Nach allem, was ich durchgemacht habe - böse Vampire, Werwölfe, Elfen -, soll ich meine letzten Augenblicke damit verbringen, auf diesem unbequemen Bett zu liegen und mir mein Blut abzapfen zu lassen, mit dem man eine Armee von Superjägern erschaffen will?
Ich nehme alles zurück, was ich über den Wunsch nach einem originellen, kreativen Dahinscheiden gesagt habe. Ein Rumoren an der Tür unterbricht meine Todesgedanken. Ich wende den Kopf, um festzustellen, was los ist. Zwei Wärter schieben ein zweites Bett herein. Als ich einen dunklen Haarschopf erspähe, stöhne ich erschrocken auf.
Das kann nicht sein. Oder doch?
»Corbin?«, flüstere ich und meine Stimme ist heiser vor Schock.
Er stöhnt gequält und ich begreife, dass er bewusstlos ist und mit den gleichen magischen Bändern gefesselt, die auch mich kaltgestellt haben. Ich drehe den Kopf, um die Direktorin zu fixieren. »Was haben Sie ihm angetan?«, zische ich.
»Keine Sorge«, sagt sie und dankt den Pflegern, die ihn hereingeschoben haben. »Er wird in Kürze aufwachen. Allerdings kann ich mir vor-stellen, dass er eine Spur gereizt auf Sie reagieren wird, jetzt, da er weiß, dass Sie es waren, die ihn gebissen hat …«
Gereizt dürfte ziemlich untertrieben sein. Er wird wohl noch etwas mehr als nur gereizt sein, wenn er erfährt, dass ich ihm gnadenlos das Blut aus den Adern geschleckt habe, ohne um Erlaubnis zu fragen.
»Lassen Sie ihn bitte gehen!«, flehe ich. »Sie haben doch mich. Ich bin es, die Sie wollten. Er ist unschuldig.«
»Meine Liebe, Sie verstehen wohl nicht recht«, gurrt Direktorin Roberta, geht zu Corbin hinüber und streicht ihm eine Locke von der Stirn. »Wir brauchen ihn für das Experiment.«
Ich schlucke schwer und bete, dass sie nicht meint, was ich befürchte. Aber natürlich meint sie das.
»Sobald wir Ihre DNA aufgeschlüsselt und einen kleinen Blutcocktail gemixt haben, werden wir Ihrem Freund hier eine Transfusion verpassen.«
Lächelnd sieht sie auf Corbin hinunter. »Er wird unser Adam sein. Der Urvater einer neuen, allmächtigen Rasse, vor der die restliche Parallelwelt in Angst erzittern wird.« Sie blickt auf und ihr Gesicht ist grimmig vor Stolz.
»Niemand wird je wieder über Slayer Inc.
lachen.«
»Aber … aber …« Ich finde kaum die Worte.
»Können Sie nicht mit jemand anderem als Corbin experimentieren? Er hasst Vampire. Seine Eltern wurden von einem Vampir getötet!«
»Meine Liebe, was denken Sie, warum wir ihn ausgewählt haben?«, fragt die Direktorin mit einem herablassenden Blick. »Sein Zorn wird ihn zu einem hervorragenden akuten, andauernden Drang verspüren, Vampire zu töten, nachdem wir ihn verwandelt haben. Nun, und genau das ist doch die Aufgabe eines Jägers, nicht wahr?«
Ich stelle mir den armen Corbin vor, wie er aufwacht und entdeckt, dass er zu genau dem gemacht wurde, was er mehr als alles andere auf der Welt hasst. Es wird ihn umbringen, so viel steht fest.
»Sie sind ein Monster!«, rufe ich, leider tränenerstickt.
Direktorin Roberta verdreht die Augen.
»Monster?«, wiederholt sie kichernd. »Ich bitte Sie. Haben Sie in letzter Zeit mal in den Spiegel geschaut?« Sie wendet sich an Dr. Franken. »Wie lange wird es dauern, bis Sie eine saubere Probe haben?«
Er sieht
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