Beißen will gelernt sein (German Edition)
ebenso finster wie die von Sebastian. »Er hat getan, was er tun musste. Nell hat gesagt, er ist ein mutiger Mann, weil er alle in dem Glauben ließ, er sei böse, damit er viele Leute retten konnte.«
»Die Bannwirkerin irrt sich«, bellte Sebastian und wendete sich mir zu. »Christian hat behauptet, der Verräter würde andere retten, indem er mich opfert, aber ich weiß, dass es nicht so war. Christian hat mich belogen, um mich von meinem Plan abzubringen.«
»Das würde Onkel Christian niemals tun«, brummte Damian und starrte uns zornig an. »Er weiß, dass Papa nie im Leben so etwas Böses tun würde, wie du es ihm unterstellst!«
»Nein? Der Verräter hat mir ein Messer in den Hals gestoßen und mich damit an der Wand fixiert. Er hätte mir fast den Kopf abgetrennt. Aber vielleicht ist eine Beinahe-Enthauptung für dich ja nichts ›Böses‹.« Sebastian machte einen Schritt auf Damian zu, zog den Halsausschnitt seines schwarzen Pullovers herunter und zeigte ihm eine dünne unregelmäßige weiße Linie, die an seiner Kehle entlanglief. Ich umklammerte seinen Arm noch fester und strich behutsam über die Narbe.
»Nein!«, sagte ich nur.
Sebastian verstand mich falsch. »Ich werde dich nicht bitten, dich an der Tötung des Verräters zu beteiligen – das muss ich selbst erledigen. Aber jetzt verstehst du, warum ich mich für die an mir begangenen Verbrechen rächen muss. Wir haben schon zu viel Zeit vergeudet; wir müssen sofort los. Zuerst fahren wir nach Paris … «
»Nein«, wiederholte ich und rieb mir die Arme, weil mir eiskalt geworden war. »Mir ist klar, was du durchgemacht hast. Aber ich werde dir nicht helfen, wenn du auf deinem Rachefeldzug bestehst.«
Er sah mich ungläubig an. »Du wirst mir nicht … ?«
»Nein«, sagte ich abermals und hob den Kopf, um Entschlossenheit zu demonstrieren. »Wenn ich mich mit dir vereinigen soll, musst du mir schwören, dass du deine Rachepläne aufgibst und Adrian und seine Familie in Ruhe lässt. Sonst rühre ich keinen Finger, um dir in Bezug auf deine Seele zu helfen.«
Sebastian fluchte leise vor sich hin. »Warum willst du mir etwas verwehren, das mir zusteht? Findest du nicht, dass ich das Recht habe, mich für den Verrat zu rächen?«
»Ich finde, du hast absolut das Recht, gekränkt und wütend zu sein. Und zweifelsohne hat dich diese Erfahrung verändert. Aber ich weiß aus erster Hand, was Rache anrichten kann, und ich werde dich nicht dabei unterstützen. Also entscheide dich, Sebastian: Entweder bekommst du eine Seele und eine Auserwählte oder du kannst dich an jemandem rächen, dem wahrscheinlich ebenso übel mitgespielt wurde wie dir.«
»Asmodeus hat einen Fluch über Papa ausgesprochen!«, warf Damian ein. »Er hatte keine andere Wahl. Er musste tun, was Asmodeus ihm befahl, weil sein Vater ihn verraten hat.«
Sebastian knurrte etwas Unflätiges auf Französisch. Ich warf Damian einen warnenden Blick zu und bedeutete ihm mit einer Handbewegung, sich schleunigst aus dem Staub zu machen. Er nickte mit hoch erhobenem Kopf und verließ widerstrebend den Raum.
Mir war klar, dass Sebastian sofort auf mich losgehen würde, sobald die Tür ins Schloss gefallen war, aber ich hatte in meinem bewegten Leben gelernt, wie man mit Männern umging.
»Ich finde, du bist unglaublich tapfer«, sagte ich, als er sich mir zuwendete, um mir einen Vortrag zu halten.
»Ysabelle … « Er hielt verdutzt inne. »Findest du?«
Ich grinste in mich hinein. Nichts bringt einen Mann so sehr aus dem Konzept wie ein kleines Kompliment – besonders, wenn es ehrlich gemeint ist. »Ja, finde ich. Du musstest unglaublich tapfer sein, als dir beinahe der Kopf abgetrennt wurde und als der Dämonenfürst dich in seiner Gewalt hatte. Außerdem finde ich dich ausgesprochen intelligent, charmant und … äh … ehrlich gesagt, verdammt sexy.«
Er stellte sich so dicht vor mich, dass sich unsere Schuhspitzen berührten. Ich hielt seinem durchdringenden Blick stand und ließ ihn in meinen Augen sehen, dass ich alles, was ich gesagt hatte, ernst gemeint hatte.
Das verwirrte ihn offenbar, denn er runzelte die Stirn. »Warum hast du dann gerade damit gedroht, mich zu verlassen, wenn ich nicht tue, was du willst?«
»Das habe ich doch schon erklärt – ich habe selbst erlebt, welche Auswirkungen ein solcher Rachefeldzug haben kann, und offen gesagt … «
»Belle!« Sally kam durch die Tür geschwebt und stemmte die Hände in die Hüften. »Le Dämon est à la porte! Und
Weitere Kostenlose Bücher