Beißen will gelernt sein (German Edition)
dem Wiedergänger schon sein Bein geben, doch als ich sie warnend ansah, zog sie sich folgsam damit in eine Ecke zurück.
Damian, der am oberen Ende der Treppe kauerte, spähte über das Geländer hinweg zu mir herunter. Seine dunklen Haare waren mit einer dicken grauen Staubschicht bedeckt, aber ansonsten schien ihm nichts zu fehlen.
»Alles in Ordnung mit dir?«, rief ich.
Er nickte, dann zeigte er stumm auf das Loch in der Hauswand. Sebastian und ich drehten uns ruckartig um.
»Tattu!«
Der Dämon stand in dem neu geschaffenen Eingang und seine Augen glühten vor Hass.
»Oh, merde«, fluchte Sally und schwang das Bein wie einen Baseballschläger. »Da ist er!«
Sebastian stellte sich zwischen mich und den Dämon und ich starrte amüsiert, aber auch gerührt über seine Fürsorglichkeit seinen Rücken an. Wir hatten uns gerade erst kennengelernt, und er verhielt sich wie ein … nun ja, wie ein treusorgender Ehemann. Ich geriet ins Grübeln…
»Tattu! Komm mit mir und ich werde den beiden Dunklen keinen Schaden zufügen.«
»Wer ist das denn?«, fragte Tim und sah den Dämon geringschätzig an. »Will er uns als Geiseln festhalten? Ist das eine Geiselnahme? Wird er sich überhaupt an die Regeln zum korrekten Umgang mit Geiseln halten? Sollen wir einen von uns zum Verhandlungsführer bestimmen?«
Ich seufzte und trat an Sebastians Seite, um den Dämon grimmig ins Visier zu nehmen. Sebastian stand völlig regungslos da, seine Augen hatten die Farbe von hellem Granit und sämtliche Muskeln seines Körpers waren angespannt. Ich ergriff seine Hand. Ob ich damit verhindern wollte, dass er etwas Unüberlegtes tat, oder ob ich einfach nur Trost suchte, wusste ich selbst nicht so genau. Als er seine Finger mit meinen verschränkte, stieg ein Gefühl der Wärme meinen Arm hinauf.
»Diese Frau ist meine Auserwählte«, wies Sebastian den Dämon in die Schranken. Seine Körpersprache machte deutlich, dass mit ihm nicht zu spaßen war. »Und du verschwindest auf der Stelle!«
»Deine Auserwählte?« Der Dämon sah mich an. Ich erschauderte vor Ekel, als er mich eingehend studierte, und fühlte mich so grauenhaft, dass mir übel wurde.
Eine ganze Schar Kobolde drängte zwischen seinen Füßen hindurch und versammelte sich vor ihm auf dem Boden. Sie hüpften schreiend auf und ab und drohten uns mit ihren kleinen Fäusten, bis Sebastian sie ansah. Ein Blick von ihm genügte, und schon flohen sie nach draußen.
»Kobolde!«, rief das, was von William übrig geblieben war. »Da hätte ich jetzt Lust drauf!«
Es ist wirklich gut, dich in der Nähe zu haben, sagte ich zu Sebastian.
In mehr als einer Hinsicht, entgegnete er, und einen atemberaubenden Augenblick lang wurde mein Kopf mit äußerst erotischen Bildern, Gedanken und Wünschen überflutet. Angesichts der Dinge, die Sebastian mit mir machen wollte, bekam ich ziemlich weiche Knie. Die Bilder waren sofort wieder verschwunden und ich hätte mir gewünscht, wir wären allein, weil ich einigen seiner erregenden Gedanken gern nachgegangen wäre. Der Dämon brachte mich jedoch mit einem Knurren wieder auf den Boden der Tatsachen.
»Die Tattu ist nicht deine Auserwählte«, sagte der Dämon höhnisch zu Sebastian. »Ihr habt die Vereinigung noch nicht vollzogen. Sie gehört meinem Herrn. Ich nehme sie mit und du kannst nichts dagegen tun.«
»Könnte ich bitte mein Bein haben?«
Auserwählte, wir müssen uns sofort vereinigen. Sonst kann ich dich nicht beschützen.
»Wag es nicht!« Sally schwebte herüber, nachdem sie Tim Williams Bein gegeben hatte, und baute sich mit vor der Brust verschränkten Armen vor dem Dämon auf. Ihr mutiger – wenn auch völlig sinnloser – Versuch, mich zu schützen, rührte mich sehr.
Ysabelle, wir haben keine andere Wahl. Wir müssen uns vereinigen, bevor der Dämon angreift. Ohne Hilfe kann ich ihn nur für kurze Zeit außer Gefecht setzen, und dann kommt er mit seinen Helfershelfern und anderen Dämonen wieder. Sebastian war deutlich anzuhören, wie sehr er es bedauerte, mir eine Entscheidung aufzwingen zu müssen, aber ich nahm auch einen Anklang von Genugtuung in seiner Stimme wahr und geriet abermals ins Grübeln.
Der Dämon ging einfach durch Sally hindurch und blieb zwei Meter vor Sebastian stehen. Dann fing er an zu grinsen und im selben Moment explodierten die Glühbirnen in dem Kronleuchter über der Treppe und hinter uns rieselten Glassplitter auf den Boden.
»He! Glasscherben können sehr gefährlich sein!«,
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