Beißen will gelernt sein (German Edition)
rutschig ist und ich verfolgt werde … «
»Tu es verrückt? Tu veux mich umbringen?«
Der Mann erhob sich mit einer Eleganz, die mir bedauerlicherweise abging, und schaute verblüfft in Richtung der Stimme, die aus meinem Rucksack kam.
»Verzeihung. Das ist etwas verwirrend, nicht wahr? Was Sie da hören, ist mein … «, begann ich verlegen zu erklären, doch in diesem Moment kamen die Kobolde.
»Jipp, jipp, jipp!«, schrien die blutrünstigen kleinen Monster (Kobolde führen nur selten etwas Gutes im Schilde) und fegten wie eine gelbe Flutwelle um die Ecke.
»Verdammt!« Ich sah mich hektisch um und suchte nach dem nächstbesten Fluchtweg, doch bevor ich mich orientiert hatte, drängte mich der Mann bereits in eine unbeleuchtete enge Gasse.
»Hier entlang! Schnell!«, rief er, ließ mich los und pflanzte sich breitbeinig vor dem Eingang der Gasse auf. Ich zögerte einen Augenblick, denn ich wollte nicht, dass sich mein barmherziger Samariter in Gefahr brachte und am Ende noch zu Schaden kam. »Nun lauf schon, du törichte Frau! Mir wird nichts passieren!«
Das ließ ich mir nicht zweimal sagen. Ich rannte los und streckte dabei die Hände vor mir aus, um in der Dunkelheit nicht gegen Mülltonnen und Abfallcontainer zu laufen.
»Belle! J’ai entendu eine Männerstimme. Wer war das?«
»Sally, ich habe jetzt wirklich keine Zeit für … Aua! Verdammt, das ist die Hölle!«
Weil die Gasse an der Rückseite einer geschlossenen Häuserreihe entlangführte, fiel nur wenig Licht von den Geschäften und Straßenlampen herein. Außerdem sagte mir der beißende Geruch von Mäusedreck und Urin, dass diese Gasse wohl doch nicht die sichere Zuflucht war, die ich mir erhofft hatte. Ich fluchte noch einmal, als ich mit dem Schienbein gegen etwas Hartes, Spitzes stieß, dann drehte ich mich um, weil ich wissen wollte, wie sich mein Beschützer schlug. Ich war bereit, sofort zu seiner Rettung zu eilen, falls ihn die Kobolde zu überwältigen drohten, doch ich sah nur seine um sich schlagende und tretende Silhouette am Eingang der Gasse.
»Pourquoi tu es stehen geblieben?«
»Weil der Mann vielleicht Hilfe braucht.«
»Lauf!«, schrie der und drehte sich kurz zu mir um. »Am Ende der Gasse links!«
Seine Stimme war fest und energisch. Es hörte sich ganz und gar nicht so an, als bräuchte er Hilfe.
»Tu, was er sagt!«, zischte Sally. »Er klingt terriblement sexy.«
»Mache ich ja schon«, schnauzte ich zurück und brachte die zweite Hälfte der Gasse ohne größere Blessuren an meinen geschundenen Schienbeinen hinter mich. Ich stürzte hinaus auf die hell erleuchtete belebte Straße – und rannte direkt in einen Dämon hinein.
Mein Kopf und meine Schulter explodierten geradezu vor Schmerz und Sally begann zu kreischen. Ihre schrillen Schreie drangen durch den stinkenden Dämonenrauch und den Nebel in meinem Kopf, und ich gelangte benommen zu der Erkenntnis, dass der Dämon mich anscheinend für einen Angreifer gehalten und instinktiv zu Boden geworfen hatte. Die Schmerzen und der intensive kupferige Blutgeschmack in meinem Mund sorgten dafür, dass ich wieder einen klaren Kopf bekam, und ich rappelte mich mühsam auf.
»Dämon! Dämon! Dämon!«, schrie Sally in meinem Rucksack.
»Du riechst nach Wiedergängern«, sagte der Dämon schnüffelnd und taxierte mich mit zusammengekniffenen Augen.
»Ich will dir nichts Böses«, sagte ich beruhigend und hob die Hände, damit der Dämon sehen konnte, dass ich nicht bewaffnet war.
»Lauf weg, Belle! C’est un Dämon! Zut alors! Er bringt dich um!«
Meine Geste des guten Willens brachte nicht viel. Der Dämon knurrte ein Wort, das mir das Blut in den Adern gefrieren ließ. »Tattu!«
Als er sich auf mich stürzte, machte ich einen Satz nach hinten. Hätte ich doch bloß nicht die U-Bahn genommen! Dann hätten mich die Kobolde nicht gefunden und ich wäre nicht mit dem leckeren Mann zusammengestoßen und er hätte mich nicht (absichtlich oder unabsichtlich?) in die Arme eines der wenigen Wesen getrieben, die mir etwas anhaben konnten.
Ich wirbelte um die eigene Achse, um davonzulaufen und mich vor dem Dämon in Sicherheit zu bringen, doch in diesem Moment kam der Mann, den ich geküsst hatte, aus der Gasse gerannt und warf sich zwischen mich und den Dämon.
Ich wartete nicht, bis sich herausstellte, auf wessen Seite er stand, sondern rannte los. Nach den Flüchen und Schreien des Dämons zu urteilen, die ich kurz darauf hörte, war der Fremde offenbar mein
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