Bekehrung: Ein Eifel-Krimi (Eifelkrimis) (German Edition)
den räumlichen Abstand zwischen uns. »Frau Maraite besteht darauf, jetzt zu gehen.«
»Bestehen kann sie, gehen nicht«, sagt er und rutscht vom Bett. »Bis später, Katja.«
Schwester Kati ist so damit beschäftigt, den Polizeiinspektor aus dem Zimmer zu geleiten, dass ihr das einsame Handy auf dem Bett entgeht. Es muss Marcel aus der Hosentasche gerutscht sein.
»Da darfst du jetzt nicht rein«, informiert mich der Polizist vor der Tür.
»Ist mit Marcel abgesprochen«, versichere ich und zeige ihm das Handy. »Hat er mir gegeben, damit ich es ihm zu einem bestimmten Zeitpunkt reinbringe. Alles Taktik.«
Der Kollege schüttelt resigniert den Kopf. »Nichts macht dieser Kerl nach Dienstvorschrift. Wird ihn irgendwann noch mal Kopf und Kragen kosten.«
Ich mache leise die Tür auf und bekomme gerade noch die Frage mit, die der Polizeiinspektor an Christine richtet. Marcel springt auf, reißt mir das Handy aus der Hand und scheucht mich augenblicklich wieder aus dem Zimmer.
Was gar nicht schlimm ist, denn Frau Lamberts Antwort brauche ich mir nicht zusammenzureimen, die steht mir glasklar vor Augen. Marcels Frage hat mich auf eine neue Spur gebracht: »Hätte es Ihr Bruder gut gefunden, dass Sie sich neue Möbel anschaffen, wo er doch gerade erst verschwunden war?«
Keine neuen Möbel. Alte Möbel. Alte englische Möbel. Die aus einem schottischen Haushalt stammen, der zu genau der Zeit aufgelöst worden ist, als Jean-Marie Lambert verschwand. Mir ist völlig klar, dass er sich zum Zeitpunkt der Auflösung des Gordon-Haushalts nach Schottland begeben und für den Transport der englischen Einrichtung ins Pfarrhaus nach Atzerath gesorgt hat.
Claires Schlussfolgerung mag ich nicht teilen. Es ist zwar gut möglich und vielleicht auch wahrscheinlich, dass Barbara Gordon nach dem Tod ihres Mannes versuchen wollte, seine verqueren Visionen in die Tat umzusetzen. Wer so viele nahestehende Menschen sterben gesehen hat, ist sicherlich empfänglich für alle möglichen Überlebensstrategien und greift nach jedem Strohhalm. Doch dass diese Frau Hamishs Fangemeinde versklavt haben soll, halte ich für ausgeschlossen. Dazu braucht es einen ausgefuchsten Menschenfischer, einen, der gelernt hat, Leute zu manipulieren, einen Priester zum Beispiel.
So wie ich es sehe, hat Jean-Marie Lambert der Frau alles genommen, ihr weder Würde noch einen Wedgewood-Teller gelassen, ihr auf ganz andere Weise als früher Glaube und Gehorsam eingetrichtert. Was für ein eiskalter Bursche dieser Herr Pfarrer doch war! Ohne ihn ist die Welt ein besserer Ort. Sollte ich Mrs Gordon finden, werde ich sie ganz bestimmt nicht der Polizei ausliefern.
Als NEUNTES geht mit dem Entree Bitteres, Süßes und Saures einher
Karamellisierte Jakobsmuscheln auf Avocado-Limetten-Schaum, umgeben von in Portwein geschmorten Chicoréeblättern, mit Süßkartoffelchips serviert
Montag, zur Mittagszeit
Auf das Häufchen Elend in meinem Restaurant bin ich überhaupt nicht vorbereitet. Nachdem ich mich in meinem Allradmonster durch plötzlich wieder aufgekommenes Schneetreiben von St. Vith bis zur Kehr durchgekämpft habe und unter der kaputten Türleuchte ausgerutscht bin, als ich zum Umziehen kurz mein Haus aufsuchte, möchte ich bitte von weiteren Katastrophen verschont bleiben. Aber Bianca sitzt laut heulend an unserem runden Tisch und blickt nicht einmal auf, als ich zur Tür reinstapfe.
»Schafe tot?« Ich ignoriere die besorgten Zeichen, die mir Gudrun macht.
»Hat nicht viel gefehlt«, antwortet eine fremde Stimme. Jetzt erst sehe ich den Mann am Tisch in der Ecke. Genau da, wo vor vier Tagen das Rendezvous mit dem Tod saß. Wieder schneit es, und wieder hockt da eine unbekannte grimmig lächelnde Gestalt. Und noch etwas anderes beunruhigt mich: Linus hat seinen Kopf in den Schoß dieses Fremden gelegt, blickt vertrauensselig zu ihm auf und denkt nicht daran, mich freudig zu begrüßen.
Ich rufe meinen Hund.
Er fiept gelangweilt, zeigt mir gähnend seine mächtigen Fänge und lässt sich dann wieder von diesem Mann kraulen, der einen Teller voller Bratkartoffeln mit Speck und Würstchen vor sich stehen hat. In meiner Abwesenheit wird also nicht nur kulinarisch bedenkliche Kost serviert, sondern mir zudem noch mein Hund mit unlauterer Methode entfremdet.
»Das Tier darf nicht am Tisch gefüttert werden«, sage ich scharf.
»Warum sollte es auch, wenn es sich im Schafstall selbst bedienen kann«, erwidert der Fremde.
»Oh Gott!«
Ich sinke auf
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