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Bekenntnisse Des Hochstaplers Felix Krul

Bekenntnisse Des Hochstaplers Felix Krul

Titel: Bekenntnisse Des Hochstaplers Felix Krul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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mit Ihnen im Saint James and Albany wohnt, wo ich aufwarte, ein Kellner. Ich bin doch nur ein Kellner, Miss Eleanor, ein niederes Glied unserer Gesellschaftsordnung, der ich Ehrerbietung entgegenbringe, Sie aber verhalten sich aufrührerisch gegen sie und abnormal, indem Sie mich nicht nur nicht gänzlich übersehen, wie es natürlich wäre und wie Ihre Mummy es mit Recht verlangt, sondern, während Ihre Eltern durch friedlichen Schlummer verhindert sind, die Gesellschaftsordnung zu schützen, heimlich zum Frühstück kommen und mir von ›love‹ reden. Das ist aber eine verbotene ›love‹, zu der ich nicht die Hand bieten kann, und muß mich sträuben gegen die Freude darüber, daß Sie mich gern sehen. Ich darf Sie gern sehen, wenn ich’s für mich behalte, das wohl. Aber daß Sie, Mr. and Mrs. Twentymans Tochter, mich gern sehen, das geht nicht und ist wider die Natur. Es ist auch nur Augenverblendung und kommt größtenteils von diesem Frack à la Saint James and Albany mit dem Sammetbesatz und den Goldknöpfen, der nichts als der Putz meiner niederen Stellung ist, und ohne den ich nach gar nichts aussähe, ich versichere Sie! So etwas wie Ihre ›love‹, das fliegt einen wohl an auf Reisen und angesichts solchen Frackes, und wenn man fort ist, wie Sie fort sein werden sehr bald, so vergißt man’s bis zur nächsten Station. Überlassen Sie mir die Erinnerung an unsere Begegnung dahier, dann ist das Gedächtnis daran irgendwo aufgehoben, ohne doch Sie zu beschweren!«
       Konnte ich mehr für sie tun, und war es nicht liebreich geredet? Sie aber weinte nur, so daß ich froh sein mußte, wenn in der Nähe die Tische leer waren, zieh mich schluchzend der Grausamkeit und wollte nichts wissen von der natürlichen Gesellschaftsordnung und der Unnatur ihrer Vernarrtheit, sondern bestand jeden Morgen darauf, wenn wir nur einmal ganz allein und ungestört sein könnten und freie Hand hätten, in Wort und Tat, dann würde sich schon alles finden und zum Glücke ordnen, vorausgesetzt, daß ich sie ein wenig lieb hätte, was ich gar nicht bestritt, jedenfalls nicht meine Dankbarkeit für ihre Zuneigung; doch wie sollte das Rendezvous zum Alleinsein in Freiheit zu Wort und Tat sich wohl herstellen lassen? Das wußte sie auch nicht, ließ aber deshalb nicht ab von ihrem Begehren und machte es mir zur Auflage, eine Möglichkeit zu seiner Erfüllung auszufinden.
       Kurzum, meine liebe Not hatte ich mit ihr. Und wenn nur nicht zur selben Zeit, und gar nicht nur nebenbei, die Geschichte mit Lord Kilmarnock gespielt hätte! – keine geringere Prüfung, wahrhaftig, da es hier nicht um einen Klein-Mädchen-Wildfang des Gefühls, sondern um eine Persönlichkeit ernsten Gewichtes ging, deren Empfindungen etwas wogen auf der Waage der Menschheit, so daß man weder ihm raten konnte, ihrer zu spotten, noch selbst Spott darüber aufzubringen vermochte. Ich wenigstens war nicht der Jüngling dazu.
    Der Lord, der vierzehn Tage bei uns wohnte und an einem meiner Tischchen für Einzelpersonen speiste, war ein Mann von sichtlicher Vornehmheit, um die Fünfzig, mäßig hoch gewachsen, schlank, äußerst akkurat gekleidet, mit noch ziemlich dichtem, eisenfarbig ergrautem, sorgfältig gescheiteltem Haar und einem gestutzten, ebenfalls leicht ergrauten Schnurrbart, der den bis zur Anmut feinen Schnitt des Mundes der Beobachtung freigab. Gar nicht fein geschnitten und wenig aristokratisch war die überstarke, fast klobige Nase, die, einen tiefen Einschnitt bildend zwischen den etwas schräg gesträubten Brauen, den grün-grauen Augen, welche sich mit einer gewissen Anstrengung und Überwindung offen zeigten, gerade und schwer aus dem Gesicht hervorsprang. War dies zu bedauern, so erfreute wiederum die stets peinlich saubere, letzte Weichheit erzielende Rasur von Wangen und Kinn, die überdies von einer Creme glänzten, mit der der Lord sich nach der Säuberung einrieb. Fürs Taschentuch benutzte er ein Veilchenwasser, dessen Duft von unglaublicher, mir sonst nie vorgekommener Natürlichkeit und Frühlingsfrische war.
       Sein Eintritt in den Saal war immer von einer Befangenheit, die bei einem so großen Herrn hätte befremden können, seinem Ansehen aber, wenigstens in meinen Augen, keinen Abbruch tat. Zuviel Würde stand ihr entgegen, und sie ließ nur vermuten, es sei etwas Besonderes mit ihm und er fühlte sich darum bemerkt und beobachtet. Seine Stimme war sanft, und ich begegnete ihr mit einer noch sanfteren, um zu spät

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