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Bekenntnisse Des Hochstaplers Felix Krul

Bekenntnisse Des Hochstaplers Felix Krul

Titel: Bekenntnisse Des Hochstaplers Felix Krul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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gehen zu Mummy.«
    »Oh, Armand, was sind Sie so kalt, so grausam, und haben doch gesagt, daß Sie mich ein wenig lieben? Zu Mummy, ich hasse Mummy, und sie haßt mich, aber Daddy, der liebt mich, und ich bin sicher, daß er sich in alles finden wird, wenn wir ihn vor vollendete Tatsachen stellen. Wir müssen nur einfach fliehen – fliehen wir diese Nacht mit dem Expreß, zum Beispiel nach Spanien, nach Marokko, ich bin ja gekommen, Ihnen dies vorzuschlagen. Da wollen wir uns verstecken, und ich will Ihnen ein Kind schenken, das wird die vollendete Tatsache sein, und Daddy wird sich dareinfinden, wenn wir uns ihm mit dem Kinde zu Füßen werfen, und wird uns sein Geld geben, daß wir reich und glücklich sind … Your lips!« Und das wilde Kind tat wahrhaftig, als wollte sie gleich hier auf der Stelle ein Kind von mir empfangen. »Nun genug, entschieden genug, dear little Eleanor«, sagte ich und nahm endlich sanft, aber ernstlich ihre Arme von mir herunter. »Das alles sind ganz verquere Träume, um derentwillen ich nicht meinen Weg verlassen und solchen Seitenpfad einschlagen kann. Es ist gar nicht recht von Ihnen und stimmt wenig mit der Versicherung Ihrer Liebe überein, daß Sie mir so zusetzen mit Ihrem Anliegen und mich durchaus in die Quere locken wollen, wo ich’s doch ohnedies schwer und noch andere Sorgen, noch anderweitig meine liebe Not habe als nur mit Ihnen. Sie sind recht egoistisch, wissen Sie das wohl? Aber so seid ihr alle, und ich zürne Ihnen nicht, sondern danke Ihnen und werde die kleine Eleanor nicht vergessen. Jetzt aber lassen Sie mich meinem Dienst nachgehen in der Halle.«
    »Ohuhu!« weinte sie los. »No kiss! No child! Poor, unhappy me! Poor little Eleanor, so miserable and disdained!« Und die Händchen vorm Gesicht warf sie sich in einen Ledersessel und schluchzte herzbrechend. Ich wollte zu ihr treten, um sie tröstlich zu streicheln, bevor ich ging. Das aber war einem anderen vorbehalten. Es kam nämlich in diesem Augenblick jemand herein, – nicht irgend jemand, es war Lord Kilmarnock von Nectanhall. In seinem vollkommenen Abendanzug, die Füße nicht in Lack, sondern in mattes, schmiegsames Lammleder gekleidet, die Rasur blinkend von Creme, trat er ein, die schwer starrende Nase voran. Den Kopf ein wenig zur Schulter geneigt, betrachtete er unter seinen schrägen Brauen sinnend die in ihre Hände Weinende, trat zu ihrem Stuhl und streichelte ihr mit dem Fingerrücken mildtätig die Wange. Mit überschwemmten Augen und offenen Mundes sah sie verblüfft zu dem Fremden auf, sprang vom Stuhl und lief wie ein Wiesel durch die andere Tür, die der Glastür entgegengesetzte, hinaus.
    Sinnend wie zuvor, blickte er ihr nach. Dann wandte er sich mit Ruhe und vorzüglichem Anstand zu mir. »Felix«, sprach er, »der letzte Augenblick zur Entscheidung ist gekommen. Ich reise morgen, schon früh. Noch in der Nacht müßten Sie Ihre Habe packen, um mich nach Schottland zu begleiten. Welches ist Ihr Entschluß?«
       »Mylord«, erwiderte ich, »ich danke ergebenst und bitte um Nachsicht. Ich fühle mich der mir gütigst angebotenen Stellung nicht gewachsen und bin zu der Überzeugung gediehen, daß ich besser davon absehe, diesen von meinem Wege abzweigenden Pfad einzuschlagen.«
       »Ich kann«, sagte er hierauf, »was Sie von Unzulänglichkeit vorgeben, nicht ernst nehmen. Im übrigen«, setzte er hinzu und warf einen Blick auf die Ausgangstür, »habe ich den Eindruck, daß Ihre Angelegenheiten hier abgeschlossen sind.«
    So nahm ich mich zusammen, ihm zu antworten:
       »Ich muß auch diese hier abschließen und darf Eurer Lordschaft recht glückliche Reise wünschen.«
       Er senkte das Haupt und hob es nur langsam wieder, um mir nach seiner Art, die voller Selbstbezwingung war, in die Augen zu blicken.
       »Felix!« sagte er, »Sie fürchten nicht, die größte Fehlentscheidung Ihres Lebens zu treffen?«
       »Eben das fürchte ich, Mylord, und daher mein Entschluß.«
       »Weil Sie sich der Stellung, die ich Ihnen biete, nicht gewachsen fühlen? Ich sollte mich sehr täuschen, wenn Sie nicht mit mir in dem Gefühl übereinstimmten, daß Sie noch für ganz andere Stellungen geboren sind. Meine Anteilnahme an Ihnen eröffnet Möglichkeiten, die Sie bei Ihrem Nein nicht in Rechnung stellen. Ich bin kinderlos und Herr meiner Handlungen. Es gibt Fälle von Adoption … Sie könnten eines Tages als Lord Kilmarnock und Erbe meiner Besitzungen erwachen.«
    Das war

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