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Bekenntnisse Des Hochstaplers Felix Krul

Bekenntnisse Des Hochstaplers Felix Krul

Titel: Bekenntnisse Des Hochstaplers Felix Krul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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5. dieses an gerechnet, abwartete, meine Kajütenbelegung auf ihre nächste Reise übertragen ließe und meine Überfahrt bis Ende September oder selbst Anfang Oktober verschöbe.
    Ihr kennt mich, liebe Eltern. Ein Mann der frischen Entschlüsse, trat ich dem Vorschlag des Angestellten bei, gab die entsprechenden Ordres und brauche kaum hinzuzufügen, daß ich Euere Freunde, die Meyer-Novaro, in einem wohlgesetzten Kabel von der Verzögerung meiner Reise unterrichtet und sie gebeten habe, mich erst im Lauf des Oktobers zu erwarten. Auf diese Weise, wie Ihr seht, ist allerdings die Frist meines Aufenthaltes in hiesiger Stadt selbst für meine Wünsche fast gar zu geräumig geworden. Doch sei es darum! Mein Hotelunterkommen ist, ohne Übertreibung gesagt, erträglich, und an belehrender Unterhaltung wird es mir hier, bis ich an Bord gehe, niemals fehlen. Darf ich mich also Eures Einverständnisses versichert halten?
       Ohne dieses, versteht sich, wäre es um mein inneres Wohlsein geschehen. Aber ich glaube, Ihr werdet es mir um so leichter gewähren, wenn Ihr von dem überaus glücklichen, ja erhebenden Verlauf der Audienz bei Seiner Majestät dem König vernehmt, die unterdessen stattgefunden hat. Von ihrer gnädigen Gewährung hatte Herr von Hüon mich in Kenntnis gesetzt, und zu guter Zeit vor der anberaumten Vormittagsstunde führte er mich in seinem Wagen von meinem Hotel zum Königlichen Schloß, dessen äußere und innere Bewachung wir dank seiner Akkreditiertheit und der Amts- und Hofuniform, die er angelegt hatte, ohne Umstände und mit Auszeichnung passierten. Wir erstiegen die an ihrem Fuße mit einem Paar Karyatiden in Posen von überanstrengter Schönheit flankierte Freitreppe, empor zu der Flucht der Empfangsgemächer, welche, mit Büsten ehemaliger Könige, Gemälden und Kristall-Lüstern geschmückt, meist in roter Seide dekoriert und mit Möbeln eines historischen Stiles ausgestattet, dem königlichen Audienzzimmer vorgelagert sind. Nur langsam gelangt man in ihnen von einem ins andere, und schon im zweiten wurden wir von dem diensthabenden Funktionär des Hofmarschallamtes zum vorläufigen Niedersitzen eingeladen. Es ist, von der Pracht des Schauplatzes abgesehen, nicht anders als bei einem vielgesuchten Arzt, der immer mit seinen Ordinationen in wachsenden Rückstand gerät, weil die Verzögerungen sich akkumulieren und der Patient weit über die Stunde der Bestellung hinaus zu warten hat. Die Zimmer waren bevölkert von allerlei Würdenträgern, einheimischen und ausländischen, in Uniform und GalaZivil, die leise plaudernd in Gruppen standen oder sich auf den Sofas langweilten. Man sah viele Federbüsche, betreßte Kragen und Ordensbehang. In jedem neuen Salon, den wir betraten, tauschte der Gesandte kordiale Begrüßung mit diesem und jenem Diplomaten seiner Bekanntschaft und stellte mich vor, so daß mir durch die immer zu erneuernde Bewährung meiner Lebensart, an der ich Freude habe, die uns auferlegte Wartezeit von gewiß vierzig Minuten recht schnell verging. Ein Flügeladjutant mit Schärpe, in der Hand eine Namensliste, ersuchte uns endlich, nahe der zum königlichen Arbeitszimmer führenden, von zwei Lakaien in gepuderten Perücken flankierten Tür Aufstellung zu nehmen. Heraus trat ein alter Herr in Gardegeneralsuniform, der sich wohl für irgendeinen Gnadenbeweis zu bedanken gehabt hatte. Der Adjutant trat ein, um uns anzuzeigen. Dann öffneten sich uns, von den Lakaien gehandhabt, die mit Goldleisten beschlagenen Flügel der Tür. Der König, wiewohl erst wenig über dreißig, hat schon gelichtetes Haar und ist von etwas dicklicher Beschaffenheit. Gekleidet in eine olivgrüne Uniform mit roten Aufschlägen und nur einen Stern auf der Brust, in dessen Mitte ein Adler Szepter und Reichsapfel in den Fängen hielt, empfing er uns stehend an seinem Schreibtisch. Sein Gesicht war gerötet von den vielen Gesprächen. Seine Brauen sind kohlschwarz, sein Schnurrbart jedoch, den er zwar buschig, an den Enden aber spitz aufgezwirbelt trägt, beginnt schon leicht zu ergrauen. Des Gesandten und meine eigene tiefe Verbeugung nahm er mit einer tausendmal in Gnaden geübten Handbewegung entgegen und begrüßte dann Herrn von Hüon mit einem Augenzwinkern, in das er viel schmeichelhafte Vertraulichkeit zu legen wußte.
       »Mein lieber Ambassadeur, es ist mir ein Vergnügen wie immer … Auch Sie in der Stadt? … Ich weiß, ich weiß … Ce nouveau traité de commerce … Mais ça

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