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Bekenntnisse Des Hochstaplers Felix Krul

Bekenntnisse Des Hochstaplers Felix Krul

Titel: Bekenntnisse Des Hochstaplers Felix Krul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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gleichviel! Vor dem königlichen Ohr sprach ich preisend von Eindrücken, die mir noch gar nicht zuteil geworden, und Seine Majestät geruhte einzuschalten, daß er meine Empfänglichkeit zu schätzen wisse.
       Dies ermutigte mich, mit aller Flüssigkeit, die mir gegeben ist, oder mit der die außerordentliche Situation mich beschenkte, im Sprechen fortzufahren und dem Monarchen Land und Leute von Portugal zu rühmen. Ein Land, sagte ich, besuche man ja nicht nur eben des Landes, sondern auch – und dies vielleicht vorzugsweise – der Leute wegen, aus Neugierde, wenn ich so sagen dürfte, nach nie erfahrener Menschlichkeit, aus dem Verlangen, in fremde Augen, fremde Physiognomien zu blicken … Ich sei mir bewußt, daß ich mich mangelhaft ausdrückte, aber was ich meinte, sei der Wunsch, sich an einer unbekannten menschlichen Körperlichkeit und Verhaltungsweise zu erfreuen. Portugal – à la bonne heure. Aber die Portugiesen, Seiner Majestät Untertanen, sie seien es erst eigentlich, die meine ganze Aufmerksamkeit fesselten. Das Keltisch-Ur-Iberische, dem dann allerlei historische Blutszutaten aus phönizischem, karthagischem, römischem und arabischem Bereich beigemischt worden seien, – eine wie reizende, den Sinn gefangennehmende Menschlichkeit bringe das doch je und je hervor, – von spröder Lieblichkeit das eine Mal, das andere Mal geadelt von einem Ehrfurcht gebietenden, ja einschüchternden Rassestolz. »Der Herrscher über ein so faszinierendes Volk zu sein, wie sehr sind Euere Königliche Majestät dazu zu beglückwünschen!«
       »Je nun, nun ja, sehr hübsch, sehr artig«, sagte Dom Carlos. »Ich danke Ihnen für den freundlichen Blick, lieber Marquis, den Sie auf Land und Leute von Portugal richten.« Und schon dachte ich, er wolle mit diesen Worten die Präsentation beenden, und war freudig überrascht, als er im Gegenteil hinzufügte:
       »Aber wollen wir uns nicht setzen? Cher ambassadeur, setzen wir uns doch ein wenig!«
       Ohne Zweifel hatte er ursprünglich die Absicht gehabt, die Audienz im Stehen abzuhalten und sie, da es sich ja eben nur um meine Vorstellung handelte, in wenigen Minuten zu beenden. Wenn er sie nun verlängerte und bequemer gestaltete, so dürft Ihr das – ich sage es mehr, um Euch ein Vergnügen zu machen, als um meiner Eitelkeit zu schmeicheln – der Flüssigkeit meiner Rede, die ihn unterhalten mochte, und der Gefälligkeit meiner Gesamt-tenue zuschreiben.
       Der König, der Gesandte und ich nahmen Platz in Lederfauteuils vor dem mit einem Gitter geschützten Marmorkamin mit seiner Pendule, seinen Armleuchtern und seinen orientalischen Vasen auf der Platte. Ein weiträumiges, sehr wohlmöbliertes Arbeitszimmer umgab uns, worin es nicht an zwei Bücherschränken mit Glastüren fehlte, und dessen Fußboden mit einem Perserteppich von Riesenformat bedeckt war. Ein paar in schwere Goldrahmen gefaßte Bilder hingen zu Seiten des Kamins, von denen eines eine Gebirgs-, das andere eine beblümte Flachlandschaft darstellte. Herr von Hüon wies mich mit den Augen auf die Gemälde hin, indem er zugleich auf den König deutete, der eben von einem geschnitzten Rauchtischchen einen silbernen Zigarettenkasten herüberholte. Ich verstand.
    »Wollen Ew. Majestät«, sagte ich, »allergnädigst verzeihen, wenn meine Aufmerksamkeit vorübergehend abgelenkt wird von Ihrer Person durch diese Meisterwerke da, die zwingend meine Blicke auf sich ziehen. Ich darf sie doch näher in Augenschein nehmen? Ah, das ist Malerei! Das ist Genie! Die Signatur ist mir nicht ganz erkennbar, aber eins wie das andere muß das vom ersten Künstler Ihres Landes stammen.«
    »Dem ersten?« fragte der König lächelnd. »Wie man es nimmt. Die Bilder sind von mir. Das links ist eine Ansicht aus der Serra da Estrella, wo ich ein Jagdhaus habe, das rechts bemüht sich, die Stimmung unserer moorigen Niederungen wiederzugeben, wo ich oft Schnepfen schieße. Sie sehen, ich habe versucht, der Lieblichkeit der Ziströschen gerecht zu werden, die vielfach diese Ebenen bedecken.«
    »Man glaubt, ihren Duft zu spüren«, sagte ich. »Ja, du mein Gott, vor solchem Können errötet der Dilettantismus.«
    »Für dilettantisch eben wird es gehalten«, antwortete
    Dom Carlos achselzuckend, während ich mich gleichsam widerstrebend von seinen Werken losriß und meinen Platz wieder einnahm. »Man glaubt einem König nichts anderes als Dilettantismus. Es stellt sich da immer gleich der Gedanke an Nero und

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