Bekentnisse eines möblierten Herren
bringt er ihn immer mit.«
Sie trank einen winzigen Schluck, setzte die Tasse ab und drehte sich unwillig in den Schultern.
»Entschuldigen Sie, aber ich muß das Ding ausziehen. Dieses modische Zeug ist nur unbequem. Wieso sich das Hausanzug nennt...?«
Sie ging hinaus.
Daniela sah sich noch einmal in Ruhe um. Hier die Stirnwand des Raumes voller Bücher,- hinter dem Sofa der etwas konventionell aufgestellte Empire-Schreibtisch des Hausherrn; Blick darüber hinweg zum Kamin an der Gegenwand, von wo aus der L-förmige Raum nach links zum Gartenfenster abbog. Draußen kläfften die Pudel. Hier ließe sich’s leben, dachte Daniela. Was mögen allein die Plastiken gekostet haben? Ob sie wohl glücklich ist? »So, jetzt ist mir wohler!« sagte Frau Müller-Passavant, noch an der Tür. Sie trug einen einfachen grauen Rock, gleichfarbigen Pullover mit kurzen Ärmeln und als einzigen Schmuck eine dünne Perlenkette.
»Das ging aber schnell!« lobte Daniela.
»Daran erkennt man die bequemen Sachen!«
»Ich habe mich eben noch mal umgesehen... wirklich ein Traumhaus.«
Frau Müller-Passavant goß ihr Tee nach. »Doch ja. — Sie nehmen noch? — Wir müssen es nur erst heimisch wohnen. Trotz der vielen alten Sachen ist es irgendwie zu neu...«
»Wie viele Zimmer hat es eigentlich genau?«
»Hier, dann das Eßzimmer, die Küche; oben mein Schlafzimmer, das meines Mannes, Ankleidezimmer, Andreas Zimmer und Fremdenzimmer mit eigenem Bad. Dann noch im Anbau zwei Zimmer, Bad und separater Eingang für Gerda und den Chauffeur. Leider ist er jetzt ausgezogen. Er hat geheiratet.«
Es entstand eine Pause. Frau Müller-Passavant sah sie an. »Es muß doch schön sein, einen künstlerischen Beruf auszuüben.«
»Teils, teils«, wich Daniela aus, »so einen Auftrag wie diesen bekommt man leider nicht alle Tage, und Portraits sind nicht immer eine reine Wonne.«
»Wie meinen Sie das?«
»Die Leute wollen sich nachher gefallen, und das läßt sich so schwer hineinretuschieren.«
Frau Müller-Passavant antwortete nicht und rührte versonnen in ihrem Tee. Sie schien etwas sagen zu wollen. »Das Fotografieren vorhin«, begann sie zögernd, »verzeihen Sie, wenn ich das sage, das war doch etwas komisch...«
»Wieso?« fragte Daniela direkt.
»Nun ja... teures Kleid... wertvolle Möbel... verwöhnte Frau in gelangweilter Pose »Genau das wollen die Leser sehen. Den Duft der großen Welt einfangen, wie man so schön sagt.«
»Schon. Aber... eigentlich habe ich es nur meinem Mann zuliebe getan.«
Daniela schwieg.
»Er kennt Ihren Verleger gut.«
»Dann sind Sie sicher auch im Society-Klub?«
»Bitte in was?«
»In dem Klub, der zu unserer Zeitschrift gehört.«
»Aber ich bitte Sie! Wir haben schon genug Verpflichtungen Leuten gegenüber, die einem nichts sagen.« Sie zündete sich eine Zigarette an und fuhr mit einem kleinen Seufzer fort: »Ich beneide alle Frauen, die selbständig sind... einen künstlerischen Beruf haben.«
»Gewiß«, entgegnete Daniela, »wenn man nicht darauf angewiesen wäre...«
Frau Müller-Passavant lächelte.
»Es klingt vielleicht naiv, aber ich stelle es mir einfach herrlich vor, etwas zu schaffen, was nachher dasteht. Das ist doch eine Befriedigung.«
Jetzt lächelte Daniela.
»Ja, natürlich ist es schön, zu arbeiten, aber gerade in unserem Alter hat man als Frau doch den Wunsch, versorgt zu sein; ich glaube, er ist berechtigt.«
Die Gastgeberin schüttelte den Kopf.
»Gerade in unserem Alter braucht man eine Tätigkeit. Man muß wissen, wofür man da ist.«
»Aber Sie haben doch ein Kind!«
»Es kommt eine Zeit, wo einen das Kind auch nicht mehr braucht. Es wird größer, selbständiger...«
Daniela schwieg. Sie dachte an ihre Ehe. Hatte sie nicht auch die Selbständigkeit der behüteten Langeweile vorgezogen?
Frau Müller-Passavant hielt es für angebracht, das Thema zu wechseln. Man kannte sich noch zuwenig.
»Etwas ganz anderes: Mein Mann ist oft auswärts, und es wird furchtbar viel eingebrochen in dieser Gegend...»>Aber Sie haben doch Hunde?«
Sie winkte ab. »Die? Die fressen jedem aus der Hand.«
»Und warum nehmen Sie sich nicht einen Boxer oder eine Dogge?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Unser Nachbar hatte einen Schäferhund, er wurde vergiftet und der ganze Schmuck "Tatsächlich?«
»Ja. Das sind die Schattenseiten der »splendid isolation«. Seit Wochen suchen wir jemanden. Vielleicht könnten Sie in der Redaktion mal fragen oder bei
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