Bekentnisse eines möblierten Herren
war der Besuch gut vorbereitet.
»So, dann
»Und deine Zeichensachen?«
Sie zog die Schultern hoch, ohne ihn anzusehen.
»Und was wird aus dem Buch?«
»Weiß ich jetzt doch nicht. Schick den ganzen Kram zu meiner Tante.«
»Wie du meinst!«
Sie kam näher.
»Kuß kann ich dir leider keinen geben, sonst stecke ich die Braut an. — Was fehlt dir eigentlich?«
Er machte eine diminuierende Handbewegung.
»Also... gehab dich wohl! Wenn ich zurück bin, schau’ ich wieder mal ‘rein.«
Lukas nickte freundlich-fern.
»Mach’s gut, Luischen!«
Sylvia drehte sich um.
»Ich hätte nach Hause gehen sollen!«
»Jetzt bleib doch liegen!«
Sie seufzte: »Dann laß uns schlafen.«
Lukas setzte sich auf.
»In meinem Bett wird nicht resigniert. Noch nicht! ich hole jetzt den Kognak, und dann reden wir.«
Im Besitz der glücklichen Gabe, mißliche Situationen zum Positiven wenden zu können, gelang ihm der Stimmungsumschwung. Er stand auf, schaltete das Radio ein, holte Kognak, Gläser, Gebäck, Zigaretten und arrangierte alles griffbereit auf einem kleinen Tischen, das er ans Bett rückte.
»Ich komme mir vor wie im alten Rom. Die gnädige Frau wird von einem nackten Sklaven bedient.«
»Von einem Eunuchen!«
»Nein, von einem Lustlosling!«
»Hübsches Neuwort«, sagte er, schenkte ein, sprang ins Bett, ordnete die Kissen an die Wand und legte den Arm um sie.
»Prost!« Er mußte an die Quittennacht denken. »Haben wir’s nicht gemütlich?«
Sie nickte. Er nahm ihr das leere Glas ab und stellte es auf das Tischchen.
»So, und jetzt laß uns reden. Das ist schon lange mein Wunsch.«
»Du bist ein schrecklicher Mensch, aber ich mag dich!« Er küßte sie auf die Stirn. Das war seine Basis mit ihr: kameradschaftlich bis zur gemeinsamen Zahnbürste! Und, freudig erregt von der frischen Erkenntnis, sagte er: »Weißt du, was ich glaube, Sylvia? Ich glaube, wir machen es richtig.«
Sie sah ihn verständnislos an.
»Die meisten Menschen machen sich doch etwas vor«, fuhr er fort, »in der Unterhaltung glauben sie geistreich sein zu müssen, im Bett aufregend, auf dem Tanzparkett gewandt... immer gefangen in der Vorstellung, daß der andere das erwartet.«
»Und wir?«
»Wir sind so, wie wir sind! Eine gescheite Frau hat einmal zu mir gesagt...»
»Wer?«
»Reagiere jetzt bitte als Mensch und nicht als Frau! Du kennst sie doch nicht. Ist schon lange her. Jedenfalls hat sie gesagt: >Die Menschen könnten einander viel ersparen, wenn sie sich, bevor sie eine Beziehung eingehen, fragen würden: Was ist damit gemeint? — Statt dessen aber gehen sie in ihrer hochintelligenten Einfalt gleich dahin, wovon sie sich am meisten wegentwickelt haben.<«
Sylvia schüttelte ihr kurzes blondes Haar ; er schenkte nach und reichte ihr das Glas.
»Und was, glaubst du, ist bei uns gemeint?« fragte sie nach einer Pause.
»Laß mich erst erklären. Darauf komme ich nachher. Schau, die Natur hat eine wundervolle Einrichtung geschaffen — den Geruchssinn. Was die Nase aufregt, das paßt zusammen. Und was tun die Menschen? Sie erfinden Parfüms, Täuschdüfte, Essenzen des Selbstbetrugs
»Und wie rieche ich?« unterbrach Sylvia.
»Störe jetzt bitte nicht meinen Gedankenflug. Was wollte ich denn noch sagen? Ach ja, der Tastsinn! Er wird durch modische Kleidung abgelenkt, die die natürliche Form entstellt; der optische Eindruck durch Dessous und Rundungszusätze irregeleitet. Das will alles raffiniert sein. Paris! Hohe Schule des Eros! Und was ist es? Ausweichmanöver! Reizumleitung über den Verstand! Aber einmal kommen sie doch zusammen, das Parfüm verfliegt, der Kuß schmeckt falsch, die wahre Erscheinung wird sichtbar, und dann ist die Enttäuschung unvermeidlich, selbst wenn die Frau drei Paar schwarze Strümpfe anbehält. Und der dumme Mann, obwohl ihn rein gar nichts mehr reizt, steigert sich in eine hektische, durch nichts motivierte Begierde und muß sich zu guter Letzt sagen lassen, er sei impotent. Dabei gibt es weder Potenz noch Impotenz,- es gibt nur Angebot und Nachfrage — was zusammenpaßt und was nicht.«
Schmunzelnd sah sie ihn an.
»Damit hättest du deine Gattung pauschal entschuldigt. Gib mir noch einen Kognak.«
Er schenkte nach. Sie tranken einander zu. Es war wirklich sehr gemütlich.
»Irgendwo hast du natürlich recht«, fuhr sie fort, »wenn auch deine Darstellung etwas einseitig ist.«
»Dafür reden wir ja. Wir erfinden die kurzweilschaffende Bettwissenschaft und empfehlen sie zur
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