Bel Ami
Champagner für alle. Geht aufs Haus! Und für Roland ’nen neuen Wein!«
Ich merkte selbst, dass mein munterer Ausruf nicht überzeugend klang, und ging in mein Büro. Dort wusch ich mich mit kaltem Wasser, bis ich fror, und wählte dann ein zitronengelbes Leinenhemd von Versace, dessen Armmanschetten auf der Innenseite weiß abgesetzt waren. Ich betrachtete mich im Spiegel. Das Gelb wirkte frisch und betonte meine blonden Haare. Ich zwinkerte mir zu und entdeckte dabei kleine Fältchen an den Augen. Ich war 37 Jahre alt, besaß ein Kapitänspatent, eine Bar und seit drei Wochen ein Bordell, ich fuhr einen Sportwagen mit 134 PS, der kein halbes Jahr alt war, wohnte in einer Sechs-Zimmerwohnung und trug ein Hemd im Wert von 200 Mark. Ich hatte noch nie jemanden geschlagen, noch nie einen Hund getreten, hatte niemanden bedroht oder erpresst. Ich war großzügig und freundlich und bekam keine Absagen, wenn ich jemanden einlud. Der Kerl hatte recht gehabt. Ich hatte tatsächlich keine Ahnung, wie das Geschäft lief. Nun, jetzt wusste ich es. Was ich nicht wusste war, wie ich mich in dieser Situation verhalten sollte.
Es klopfte. Ich drehte mich zur Tür und sah Rosi mit zwei Gläsern Champagnern in der Hand.
»Dachte, den könntest du gebrauchen!«
»Gefällt es dir?«
»Was?«
»Das Hemd!«
Rosi schwieg verwirrt und sagte dann:
»Du bist verrückt, weißt du das? Da stürmen 20 Schlägertypen in deine Bar, ruinieren den Perser, bedrohen und erpressen dich, und du fragst mich, ob mir dein Hemd gefällt? Geht’s dir wirklich gut?«
»Meine Oma hat immer darauf bestanden, dass wir gepflegt aussahen. Nichts, sagte sie, könnte schlampiges Aussehen rechtfertigen!«
Ich drehte mich zum Spiegel um und knöpfte die Manschetten zu. Rosi winkte entnervt ab.
»Hör auf damit, Detti! Was willst du jetzt machen? Du wirst doch nicht bezahlen, oder?«
»Mir fällt schon was ein!«
Im Spiegelbild sah ich, wie Rosi ihr Glas in einem Zug leer trank. Sie setzte sich, stellte das zweite Glas auf den Marmortisch und begann mich ausgiebig zu betrachten.
»Sieht sexy aus!«
Ich grinste sie an.
Dann hielt sie mir das Glas hin und spreizte die Schenkel. Ihr Rock war kurz und eng und warf einen dunklen Schatten auf ihre Scham.
»Was zum Entspannen?«
»Was ist mit den Gästen?«
»Die meisten sind schon gegangen. Der Abend ist wohl gelaufen!«
Ich drehte mich um, nahm ihr das Glas ab und blieb vor ihr stehen. Noch bevor ich es ausgetrunken hatte, stand ich ohne Hose da und blickte auf ihr dichtes, blondes Haar hinab. Ihre Technik war schon immer ausgefeilt gewesen, aber anscheinend war sie noch geschickter geworden. Ich schloss die Augen und entspannte mich.
Nachdem Rosi gegangen war, drehte ich mich wieder zum Spiegel, stellte mich seitlich, zog den Bauch ein und füllte meinen Brustkorb mit Luft. Ich war durchtrainiert, aber nicht sehr muskulös. Und Gewalt verabscheute ich zutiefst. Ich ließ die Luft aus dem Brustkorb. Ich war Tennisspieler, der seine Trainingseinheiten vernachlässigte, kein Schläger. Ich musste mir eingestehen, dass Wolfgang …Wolfgang! Mein Trainingspartner war nicht nur der zuverlässigere Tennisspieler, sondern er war auch bei der Kripo. Er würde wissen, was zu tun war. Ich verschob das Problem auf den nächsten Tag und verschaffte mir einen Überblick über die Lage in der Bar. Karl-Heinz und der Mann mit dem nackten Gesicht waren fort, die Männergruppe in der Ecke ebenso. Statt von Roland kam die Musik jetzt aus der Anlage, und Nico stand statt hinter der Tür jetzt davor. Die Mädchen drängten sich in einer Gruppe zusammen, schnatterten wie Gänse, schimpften wie Rohrspatzen, scharrten sich wie Hühner um den Hahn – Nico. Ich schickte ihn auf seinen Platz und kümmerte mich selbst um die Mädchen. Ein paar Korken knallten noch, einige Tränen flossen, etwas Koks wurde geteilt, aber letztlich hatte Rosi wie immer recht gehabt. Der Abend war gelaufen. Ich schloss den Laden um zwei Uhr morgens und fuhr nach Hause.
Gleich nach dem Frühstück rief ich Wolfgang an und bat ihn um ein Treffen. Nein, nicht zum Tennis, nein, am Telefon würde ich darüber nicht sprechen wollen. Wolfgangs Ton veränderte sich, er wurde ernst, drang nicht weiter in mich, ahnte wohl etwas und nannte mir Ort und Uhrzeit.
Wolfgang – Ein Held
Wolfgang war Mitte 30, gedrungen, mit breitem Kreuz und flachem Bauch. Die dichten Augenbrauen unter seiner kurzen Stirn waren fast zusammengewachsen und etwas dunkler als
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