Bel Ami
Helden mit großen Augen an. Stefanie hatte sich an Wolfgang erinnern können und lehnte neben ihm an der Bar. Sie lachten, als sich die Tür das zweite Mal an diesem Abend öffnete.
Ich dachte: Und wieder steht ein Männchen vor ihm. Diesmal schwarz. Jaja, ich weiß, du bist das kleine schwarze Männchen und du bist schwul.
Darauf das Männchen:
»Hey, Detlef. Du hast bestimmt auf mich gewartet. Schöner Teppich!«
Mein alter Freund zeigte auf den neuen Perser. Seine Begleiter suchten nach freien Plätzen.
»Spendierst du uns ein Bier?«
Er setzte sich zwischen Werner, der zwei Barhocker weitergerückt war, und Wolfgang, der das nicht tat.
»Hast du keine abgekriegt? Die kleine Blonde schmachtet dich doch schon an. Ich denk, du solltest da mal hingehen!«
Mein Erpresser lehnte sich mit beiden Armen auf die Bar und suchte Blickkontakt mit mir. Sein Ellenbogen schob Wolfgangs Glas zur Seite. Der half kurz nach und brachte es zum Kippen. Der Wein lief über die Bar und schwemmte das gute Benehmen fort.
»Verdammte Schwuchtel. Ich hab gesagt, verpiss dich!«
»Wär ich ’ne Schwuchtel, wär ich wohl nicht hier! Warum bist’n du hier?«
»Zum Ficken. Aber bestimmt nicht dich! Also geh zu der Süßen da drüben und mach die nass. Nicht mich, du Arschloch!«
»Kann ich ’n neuen Wein haben?«
In diesem Moment verehrte ich Wolfgang sehr. Routiniert griff ich nach der Flasche und wartete auf die Fortsetzung. Ich war das Objekt der Begierde, Anlass und Ursache des Duells zwischen Gut und Böse. Und das Gute gewinnt immer, wusste ich aus sicherer Fernsehquelle.
»Ich glaube, wir sollten in dein Büro gehen, mein Freund. Was meinst du?«
Der Typ hatte mich gemeint! Irgendwer hatte vergessen, mir das Drehbuch zu schicken.
»Du hast mir nicht geantwortet!«, improvisierte Wolfgang und stieß der Lederjacke seinen Finger in die Brust.
Der stand auf, griff Wolfgang an den Hals und damit ahnungslos voll in die Scheiße. Denn plötzlich hatte er einen Dienstausweis vor seinen Pupillen und wusste nicht mehr, was er mit seiner Hand tun sollte.
»Nimm deine Pfote weg!«, half ihm Wolfgang. »Und vielleicht willst du ja jetzt antworten?«
Ich trank Wolfgangs Glas in einem Zug aus.
»Hey, hey. Mal ganz langsam. Ich hab vielleicht ’n bisschen überreagiert.«
Der Böse streckte beide Hände beschwichtigend aus und nickte in Richtung entblößter Dienstwaffe.
»Is’ ja kein Grund, gleich mit ’ner Wumme zu drohen!«
»Also, was wollt ihr hier?«
»Netten Abend, bisschen was trinken, vielleicht bumsen. Was man halt so macht, wenn man in’ Puff geht. Bist doch auch hier!«
Er versuchte ein Kumpellächeln.
»Und deshalb wolltest du mit Uhlmann ins Büro?«
»Vielleicht ’n paar Tipps?«
Er lächelte schief und hoffte wohl, es würde versöhnlich wirken. Er hatte noch immer nicht begriffen, dass das Spiel gelaufen war.
»Alles okay da drüben?«
Eines der schwarzen Männchen wurde auf die etwas ungewöhnliche Körperhaltung seines Bosses aufmerksam. Er schwenkte eine Fahrradkette über dem Kopf wie ein Cowboy im Western und grölte:
»Wenn das Schwein nicht zahlen will, schneiden wir ihm einfach die Kehle auf.«
Unwillkürlich griff ich mir an den Hals.
Mein Exfreund hob beschwichtigend den Arm.
»Vielleicht sollten wir einfach ’n Bier zusammen kippen und die Sache vergessen, he?«
Beide setzten sich wieder und bestellten Bier.
»Zweimal?«, fragte ich, weil ich wusste, dass Wolfgang gar kein Bier trank. Dieser nickte genervt.
»Nehme an, ihr hattet ’n bisschen Schutzgeld erhofft, oder?« Wolfgang schien keine Antwort zu erwarten und sprach ruhig weiter: »Da muss ich dir leider sagen, dass du ’ne Kuh nicht zweimal melken kannst. Der hier zahlt nämlich schon!«
Wenn mich nicht alles täuschte, sah ich einen kleinen Funken Hoffnung in Ledermännchens Augen.
»Nämlich Steuern! Heißt: Der Staat schützt ihn! Deshalb denke ich …«, Wolfgangs Stimme wurde jetzt so dröhnend, wie ich sie sonst nur nach einem schwer erkämpften und siegreich verwandelten Satzball erlebt hatte, »dass DU dich jetzt verpisst. Und deine Uschis kannst du auch gleich mitnehmen!«
In der rechten Hand ein Tuch, in der linken ein Glas, verharrte ich in meiner Alibi-Tätigkeit und beobachtete fasziniert das Gesicht des finsteren Typen. Verblüffung, Wut, Panik und schließlich Resignation lösten sich ab. Alles in allem dauerte es eine volle Minute, bis die Erkenntnis der Niederlage gesackt war, was mich vermuten
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